Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuersatz bei Subleasinggeschäften einer gemeinnützigen GmbH

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Auslegung des § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG ist zu berücksichtigen, dass grundsätzlich der normale Steuersatz gilt und der ermäßigte Steuersatz die Ausnahme ist, so dass die Tatbestandsmerkmale eng auszulegen sind.

2. Auch wenn § 68 AO lex specialis zu § 65 AO ist, ist zu prüfen, ob sich die Einrichtung in ihrer Gesamtrichtung noch als Zweckbetrieb darstellt.

3. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nach § 12 Abs. 2 Nr. 8a UStG setzt voraus, dass sich die Umsätze einer Subleasinggesellschaft als angemessener Teil der Wertschöpfung der in den Grenzen des § 68 Nr. 3c AO von Nichtbehinderten begleiteten Behindertenarbeit darstellt. Beruhen die Leasingumsätze weitestgehend auf der Arbeit, die von nicht Behinderten verrichtet wurde, ist der Regelsteuersatz anzuwenden.

 

Normenkette

UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8a, § 13a Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 1; AO §§ 14, 64 Abs. 1, §§ 65, 68 Nr. 3c; SGB IX § 132; GG Art. 20 Abs. 3, 2 S. 2, Art. 12 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.02.2012; Aktenzeichen V R 59/09)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Leasinggeschäfte der Klägerin (Kl) durch den ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Bstb. a Umsatzsteuergesetz (UStG) begünstigt sind.

I. 1. Die Kl ist eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der Stiftung … (XY). Sie erbrachte mit Hilfe der A-GmbH Leasingleistungen („Subleasingverträge”), auf die sie den ermäßigten Umsatzsteuersatz anwenden möchte. Der letzte von insgesamt 462 Leasingverträgen wurde von der Kl im Frühjahr 2006 abgeschlossen; davon bestehen noch rund 240 Verträge.

Das XY schloss am 11. November 2004 mit der A-GmbH mit Sitz in W. einen Kooperationsvertrag (Ordner „XY GmbH Unterlagen USt-Ap” Fach 1). Um neue Arbeitsplätze für behinderte Menschen zu schaffen und für die A-GmbH neue Kunden zu gewinnen, sollte die als Zweckbetrieb anerkannte Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) des XY ausschließlich für die A-GmbH Investitionsgüter an Endkunden weiterverleasen. Die Finanzdienstleistungsprodukte der XY wurden unter dem Namen „LeasingPlus” in den Markt eingeführt.

Wie bereits in § 1 Abs. 2 des og. Kooperationsvertrages vom 11. November 2004 geplant, wurde am 21. Dezember 2004 die Kl als gemeinnützige GmbH gegründet, um die „LeasingPlus”-Geschäfte des XY in eine eigene gesellschaftsrechtliche Struktur außerhalb des XY auszugliedern. Gegenstand der Gesellschaft ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages (Ordner „XY GmbH Unterlagen USt-Ap” Fach 2) die Beschäftigung körper- und schwerbehinderter Menschen im Rahmen eines Integrationsprojektes im Sinne des § 68 Nr. 3 Bstb. c Abgabenordnung (AO) auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und die dafür erforderliche Qualifizierung dieses Personenkreises. Geschäftsführer der Kl wurde F.P., einer der beiden gemeinsam zur Vertretung berechtigten Vorstände des XY. Am 31. Januar 2005 schloss die A-GmbH mit der Kl einen Kooperationsvertrag, der inhaltlich dem mit dem XY geschlossenen Kooperationsvertrag vom 11. November 2004 entsprach (Ordner „XY GmbH Unterlagen USt-Ap” Fach 4). Im dortigen § 1 Abs. 1 gingen die Parteien davon aus, dass die Kl ein „Zweckbetrieb im Sinne des § 68 Ziff. 3c AO” sei, innerhalb dessen eine Fachabteilung Leasing eingerichtet werden sollte. Um „den Vertragszweck der Förderung behinderter Menschen nicht zu gefährden”, hatte die Kl nach § 1 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages dafür zu sorgen, dass sie als Integrationsunternehmen im Sinne des § 68 Ziff. 3c AO anerkannt wird und die Voraussetzungen eines Zweckbetriebes erfüllt.

Wie schon zuvor das XY sollte die Kl Investitionsgüter an Endkunden weiterverleasen (Subleasingverträge), die von der A-GmbH an sie verleast wurden (Head-leasingverträge). Auch die Kl verpflichtete sich, sämtliche Leasinggeschäfte während der Dauer des Kooperationsvertrages ausschließlich zusammen mit der A-GmbH durchzuführen und abzuwickeln. Nach § 2 Abs. 1 des Kooperationsvertrages sollte sie gegenüber den Endkunden vollumfänglich die Funktion eines Leasinggebers übernehmen. Dies sollte beinhalten die Übernahme der Vertragsverwaltung, des Debitoren- und Kreditorenmanagements, des Assetmanagements, die Bearbeitung von Reklamationen und Garantiefällen sowie die Abwicklung und Rücknahme der Leasingobjekte. Nach § 2 Abs. 3 des Kooperationsvertrages sollten die Kl in ihrer Eigenschaft als selbständig und unternehmerisch tätiger Leasinggeber insbesondere folgende Aufgaben treffen: Teilnahme an Ausschreibungen, Überwachung von Angebots- und Zuschlagfristen, Verdatung von Vertragsparametern, systematische Erfassung von Subleasingmietscheinen, Schreiben und Versenden der Subleasinginstallationsbestätigungen, Gegenzeichnen von Bestätigungen und Versand an die Kunden, Schreiben und Versenden der Rechnungen, Buchen und Überwachen des Zahlungsverkehrs, Betreib...

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