Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsrente eines leitenden Angestellten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts als Versorgungsbezüge
Leitsatz (redaktionell)
1. Bezüge wegen Erreichens einer Altersgrenze gelten erst dann als Versorgungsbezüge, wenn der Steuerpflichtige das 63. Lebensjahr oder, wenn er schwerbehindert ist, das 60. Lebensjahr vollendet hat.
2. Bei der Prüfung, ob ein Versorgungsbezug im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG vorliegt, muss nicht nur das Ruhegehalt, sondern auch das vorangegangene Dienstverhältnis den beamtenrechtlichen Grundsätzen entsprechen.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 Buchst. b, Nr. 2
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob es sich bei der vom Kläger bezogenen Betriebsrente der X um Versorgungsbezüge im Sinne von § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b Einkommensteuergesetz (EStG) handelt.
Die verheirateten Kläger wurden in den Streitjahren 2013 und 2014 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt. Der 1950 geborene Kläger war zuletzt bei der X, einer Körperschaft des öffentlichen Rechts, als … einer Verwaltungseinheit tätig und als solcher direkt dem Vorstand unterstellt. Er hatte Verantwortung für ca. 60 Mitarbeiter. Nach seiner Ausbildung war er im Jahr 1969 unter Einreihung in die Vergütungsgruppe .. des Tarifvertrags der XA – heute X – ins Angestelltenverhältnis übernommen worden. Mit Vertrag vom 22. November 2007 schloss die XA mit dem Kläger rückwirkend zum 1. Januar 2007 einen außertariflichen Arbeitsvertrag ab (vgl. Bl. 151 ff Rechtsbehelfs-RB-Akte). Nach § 6 dieses Vertrages stand dem Kläger eine betriebliche Altersversorgung ohne Eigenbeteiligung nach einer Anlage.. zum XA Tarif in der jeweils gültigen Fassung zu.
Die Kläger legten einen Ausdruck der „Anlage.. – Alters- und Hinterbliebenenversorgung” der XA – gültig rückwirkend ab 01.01.2004 – vor. In dieser werden die Voraussetzungen geschildert, unter denen „der Angestellte, dessen Beschäftigungsverhältnis bei einer Kasse vor dem 01.01.1977 begann, …Anspruch auf eine Gesamtversorgung” hat:
Nach Nr. .. der Anlage tritt der Versorgungsfall u.a. ein, wenn der Angestellte eine Vollrente wegen Alters im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung erhält oder das 65. Lebensjahr vollendet. Die Kasse gewährleistet dem Angestellten als Gesamtruhegeld je nach Dauer der Beschäftigungszeit einen nach Nr. .. ermittelten Vomhundertsatz des nach Nr. .. festgesetzten ruhegeldfähigen Gehalts. Hiernach beträgt das Gesamtruhegeld nach erfüllter Wartezeit je nach Anzahl der Beschäftigungsjahre einen bestimmten Vomhundertsatz, höchstens 75 % des ruhegeldfähigen Gehalts. Wird die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach einer vorangegangenen Altersteilzeit nach Anlage.. vorzeitig in Anspruch genommen, wird der nach Nr. .. ermittelte Versorgungssatz um denselben Vomhundertsatz gekürzt, um den die Rente auf Grund der vorzeitigen Inanspruchnahme gekürzt wird (Nr. ..). Schließlich ist das Gesamtruhegehalt nach Nr. .. der Anlage vom Bruttogehalt (§..) des Monats zu berechnen, in dem das Beschäftigungsverhältnis endet (ruhegeldfähiges Gehalt). Abweichend kann der Durchschnittsverdienst der letzten 5 Jahre zugrunde gelegt werden, wenn dies für den Angestellten günstiger ist. Auf das Gesamtruhegehalt werden (u.a.) die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung und die vergleichbaren Rentenleistungen angerechnet.
Der Kläger nahm Altersteilzeit in Anspruch und bezieht nach deren Beendigung seit dem 1. September 2010 eine Altersrente sowie eine Betriebsrente der XA. Im August des Streitjahres 2013 vollendete er das 63. Lebensjahr.
In den elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen für den Zeitraum 1. September bis 31. Dezember 2010 und für das Kalenderjahr 2011 bescheinigte das Lohnbüro der X, dass es sich bei dem Bruttoarbeitslohn des Klägers jeweils um Versorgungsbezüge handele. In der Lohnsteuerbescheinigung für das Jahr 2012 bescheinigte die X hingegen abweichend hierzu keine Versorgungsbezüge.
Für die Jahre 2010 und 2011 war der Beklagte im Rahmen der ESt-Veranlagungen den Angaben in den Lohnsteuerbescheinigungen gefolgt und hatte die Betriebsrente als Versorgungsbezüge unter Berücksichtigung des Versorgungsfreibetrags berücksichtigt. Auch im Jahr 2012 folgte der Beklagte der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung insoweit, als die Betriebsrente ohne Versorgungsfreibetrag, jedoch unter Berücksichtigung des Arbeitnehmerpauschbetrags der Besteuerung unterworfen wurde.
Gegen den ESt-Bescheid für 2012 legten die Kläger Einspruch wegen Nichtberücksichtigung des Versorgungsfreibetrages nach § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Buchst. b EStG ein. Dieser wurde vom Beklagten mit Einspruchsentscheidung vom 31. Juli 2013 zurückgewiesen. Die hiergegen beim Finanzgericht Baden-Württemberg erhobene Klage (Az.: 5 K 2722/13) wies der Senat mit Urteil vom ...