rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Differenzkindergeld für Drittstaatsangehörige, deren Ehemann in der Schweiz erwerbstätig ist

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Eine Drittstaatsangehörige, die gemeinsam mit ihrem Ehemann im Inland ihren Wohnsitz hat, und deren Ehemann in der Schweiz erwerbstätig ist und eine dem deutschen Kindergeld vergleichbare Kinderzulage erhält, hat auch dann keinen Anspruch auf Differenzkindergeld, wenn die in Deutschland geborenen Kinder deutsche Staatsangehörige sind (Nachfolgeentscheidung zum EuGH v. 18.11.2010, C-247/09).

2. § 65 Abs. 2 EStG verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG bzw. Art. 6 Abs. 1 GG, soweit eine Teilkindergeldregelung dann nicht vorgesehen ist, wenn ein Anspruch auf vergleichbare, aber geringere Leistungen an einem Beschäftigungsort im Ausland besteht.

 

Normenkette

EStG § 62 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 2, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 65 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 2, § 32 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 3; Verordnung 574/72/EWG Art. 10 Abs. 1a; Verordnung 859/2003/EG Art. 1; FGO § 46; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist albanische Staatsangehörige und Mutter der Kinder K 1 und K 2. Der Vater der Kinder, A (A), ist (früherer jugoslawischer und aufgrund der Unabhängigkeitserklärung der Republik Kosovo vom 17. Februar 2008, die die Bundesrepublik Deutschland am 20. Februar 2008 völkerrechtlich anerkannt hat, nunmehr) kosovarischer Staatsangehöriger. Er ist seit 27. September 2007 mit der Klägerin verheiratet. Die Kinder K 1 und K 2 sind beide deutsche Staatsangehörige.

Die Klägerin, ihr Ehemann und ihre gemeinsamen Kinder wohnen in einer gemeinschaftlichen Wohnung in X, Bundesrepublik Deutschland (Deutschland). Die Klägerin ist nicht erwerbstätig. A ist seit 1. April 2006 bei der U AG in Y, Schweizerische Eidgenossenschaft (Schweiz), angestellt. Zuvor war er bei einem anderen Schweizerischen Arbeitgeber als Arbeitnehmer beschäftigt. A zahlt Beiträge zur Schweizerischen Altersund Hinterlassenenversicherung (AHV) und erhält von seinem Schweizerischen Arbeitgeber für beide Kinder Kinderzulagen (als Familienleistungen).

Die Klägerin bezog zunächst seit Geburt des Kindes K 1 am 28. April 2005 Kindergeld in Höhe der Differenz zwischen dem höheren deutschen Kindergeld und den A zustehenden, niedrigeren Schweizerischen Kinderzulagen (sog. „Differenzkindergeld” oder „Teilkindergeld”). Der Beklagte (die Familienkasse –FK–) ging damals (noch) davon aus, dass aufgrund des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft (EU) und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Schweizerischen Eidgenossenschaft andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (ABlEG Nr. L 114 vom 30. April 2002, 6; BGBl II 2002, 1692; –FZA–) auf die Klägerin und A die Regelungen der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige sowie deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern (konsolidierte Fassung, ABlEG Nr. L 28 vom 30. Januar 1997, S. 1; –Verordnung 1408/71/EWG–) und der Durchführungsverordnung (EWG) Nr. 574/72 des Rates vom 21. März 1972 über die Durchführung der Verordnung 1408/71/EWG (konsolidierte Fassung, ABlEG Nr. L 28 vom 30. Januar 1997, S. 1; –Verordnung 574/72/EWG–) anwendbar seien.

Nach Geburt der Tochter K 2 am 30. Juni 2007 beantragte die Klägerin am 13. Juli 2007 Differenzkindergeld auch für K 2. Die FK hob daraufhin am 5. September 2007 die Kindergeldfestsetzung für K 1 auf, weil A für K 1 in der Schweiz Kinderzulagen beziehe. Da die Klägerin und A Staatsangehörige von Drittstaaten seien, fänden die Verordnungen 1408/71/EWG und 574/72 EWG keine Anwendung.

Am 12. Oktober 2007 (Eingang bei der FK jeweils am 15. Oktober 2007) zeigte der Klägervertreter gegenüber der FK die Vertretung der Klägerin an und beantragte erneut Kindergeld für K 1 und K 2. Am 25. Oktober 2007 lehnte die FK den „Antrag vom 15.10.2007” ab. Ein Kindesname ist in diesem Ablehnungsbescheid nicht genannt.

Der Klägervertreter legte gegen den Bescheid fristgemäß Einspruch ein und rügte, dass der Ablehnungsbescheid gegen den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 des Grundgesetzes –GG–) verstoße. Beide Kinder, K 1 und K 2, seien deutsche Staatsangehörige. Beide Eltern besäßen eine Aufenthaltserlaubnis in Deutschland. Beiden sei zudem die Erwerbstätigkeit gestattet.

Mit Einspruchsentscheidung vom 19. Februar 2008 wies die FK den Einspruch als unbegründet zurück. Sie führte aus, dass mit der angefochtenen Entscheidung das Kindergeld für das Kind K 2, geboren am 30. Juni 2007, ab Juni 2007 abgelehnt worden sei. Der Einspruch sei zulässig, sachlich jedoch nicht begründet. Für das in Rede stehende Kind (gemeint wohl: K 2) stehe ab Juni 2007 eine dem Kindergeld vergleichbare ausländische Leistung zu. Es handele sich um Kinderzulagen nach Schweizerischen Rechtsvorschriften. Der Bezug dieser...

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