Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine freiberufliche Mitunternehmerschaft bei Gründung einer Gemeinschaftspraxis unter Vereinbarung einer nur geringfügigen Mitunternehmerinitiative und eines sehr eingeschränkten Mitunternehmerrisikos der neu eintretenden Ärzte. Einheitliche und gesonderte Feststellung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit 1993–1998

 

Leitsatz (redaktionell)

Auch wenn eine Gemeinschaftspraxis gegründet worden ist und die in die bisherige Einzelpraxis neu eintretenden Ärzte die Stellung eines Sozius eingeräumt bekamen, als Mitglieder der Sozietät nach außen als sog. Außensozien in Erscheinung traten, deshalb nach Rechtsscheingrundsätzen uneingeschränkt persönlich hafteten und ihre Patienten im Wesentliche eigenverantwortlich betreuten, liegt bei einem allenfalls schwach ausgeprägten Mitunternehmerrisiko der neu eintretenden Ärzte (u.a. betragsmäßig festgelegter Gewinnanteil; keine Beteiligung an einem eventuellen Verlust sowie an den stillen Reserven der Gemeinschaftspraxis; z.B. durch Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung stark eingeschränktes Haftungsrisiko) und einer auf ein Mindestmaß beschränkten Mitunternehmerinitiative (u.a. keine Befugnis der neu eintretenden Ärzte zur Geschäftsführung der Gemeinschaftspraxis und zur Abrechnung mit der Kassenärztlichen Vereinigung; im Wesentlichen lediglich Informations- oder Kontrollrechte, jedoch keine Widerrufs- oder Stimmrechte betreffend das gemeinsame Unternehmen) keine Mitunternehmerschaft vor.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 4 S. 2; AO § 179 Abs. 1-2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger und die Beigeladene Ziff. 2 als Gesamtschuldner.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob die Voraussetzungen für eine freiberufliche Mitunternehmerschaft vorliegen.

1. Der Kläger Ziff. 1 betrieb in A eine eingeführte Kassen- und Privatpraxis mit der Qualifikation als Frauenarzt mit dem Schwerpunkt Praenataldiagnostik sowie ein Labor für praenatale Diagnostik. Er schloss mit dem Kläger Ziff. 2 am 16. Februar 1993 einen Vertrag „über die gemeinschaftliche ärztliche Berufsausübung im Sinne einer Gemeinschaftspraxis”, der u.a. folgenden Inhalt hatte:

„1. Einleitung

(1) … (Der Kläger Ziff. 1) strebt die Mitarbeit von zwei weiteren Ärzten an. Die Partner

schließen dazu den nachfolgenden Vertrag über die gemeinschaftliche ärztliche Berufsausübung i.S. einer Gemeinschaftspraxis. Gleichzeitig wird ein entsprechender Vertrag zwischen …(Kläger Ziff. 1) und … (dem Beigeladenen Ziff. 1) abgeschlossen.

(2) Dabei wird weiter vorausgeschickt, dass … (Kläger Ziff. 1) beabsichtigt, einen für das zytogenetische Labor einzustellenden weiteren ärztlichen oder qualifizierten Mitarbeiter unter Umständen auch als Partnerin die Gemeinschaftspraxis aufzunehmen; im letzteren Fall wird … (Kläger Ziff. 1) sich zuvor mit … (dem Kläger Ziff. 2) beraten.

2. Vertragsgegenstand

(1) … (Der Kläger Ziff. 2) tritt mit Wirkung zum 1.04.1993 in die von … (dem Kläger Ziff. 1) geführte Arztpraxis ein. Die Partner üben die kassen- und privatärztliche Tätigkeit von da ab gemeinschaftlich als Gemeinschaftspraxis in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aus.

3. Praxis, Bezeichnung

(1) Die Gemeinschaftspraxis wird durch die künftig gemeinschaftliche Fortführung der von … (dem Kläger Ziff. 1) bisher allein betriebenen Praxis ausgeübt, und zwar in den bisherigen Räumen, mit dem bisherigen Personal, dem Inventar und den bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen.

(2) …

4. Praxiseinrichtung, Gesellschaftsvermögen

(1) Der künftigen Gemeinschaftspraxis stehen das gesamte Inventar der bisherigen Praxis … (des Klägers Ziff. 1), das am Stichtag vorhanden ist, sowie das Labor zur Nutzung zur Verfügung, ohne dass ein besonderes Entgelt dafür geschuldet wird.

(2) Ersatz- und Neuanschaffungen gehen im Außenverhältnis zu Lasten der Gemeinschaftspraxis, im Innenverhältnis zu Lasten des Kosten- und Gewinnanteils von … (Kläger Ziff. 1); sie stehen der Gemeinschaftspraxis jedoch ebenfalls zur Nutzung 2 zur Verfügung. Im Einzelfall kann für besondere Anschaffungen Abweichendes von allen Partnern einverständlich vereinbart werden; dies soll schriftlich erfolgen. In keinem Fall kann eine Anschaffung zu Lasten eines Kosten- oder Gewinnanteils eines Partners vorgenommen werden, wenn der betroffene Partner nicht zugestimmt hat; umgekehrt kann einer Anschaffung, die den Kosten- oder Gewinnanteil eines Partners nicht belastet, von diesem Partner nicht widersprochen werden.

(3) … (Der Kläger Ziff. 2) ist am Gesellschaftsvermögen nicht beteiligt.

5. Laufende Verträge

(1) Die Gemeinschaftspraxis führt alle Verträge (Arbeits-, Miet-, Leasing-, Kauf-, ärztliche Dienstverträge usw.) fort, die am Stichtag bestehen. Die Kosten der Vertragserfüllung gehen im Außenverhältnis zu Lasten der Gemeinschaftspraxis, im Innenverhältnis zu Lasten des Kosten- bzw. Gewinnanteils von … (Kläger Ziff. 1).

6. Geschäftsführung

(1) Die ...

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