Entscheidungsstichwort (Thema)

Leistungsaustausch bei Zahlungen der Genossen einer Erzeugergenossenschaft in den Betriebsfonds für einzelbetriebliche Maßnahmen und Gebrauchsüberlassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Zahlungen der Genossen in den Betriebsfonds für einzelbetriebliche Maßnahmen sind als Entgelte für eine Leistung der Erzeugergenossenschaft (die Gebrauchsüberlassung eines Wirtschaftsguts an den betreibenden Genossen) zu qualifizieren. Dass die Wirtschaftsgüter auf dem Gelände des jeweiligen betreibenden Genossen aufgestellt werden, ist für diesen ein konkreter Vorteil.

2. Der zwischen den für einzelbetriebliche Maßnahmen erbrachten Beiträgen in den Betriebsfonds und der Anschaffung und Aufstellung bestimmter Wirtschaftsgüter bei den jeweils zahlenden betreibenden Genossen bestehende innere Zusammenhang ist darin zu erblicken, dass das jeweilige Wirtschaftsgut lediglich nach Bedarfsanmeldung des betreibenden Genossen angeschafft wird, die Höhe des von diesem Genossen zu leistenden Beitrags sich an den Anschaffungskosten orientiert und durch die Nutzungsordnung und die Duldungsvereinbarung zwischen der Genossenschaft und dem betreibenden Genossen die den Gegenstand der sonstigen Leistung bildende Nutzungsüberlassung geregelt wird.

3. Dass die Zahlungen nur einen (teilweisen) Aufwendungsersatz darstellen, hindert die Annahme des Leistungsaustauschs nicht.

4. Der BFH hat das Verfahren mit Beschluss BFH, Beschluss v. 13.6.2018, XI R 6/17 dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (Az beim EUGH C-573/18).

 

Normenkette

UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 9; AO § 39 Abs. 2; EGV 2200/96 Art. 15

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist eine landwirtschaftliche Nutzungs- und Verwertungsgenossenschaft, die einen Großhandel mit Obst, Gemüse und Kartoffeln betreibt. Sie ist eine anerkannte Erzeugerorganisation im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 des Rates vom 28. Oktober 1996 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse in der durch die Verordnung (EG) Nr. 2699/2000 des Rates vom 4. Dezember 2000 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 2200/96 über die gemeinsame Marktorganisation für Obst und Gemüse, der Verordnung (EG) Nr. 2201/96 über die gemeinsame Marktorganisation für Verarbeitungserzeugnisse aus Obst und Gemüse und der Verordnung (EG) Nr. 2202/96 zur Einführung einer Beihilferegelung für Erzeuger bestimmter Zitrusfrüchte geänderten Fassung (im Weiteren EGV 2200/96). Sinn und Zweck dieser Verordnung ist es, die Erzeugnisse der Obst- und Gemüsemärkte qualitativ und ökologisch zu verbessern, die Rentabilität der Erzeuger zu steigern und deren wirtschaftlich notwendige Marktstellung zu stärken. Zur Durchführung dieser Zwecke werden von der Europäischen Union (EU) Mittel zur Verfügung gestellt, die durch einen Betriebsfonds kofinanziert werden.

Der Betriebsfonds wird körperschaftsteuerlich als Zweckvermögen im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 5 Körperschaftsteuergesetz eingestuft (s. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 13. Juni 1997 VV DEU BMF 1997-06-13 IV B 7-S 2734-7/97, juris und Verfügungen der Oberfinanzdirektionen Magdeburg vom 14. Juli 2004 S 2734-6-St 216, juris, und Hannover vom 19. August 2003 S 2705-9-StO 214, S 2705-23-StH 231, juris, und vom 24. Januar 2001 S 7100-430-StO 355, S 7100-918-StH 533, Umsatzsteuer-Rundschau 2001, 221). Das Zweckvermögen ist zwar rechtlich im Eigentum der Erzeugergenossenschaft. Wirtschaftlich jedoch ist es als selbständig anzusehen, da die Vermögensteile der Verfügungsmacht der Erzeugergenossenschaft so entzogen sind, dass die Erfüllung des besonderen Zwecks nicht mehr vom Willen der Erzeugergenossenschaft abhängig ist. Insofern ist die Erzeugergenossenschaft lediglich Verwalterin des Fondsvermögens (Art. 16 Abs. 3 EGV 2200/96). Der Fonds zieht Gelder ein (je zur Hälfte von der EU und den Genossen) und bezuschusst damit Anschaffungen der Genossenschaft nach Maßgabe der EU-Förderrichtlinien. Die Betriebsfonds dienen ausschließlich dazu, vom Regierungspräsidium (RP) genehmigte operationelle Programme, die der Erzeugerorganisation und Einzelmitgliedern zugutekommen, zu finanzieren. Für jedes operationelle Programm ist ein Betriebsfonds zu errichten. Die Zahlung durch die EU erfolgt erst nach der Genehmigung der operationellen Programme durch das RP. Die Erzeugerorganisation und der dazugehörende Betriebsfonds unterstützen die Einzelmitglieder bei der Vermarktung von Obst und Gemüse.

Die EGV 2200/96 ermöglicht es den Erzeugergenossenschaften, dort näher bezeichnete Maschinen mit finanzieller Unterstützung durch die EU zu erwerben. Dabei gibt es zwei Fallkonstellationen:

In dem einen Fall gewährt die EU einen Zuschuss von 50% der Anschaffungskosten von Wirtschaftsgütern, die von der Genossenschaft für ihre Zwecke angeschafft werden, soweit die Genossen ebenfalls einen Beitrag in Höhe von 50% leisten. Die Genossenschaft sammelt die Beiträge der Genossen ein, erhä...

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