Entscheidungsstichwort (Thema)

Erstattung von Kosten im Kindergeldverfahren. Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zum Einspruchsverfahren

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird das Einspruchsverfahren durch einen Verstoß der Familienkasse gegen die Amtsermittlungspflicht und eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Einspruchsführers veranlasst, ist die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe bei einer zudem umstrittenen Rechtslage gerechtfertigt.

 

Normenkette

EStG § 77

 

Tenor

1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2006 wird der Kindergeldbescheid für B vom 29. November 2006 im Kostenpunkt geändert. Die Kosten des Einspruchsverfahrens gegen den Bescheid wegen Kindergeld für B vom 22. August 2006 werden der Klägerin erstattet; die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Einspruchsverfahren E 1409/06 war notwendig.

2. Die Kosten dieses Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die im Jahr 1962 geborene Klägerin ist Mutter des am 24. September 1986 geborenen Kindes B. Nachdem B im Juli 2006 seine Ausbildung an der Staatlichen Feintechnikschule in X beendet hatte, absolvierte er von September 2006 bis September 2007 ein freiwilliges soziales Jahr (FSJ) in Südafrika (S).

Mit Schreiben vom 16. August 2006 beantragte die Klägerin die Weitergewährung von Kindergeld für B während der Zeit der Ableistung des FSJ in S. Sie legte eine englischsprachige Bescheinigung der Trägerorganisation „” (G) bei. Mit Bescheid vom 22. August 2006 lehnte der Beklagte (die Familienkasse – FK –) die Weitergewährung von Kindergeld für diese Zeit ab und hob die Kindergeldfestsetzung auf, weil B sein FSJ in S und nicht im Inland ableiste. Es handele sich auch nicht um einen Dienst im Ausland im Sinne des § 14b des Zivildienstgesetzes.

Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin Einspruch ein. Am 14. September 2006 forderte die FK bei der Klägerin eine Bescheinigung an, dass der Dienst in Südafrika ein anerkanntes FSJ im Sinne des Gesetzes für Förderung des freiwilligen sozialen Jahres (FSJG) sei. Am 23. September 2006 legte die Klägerin daraufhin eine deutschsprachige Praktikumsbescheinigung vor, wonach G eine karitative Organisation sei, B in einem Waisenhaus arbeite und dem Praktikum ein detaillierter Ausbildungsplan zugrunde liege, der darauf ziele, für die beabsichtige spätere Ausbildung als Sonderschullehrer wesentliche Kenntnisse und Fertigkeiten zu vermitteln. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2006 verlangte die FK weitere Angaben dazu, welche Ausbildungsinhalte vermittelt würden, durch wen die Unterweisung stattfinde, wie viele Wochenstunden vorgesehen seien und ob sich B im Wintersemester 2007 als Sonderschullehrer bewerben werde. Ein Hinweis, dass nach Vorlage der Nachweise Kindergeld gewährt werde, fehlt.

Daraufhin zeigte mit Schreiben vom 31. Oktober 2006 die Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Vertretung der Klägerin an und legte eine weitere Bescheinigung der G vor. Daraufhin half die FK am 29. November 2006 dem Einspruch der Klägerin ab und gewährte weiterhin Kindergeld für B. Es entschied außerdem, dass die Kosten des Einspruchsverfahrens nicht erstattet werden, weil sie nicht notwendig gewesen seien.

Gegen die Kostenentscheidung legte die Klägervertreterin namens der Klägerin Einspruch ein, mit dem sie geltend machte, die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe sei notwendig gewesen, nachdem die FK im Rahmen des zunächst selbst geführten Einspruchsverfahrens nicht abgeholfen habe.

Diesen Einspruch wies die FK durch Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2006 als unbegründet zurück. Die FK gab nach einem „Mustertatbestand” ohne konkrete Daten und Fakten lediglich den Gesetzeswortlaut wieder und ging auf die Umstände des Einzelfalls nicht ein, so dass keine Würdigung der Umstände des Streitfalls erkennbar ist. Der Einspruchsentscheidung lässt sich möglicherweise entnehmen, dass die FK der Klägerin einen Verstoß gegen ihre Mitwirkungspflichten vorwerfen will. Warum die Zuziehung der Bevollmächtigten nicht für notwendig erachtet wird, wurde nicht erläutert.

Mit ihrer Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie macht geltend, die FK habe ihre unzutreffende Rechtsauffassung, ein FSJ in Südafrika führe nicht zur Gewährung von Kindergeld, erst nach Einschaltung der Klägervertreterin geändert.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 29. November 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14. Dezember 2006 aufzuheben.

Die Beklagte beantrag...

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