Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine doppelte Haushaltsführung bei Eingliederung in den elterlichen Haushalt

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Nachweispflicht für das Vorliegen einer doppelten Haushaltsführung trägt der Steuerpflichtige. Die Feststellungslast umfasst auch eine entsprechende Beweisvorsorgepflicht.

2. Die Entgeltlichkeit der Nutzung einer Wohnung ist keine unerlässliche Voraussetzung aber ein Indiz für die Beantwortung der Frage, ob ein eigener Hausstand unterhalten wird.

3. Allein das Vorhalten einer Wohnung für gelegentliche Besuche oder Ferienaufenthalte ist nicht als Unterhalten eines Hausstands zu bewerten.

4. Ein eigener Haushalt wird nicht unterhalten, wenn der Arbeitnehmer die Haushaltsführung nicht zumindest mitbestimmt und die Kosten des Hausstands selbst trägt, sondern in einen fremden Haushalt eingegliedert ist, so dass von einer eigenen Haushaltsführung nicht gesprochen werden kann.

5. Verfügt der Arbeitnehmer an seinem Beschäftigungsort über eine Wohnung, die an Größe und Ausstattung die Zimmer im elterlichen Einfamilienhaus übertrifft, spricht vieles dafür, dass das Zimmer bei den Eltern lediglich für Besuchszwecke vorgehalten wird.

6. Die Anerkennung der doppelten Haushaltsführung setzt voraus, dass der Steuerpflichtige nachweist, dass er – abgesehen von Urlauben – sich tatsächlich jedes Wochenende an dem Hausstand am Heimatort aufgehalten hat.

7. Bei einer mehr als fünfjährigen Auswärtstätigkeit muss substantiiert dargelegt und nachgewiesen werden, weshalb der Lebesmittelpunkt noch am Heimatort liegt.

 

Normenkette

EStG 2006 § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit zu berücksichtigen sind.

Die 1975 geborene ledige Klägerin war im Streitjahr 2006 bei der X GmbH Y angestellt und erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In der Einkommensteuererklärung für 2006 gab sie an, seit dem 1. Juni 2001 an ihrem Beschäftigungsort Y einen doppelten Haushalt zu führen. Ihr Lebensmittelpunkt befinde sich im elterlichen Einfamilienhaus in der … straße in Z, wo sie gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester das Dachgeschoss bewohne und mit Hauptwohnsitz gemeldet sei. An ihrem Arbeitsort Y halte sie sich nur berufsbedingt auf. Nach den Angaben der Klägerin wurde die doppelte Haushaltsführung im Jahr 2009 beendet, da sich ihr Lebensmittelpunkt an den Beschäftigungsgort verlagert habe.

Hinsichtlich der Wohnsituation im Elternhaus in Z ergibt sich nach der Einlassung der Klägerin, den Zeugenaussagen und den vorgelegten Lichtbildern Folgendes:

Der Klägerin und ihrer Zwillingsschwester standen bei ihren Aufenthalten im elterlichen Einfamilienhaus das unter einer Dachschräge liegende Obergeschoss mit drei Zimmern, Bad und Küchennische mit einer Grundfläche von ca. 100 qm zur Verfügung. Die Eltern hatten das Obergeschoss nach dem Umzug der Schwestern nach Y im Jahr 2000 bzw. 2001 mit Möbeln ausgestattet. Das von der Klägerin bewohnte Zimmer mit einer Grundfläche von ca. 25 qm war mit einer Schlafcouch eingerichtet und ist auf dem Lichtbild als Wohn-/Schlafzimmer bezeichnet. In dem von der Schwester genutzten Zimmer mit einer Grundfläche von ca. 18 qm befand sich ein Doppelbett. Ein weiteres Zimmer, das als Arbeitszimmer bezeichnet wird, war mit zwei Schreibtischen eingerichtet. Das Bad, das von den Zwillingsschwestern gemeinsam genutzt wurde, war mit einer Dusche ausgestattet. Über eine voll ausgestattete eigene Küche verfügten die Schwestern nicht. Im Obergeschoss befand sich lediglich eine „Kochnische”, die mit einem Tisch, einem Mikrowellengerät und Geschirr ausgestattet war. Nach den Angaben der Zeugen wurde das Geschirr in dem Waschbecken des Badezimmers gespült, da eine Spüle im Obergeschoss nicht vorhanden war.

An den Sonntagen hat die Klägerin mit ihrer Familie gemeinsam gegessen. Ihre Wäsche hat sie während der Aufenthalte in Z bei den Eltern gewaschen.

Die Klägerin entrichtete für die Nutzung des Obergeschosses keine Miete. Nach einer schriftlichen Bescheinigung der Eltern beteiligte sie sich jedoch mit einer monatlichen Barzahlung in Höhe von 50 EUR an den Nebenkosten. In der mündlichen Verhandlung gab der Vater der Klägerin an, dass mit der von der Klägerin entrichteten Pauschale nicht die tatsächlich entstandenen Kosten gedeckt werden sollten. Die Klägerin sollte jedoch gegenüber den Eltern verpflichtet sein, sich an den Kosten des Haushalts zu beteiligen. Die tatsächlich entstandenen Kosten seien auch nicht feststellbar, da für den Haushalt der Eltern und der Klägerin keine getrennte Kostenabrechnung erfolgt sei. Das Einfamilienhaus bestehe aus einer „Abrechnungseinheit”. Die Schwester der Klägerin gab bei der Zeugenvernehmung an, die Schwestern hätten sich auch durch Einkäufe für den elterlichen Haushalt an den Lebensführungskosten beteiligt.

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