Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkunftserzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung: Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auch bei beschränkter Steuerpflicht, objekt- bzw. mietvertragsbezogene Prüfung, Zusammenhang mit Grundstücksverkauf, sehr lange Dauer erforderlicher Renovierungen. beschränkte Steuerpflicht bei Wohnsitzen im Inland und Rumänien und Lebensmittelpunkt in Rumänien

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Rechtsprechungsgrundsätze zur Beurteilung der Einkunftserzielungsabsicht bei Vermietung und Verpachtung gelten für beschränkt Steuerpflichtige genauso wie für unbeschränkt Steuerpflichtige. Es gibt keine verfassungsrechtlichen Gründe für eine andere Beurteilung beschränkt steuerpflichtiger natürlicher Personen.

2. Hat eine natürliche Person zwar einen Wohnsitz im Inland, zusätzlich jedoch auch einen Wohnsitz in Rumänien und dort ihren Lebensmittelpunkt, so gilt sie als in Rumänien ansässig (Art. 4 Abs. 2 Buchst. a DBA-Rumänien) und ist deswegen im Inland nicht unbeschränkt, sondern beschränkt steuerpflichtig.

3. Die Einkünfteerzielungsabsicht ist auch bei einem Vermieter mit einem umfangreichen Immobilienvermögen objektbezogen, d. h. für jedes einzelne Vermietungsobjekt gesondert vorzunehmen. Werden mehrere Objekte vermietet, so ist jede Tätigkeit grundsätzlich je für sich zu beurteilen. Die Prüfung, ob der Steuerpflichtige durch seine Vermietungstätigkeit langfristig einen Einnahmenüberschuss erzielen will, ist auch dann jeweils auf das einzelne Mietverhältnis bezogen, wenn sich mehrere Objekte auf einem Grundstück befinden.

4. Bei einer auf Dauer angelegten Vermietung einer Wohnung wird grundsätzlich die Einkünfteerzielungsabsicht unwiderleglich vermutet, es sei denn, das Objekt wird in engem zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung (i. d. R. bis zu 5 Jahren) tatsächlich veräußert oder das renovierungsbedürftige Objekt steht leer.

5. Aufwendungen für Wohnungen, die nach vorheriger auf Dauer angelegter Vermietung leer stehen, sind auch während der Zeit des Leerstands als Werbungskosten abziehbar, solange der Steuerpflichtige den ursprünglichen Entschluss zur Einkünfteerzielung im Zusammenhang mit dem Leerstand der jeweiligen Wohnung nicht endgültig aufgegeben hat. Die Einzelumstände, aus denen sich der endgültige Entschluss zu vermieten ergibt, sind in erster Linie ernsthafte und nachhaltige Vermietungsbemühungen des Steuerpflichtigen. Hierfür trägt der Steuerpflichtige die Feststellungslast.

6. Auch wenn es zwar grundsätzlich Sache des Steuerpflichtigen ist, darüber zu befinden, ob und inwieweit zur weiteren Vermietbarkeit erforderliche Renovierungsarbeiten aus Zeit- und/oder Geldgründen langsamer oder schneller und insbesondere, ob diese Arbeiten in Eigenleistung oder durch Fremdfirmen durchgeführt werden, ist ihm lediglich ein zeitlich begrenzter Beurteilung- und Entscheidungsspielraum zuzubilligen, innerhalb dessen er über die Fortführung seiner Vermietungstätigkeit entscheiden muss. Ist der Steuerpflichtige jahrelang untätig bzw. nicht ausreichend tätig, kann sein Entscheidungsspielraum überschritten sein und die Einkunftserzielungsabsicht entfallen.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 1 S. 1, Abs. 4, § 49 Abs. 1 Nr. 6, § 21 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 6, Abs. 2 S. 1 Nr. 2, § 9 Abs. 1 S. 1; AO §§ 8, 14 Sätze 1, 3; DBA-Rumänien Art. 4 Abs. 2 Buchst. a

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 23.10.2018; Aktenzeichen I R 74/16)

BFH (Urteil vom 23.10.2018; Aktenzeichen I R 74/16)

 

Tenor

1. Die Einkommensteuerbescheide 2007, 2008 und 2009, jeweils zuletzt geändert am 16. Oktober 2010, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 24. Oktober 2012, sind dahin gehend zu ändern, dass die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des Objekts … straße x, A, in Höhe von x.xxx EUR (2007), x.xxx EUR (2008) und x.xxx,– EUR (2009) angesetzt werden. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen. Dem Beklagten wird aufgegeben, die Einkommensteuer 2007, 2008 und 2009 nach Maßgabe der Entscheidungsgründe neu festzusetzen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger, ein Architekt, lebt seit 2002 in Rumänien und ist dort auch beruflich, einschließlich Vermietung, tätig. Er erzielt auch Einkünfte aus Kapitalvermögen. Ab 2003 reichte er beim Beklagten –Bekl– jeweils eine Einkommensteuererklärung für beschränkt Steuerpflichtige ein. Er erklärte Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Tonstudio), selbständiger Arbeit (Architekt) sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung diverser Objekte im Raum A, B, C und D.

Der Kläger erklärte u.a. bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung für einzelne Vermietungsobjekte langjährige Verluste.

… gasse x, B

Der Kläger errichtete 1995 das Einfamilienhaus, das zunächst leer stand. Die Grundstückswertstelle des Bekl hielt in einem Aktenvermerk vom 6. Mai 1998 im Rahmen einer Ortsbesichtigung von außen fest, dass das Gebäude einen bezugsfertigen Eindruck mache. Mit Schreiben vom 15. September 1998 teilte der Kläger mit, dass das ...

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