Entscheidungsstichwort (Thema)

GmbH & Co. KG als Holdinggesellschaft für eine GmbH und deren Tochtergesellschaften: kein Gestaltungsmissbrauch durch Kapitalerhöhung unter Zuzahlung in die Kapitalrücklage bei der GmbH (Überpari-Emission), Erwerb des neuen Geschäftsanteils durch den alleinigen Kommanditisten der KG und zeitnahe verlustrealisierende Veräußerung des neuen Anteils neu geschaffener GmbH-Anteil als Sonderbetriebsvermögen II der GmbH & Co. KG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: IV R 12/23)

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ist der Steuerpflichtige als alleiniger Kommanditist und alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH über eine GmbH & Co. KG mittelbar zu 100 % an einer GmbH beteiligt, übernimmt er anlässlich einer Kapitalerhöhung der GmbH unmittelbar selbst den neugeschaffenen Geschäftsanteil (hier: 3,8 %) und muss er hierfür über den Nennbetrag des Geschäftsanteils hinaus ein Aufgeld in die Kapitalrücklage der GmbH zahlen, so gehört auch das Aufgeld zu den Anschaffungskosten für den erworbenen GmbH-Anteil. Das gilt auch insoweit, als die Summe aus dem Nennbetrag des übernommenen Geschäftsanteils und dem Aufgeld den Verkehrswert des übernommenen Geschäftsanteils weit übersteigt (Überpari-Emission). Es handelt sich bei dem den Verkehrswert übersteigenden Teilbetrag nicht um eine verdeckte Einlage.

2. Wird anlässlich des Erwerbs des Geschäftsanteils eine auch bei einer künftigen Anteilsveräußerung fortzuführende Poolvereinbarung über die einheitliche Stimmrechtsausübung bei der GmbH geschlossen und stellt für die GmbH & Co. KG die Beteiligung an der GmbH die einzige Beteiligung dar, über die sie ihre Funktion als Holdinggesellschaft für die GmbH und deren Tochtergesellschaften ausüben kann, so stellt der vom alleinigen Kommanditisten erworbene neue Geschäftsanteil an der GmbH (siehe 1.) notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der GmbH & Co. KG dar.

3. Die Gestaltung - Anteilserwerb durch Kapitalerhöhung unter Aufgeldzahlung – ist nicht missbräuchlich im Sinne des § 42 AO, wenn sie der Ausstattung der GmbH mit Finanzmitteln und der unternehmerischen Beteiligung des Gesellschafters an der GmbH dient und wenn damit auch wirtschaftliche Zwecke verfolgt werden. Sie wird auch nicht dadurch missbräuchlich, dass der anlässlich der Kapitalerhöhung erworbene neue Geschäftsanteil an der GmbH bereits rund eineinhalb Jahre nach dem Erwerb an eine dem Gesellschafter nahestehende Person veräußert wird und hierdurch im Sonderbetriebsvermögen II der GmbH & Co. KG ein nach dem Teileinkünfteverfahren abzugsfähiger Veräußerungsverlust entsteht. Das gilt auch dann, wenn zwar die GmbH & Co. KG vorab von ihren steuerlichen Beratern auf beide Schritte - Kapitalerhöhung unter Zuzahlung in die Kapitalrücklage, zeitnahe verlustrealisierende Veräußerung des neuen Anteils – hingewiesen worden ist, wenn jedoch nicht von vornherein feststand, dass und wann die der neue GmbH-Anteil tatsächlich übertragen werden sollte.

 

Normenkette

EStG § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2, § 4 Abs. 1, § 6 Abs. 6, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; HGB § 255 Abs. 1, § 272 Abs. 2 Nrn. 1, 4; AO § 42 Abs. 1-2

 

Tenor

1. Der Bescheid für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 29. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2020 wird dahingehend geändert, dass der Veräußerungsverlust aus der Veräußerung des Geschäftsanteils des Beigeladenen an der XY Verwaltungs- GmbH in Höhe von … EUR als Sonderbetriebsausgaben, die unter § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG fallen, behandelt werden.

2. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.

3. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.

4. Die Revision wird zugelassen.

5. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat die Klägerin in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Bescheids für 2012 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) vom 29. März 2018 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 20. April 2020.

Die Klägerin ist eine Personengesellschaft in der Rechtsform der GmbH & Co. KG. Gegenstand des Unternehmens […]

Herr A (der Beigeladene) ist Kommanditist der Klägerin, an deren Festkapital er zu 100 % beteiligt ist. Geschäftsführende Komplementärin der Klägerin ist die XX Verwaltungs- GmbH, die für ihre Tätigkeit eine geringfügige Tätigkeitsvergütung erhält. Alleiniger Gesellschafter der XX Verwaltungs-GmbH ist A.

Die Klä...

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