Entscheidungsstichwort (Thema)

Bewertungsrechtliche Zurechnung eines vom Pächter errichteten Gebäudes bei jederzeitiger Kündigungsmöglichkeit des Pachtvertrags und Ausgleichsanspruchs des Pächters; Zusammenfassung mehrerer verpachteter Flurnummern zu einer wirtschaftlichen Einheit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat eine Kommanditgesellschaft von einer Kommanditistin ein Grundstück gepachtet und darauf mit Genehmigung der Verpächterin im eigenen Namen und auf eigene Kosten eine fest mit dem Boden verbundene Lagerhalle errichtet, ist sie im Rahmen der Einheitsbewertung gleichwohl nicht wirtschaftliche Eigentümerin der Lagerhalle (als Gebäude auf fremdem Grund und Boden), wenn der auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Pachtvertrag von beiden Vertragsparteien jährlich gekündigt werden kann und eine Auslegung des widersprüchlichen Pachtvertrags ergibt, dass nach dem Willen der Vertragsparteien die Verpächterin zur Übernahme der Lagerhalle am Ende des Pachtvertrags berechtigt sein soll, in diesem Fall aber der Pächterin ein Ausgleichsanspruchs hinsichtlich der Lagerhalle nach §§ 951, 812 BGB zustehen soll. Ein wirtschaftliches Eigentum der KG an der Lagerhalle kann weder aus der späteren langjährigen Durchführung des Pachtverhältnisses (ohne Kündigung) hergeleitet werden noch aus der vom FA nicht beanstandeten ertragsteuerlichen Aktivierung und Abschreibung der Herstellungskosten der Lagerhalle bei der KG.

2. Zur Bewertung mehrerer nebeneinander liegender, grundbuchrechtlich selbständiger, einem Eigentümer gehörender Flurnummern als eine wirtschaftliche Einheit bei Verpachtung an denselben Pächter und einheitlicher Nutzung in dessen Gewerbebetrieb.

 

Normenkette

BewG 1991 § 22 Abs. 3, §§ 2, 94; AO 1977 § 39 Abs. 1; BGB § 94; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1; BGB § 951 i.V.m. § 812, § 812; BewG 1991 § 22 Abs. 2; BewG § 19 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist bei der Frage, inwieweit ein Einheitswert zur Fehlerbeseitigung fortzuschreiben ist, u. a. ob eine von einem Pächter errichtete Lagerhalle den Grundstückseigentümern zuzurechnen ist und inwieweit mehrere Grundstücksparzellen eine einheitliche wirtschaftliche Einheit bilden (§§ 2, 94 Bewertungsgesetz –BewG–).

Die Klägerinnen (zwei Schwestern) sind seit 1990 je zur Hälfte Miteigentümerinnen der Grundstücksparzellen Flurstücke-Nrn. … und 9098 in M. Die beiden zuerst genannten Parzellen liegen nebeneinander an dem neben der Oberrheineisenbahn gegenüber dem Bahnhof M. entlang führenden Straße und haben eine Fläche von 2.632 m² und 1.558 m². Die Parzelle-Nr. 9098 bildet einen schmalen Streifen, der hinter den beiden anderen Parzellen sowie zwei nördlich und südlich benachbarten kleineren Parzellen vorgelagert ist. Die beiden größeren Flurstücke sind mit unterschiedlichen, weitgehend gewerblich genutzten Gebäuden bebaut, das schmalere Flurstück ist unbebaut.

Durch Vertrag vom 31. Januar 1975 verpachtete die damalige Alleineigentümerin (eine weitere Schwester der Klägerinnen) die umstrittenen Grundstücke als „Wohnhaus mit Werkstatt und Garage” sowie als „Wohn- und Bürohaus” und „Bauhof” an die Firma … GmbH & Co. (KG), an der sie als Gesellschafterin (Kommanditistin) beteiligt war (vergleiche § 1 des Pachtvertrags). Nach § 2 des Pachtvertrags wurde das Pachtverhältnis ab 1.1.1975 auf unbestimmte Zeit geschlossen und war mit einer Frist von 6 Monaten zum Jahresende kündbar. Weiter heißt es in dem Vertrag u. a.:

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Bauliche Veränderungen oder Erweiterungen dürfen von der Pächterin ohne schriftliche Genehmigung nicht, von dem Verpächter hingegen jederzeit vorgenommen werden. Die Pächterin verpflichtet sich, die ihr daraus erwachsenen Einschränkungen oder Betriebsunterbrechungen ohne Anspruch auf Vergütung zu dulden. Hat die Pächterin Veränderungen veranlaßt, so hat sie bei Auszug nach Wahl des Verpächters entweder die Veränderung ohne Vergütung zu belassen, oder den vorigen Zustand wieder herzustellen.

§ 12

Die getroffenen Absprachen hinsichtlich der Genehmigung auf dem Grundstück eine Lagerhalle auf Kosten der Pächterin zu erstellen, bleibt hiermit unberührt.”

Bei der Hauptfeststellung auf den 1.1.1964 bewertete der Beklagte (das Finanzamt –FA–) das Flurstück-Nr. … mit zwei Wohnungen, Wohnräumen für Betriebsangehörige und betrieblich u. a. als Werkstatt genutzten Räumen als gemischt genutztes Grundstück und stellte den Einheitswert nach dem Ertragswertverfahren auf 115.800 DM fest.

Am 14. Februar 1980 ging beim FA eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts ein, die das FA auf den 1.1. des Jahres angefordert hatte, „das auf die Bezugsfertigkeit der Lagerhalle folgt”, und die vom ersten Geschäftsführer der jetzigen Prozessbevollmächtigten der Klägerin handschriftlich ausgefüllt und von der damaligen Eigentümerin unterschrieben ist. Unter Nr. 1.1 ist darin als Zurechnungseigentümerin die KG angegeben. Unter Nr. 1.3 ist die Frage danach, ob ein Gebäude auf fremden Grund und Boden errichtet worden ist, bejaht worden. Unter Nr. 2 ist die Nutzung als Lagerhalle angegeben. Unter Nr. 3 des Vordrucks is...

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