Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuer 1996

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 24.08.2000; Aktenzeichen V R 7/99)

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin eine gemäß § 4 Nr. 14 Umsatzsteuergesetz (UStG) ähnliche heilberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ausübt, deren Umsätze steuerfrei sind.

Die Klägerin ist als Familienhelferin (vgl. § 31 Sozialgesetzbuch Achtes BuchSGB VIII) selbständig tätig.

Die sozialpädagogische Familienhilfe gilt als intensive familienbezogene und i.d.R. über eine längere Zeit dauernde Hilfsart. Voraussetzung für die Hilfe ist, daß in der Familie erhebliche Schwierigkeiten bei der Wahrnehmung der Erziehungsaufgaben bestehen, die ihre Ursache in der Bewältigung von Problemen (z.B. Einkommens- und Wohnverhältnisse, Arbeitslosigkeit, Fehlen eines Elternteils) oder in Konflikten (z.B. Sucht, Verschuldung) haben können. Die Arbeit des Familienhelfers vollzieht sich weitgehend in der Teilnahme am privaten Familienleben. Der Familienhelfer betreut dabei u.a. die Kinder bei ihren Hausaufgaben, fördert die Bereitschaft, sich innerhalb der Familie miteinander zu beschäftigen (Spiele und Freizeitgestaltung), führt mit den Eltern Gespräche über Erziehung und erledigt damit verbundene Amtsgänge. Da es den Familienhelfer als anerkannten Ausbildungsberuf nicht gibt, wird je nach individueller Situation ein Sozialarbeiter, Sozialpädagoge, Erzieher, Theologe oder ein Helfer mit entsprechender Ausbildung eingesetzt. Hilfe kann nur gewährt werden, wenn die Familie grundsätzlich bereit ist, am Gelingen mitzuarbeiten. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, haben die betroffenen Familien auf diese Hilfsleistung einen gesetzlichen Anspruch.

Träger der Familienhilfe ist im Streitfalle das Jugendamt der Stadt … das gleichzeitig auch über die Person des Helfers und die Dauer der Maßnahme entscheidet. Da das Jugendamt für diese Maßnahmen kein eigenes Personal beschäftigt, werden im Bedarfsfalle selbständig tätige Familienhelfer wie die Klägerin beauftragt.

Das Jugendamt der Stadt … vermittelt die Klägerin der Familienhilfe bedürftige Familien. Grundlage ist ein sog. Jugendhilfebescheid über die Gewährung von Hilfe zur Erziehung/sozialpädagogischer Familienhilfe nach § 27 i.V.m. § 31 SGB VIII, der der bedürftigen Familie zugestellt wird. In diesem Bescheid werden auch Bewilligungszeitraum und wöchentliche Dauer der Familienhilfe in Stunden festgelegt. Die Bezahlung der Familienhilfe erfolgt unmittelbar zwischen Jugendamt und Klägerin aufgrund eines Arbeitszeitnachweises. Nach der formularmäßigen Vereinbarung zwischen der Klägerin und dem Jugendamt entstehen „rechtsgeschäftliche Beziehungen zwischen Jugendamt und Familienhelfer nicht, d.h. die vom Jugendamt gewährte Hilfe begründet keine arbeitsrechtliche oder dienstvertragliche Beziehungen zwischen Familienhelfer und der Stadt … Das Jugendamt wird lediglich als Vermittler tätig … Diese [= Familienhelferin] hat Steuer- und sozialversicherungsrechtliche Belange selbst zu klären und zu regeln.”

Die Klägerin hat nach dem Abschluß ihrer Schulausbildung folgenden Ausbildungsgang absolviert:

1978 bis 1981

Ausbildung an der Berufsakademie im Ausbildungsbereich Sozialwesen

1980

Abschluß als staatlich anerkannter Erzieher

1981

Staatlich anerkannter Diplom-Sozialpädagoge (BA)

1981 bis 1985

Studium der Heilpädagogik an der … Fachhochschule …

Das Studium konnte nicht abgeschlossen werden, da die Klägerin ab dem Sommersemester 1984 bis Ende 1985 ihre Mutter aufgrund deren Gesundheitszustand betreuen mußte. Gleichwohl hat die Klägerin eine Pflegstelle, die im Rahmen des Studiums erforderlich gewesen ist, 1983 und 1984 übernommen. Seit November 1985 ist die Klägerin als Familienhelferin tätig.

Nach wiederholter Aufforderung durch das beklagte Finanzamt – FA– gab die Klägerin am 22. Januar 1998 eine Umsatzsteuererklärung für 1996 ab. Als Steuerschuld ist in der Erklärung ein Betrag von … DM ausgewiesen. Mit Datum 11. Mai 1998 erging der Bescheid für 1996 über Umsatzsteuer in der Höhe lt. Erklärung.

Mit Schriftsatz vom 25. Mai 1998, der am 26. Mai 1998 bei Gericht einging, wurde Sprungklage erhoben. Dieser wurde dem FA am 04. Juni 1998 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 02. Juli 1998, der am gleichen Tage bei Gericht einging, wurde der Sprungklage gemäß § 45 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) zugestimmt.

Im wesentlichen wird folgendes vorgetragen: Die Klägerin übe eine der Heilhilfsberufe ähnliche Tätigkeit i.S. des § 4 Nr. 14 UStG i.V.m. § 18 EStG aus. Daher seien ihre Umsätze aus der Tätigkeit als Familienhelferin umsatzsteuerfrei.

Die Klägerin beantragt,

die Umsatzsteuer für 1996 auf 0 DM festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es trägt im wesentlichen vor: Bei der Familienhelferin handele es sich nicht um einen Ausbildungsberuf, so daß die Grundsätze, die der Bundesfinanzhof – BFH– im Urteil vom 29. Januar 1998 V R 3/96

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