Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer-Vorauszahlungen 1993/1994

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 06.07.1998; Aktenzeichen VI R 150/97)

 

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens VI R 98/95 trägt die Klägerin.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Im II. Rechtsgang streitig ist, ob das von der schweizerischen Invalidenversicherung (IV) im Zusammenhang mit einer Umschulung gezahlte sogenannte „Taggeld” steuerfrei im Sinne des § 3 Abs. 1 Buchstabe a oder c des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist.

Die Klägerin (Klin.) war bis 31. März 1993 als Altenpflegerin in der Schweiz tätig. Ihr Arbeitseinkommen versteuerte sie als Grenzgängerin in Deutschland. Am 03. Februar 1988 erlitt sie mit ihrem Pkw einen Verkehrsunfall, bei dem sie sich u.a. ein Halswirbelsäulen-Schleudertrauma zuzog. Wegen Bewegungseinschränkungen im Halswirbelsäulenbereich und Rückenschmerzen war die Klin. nach ihrer Genesung bei der Ausübung ihrer Tätigkeit als Altenpflegerin so sehr behindert, daß sie sich im März 1993 zu einer Umschulung zu dem – keine schwere körperliche Arbeit erfordernden – Beruf einer Ergotherapeutin entschloß. Die Ausbildungskosten wurden auf der Grundlage des Art. 17 Abs. 1 des schweizerischen Invalidenversicherungsgesetzes (IVG) von der IV getragen. Im Zusammenhang hiermit wurde der Klin. mit Verfügung der IV vom 26. Mai 1993 gem. Art. 22 IVG i.V.m. Art. 19 Abs. 1 der Invalidenversicherungsverordnung (IVV) für März und April 1993 Taggeld in Höhe von täglich 97,10 sfr., zusammen 5.923,10 sfr. bewilligt.

Nachdem die Klin. dies dem beklagten Finanzamt (FA) mitgeteilt hatte, erließ das FA einen Einkommensteuer (ESt)-Vorauszahlungsbescheid 1993/1994 vom 23. Juni 1993, in dem es das Taggeld der ESt unterwarf und Vorauszahlungen 1993 von (2.362 + 3 × 1.460 =) 6.742 DM sowie 1994 von (4 × 1.460 =) 5.840 DM festsetzte.

Der Einspruch der Klin. wurde mit Einspruchsentscheidung vom 06. Oktober 1993 als unbegründet zurückgewiesen.

Durch Gerichtsbescheid (Urteil) vom 25. Juli 1995 11 K 235/93 wies der Einzelrichter die Klage ab. Nach § 3 Nr. 1 c EStG seien nur Leistungen des deutschen Rentenversicherungsträgers gem. §§ 9, 20 bis 27 des Sechsten Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) steuerfrei.

Durch Revisionsurteil vom 15. April 1996 VI R 98/95 (Bundessteuerblatt –BStBl – II 1996, 478) hob der Bundesfinanzhof (BFH) das Urteil auf und verwies die Sache an den Vollsenat des Finanzgerichts zurück. Dieser habe zu prüfen, ob die Taggeldzahlungen bei Zugrundelegung der einschlägigen Vorschriften des Schweizer Rechts als „Leistungen aus … der gesetzlichen Unfallversicherung” im Sinne des § 3 Nr. 1 a EStG anzusehen und daher steuerfrei seien. Verneine der Vollsenat dies und halte er wie der Einzelrichter auch § 3 Nr. 1 c EStG nicht für anwendbar, so sei festzustellen, ob das Taggeld sonstige Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 1 EStG darstelle – dann stehe der Klin. gem. § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG ein zusätzlicher Werbungskostenpauschbetrag von 200 DM zu – oder zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehöre, wie der Einzelrichter annehme.

Im Klageverfahren trägt die Klin. u.a. vor, das Taggeld sei nach § 3 Nr. 1 c EStG steuerfrei. Die Vorschrift sei nicht wörtlich, sondern sinngemäß auszulegen und demgemäß auch auf das Umschulungsgeld (Taggeld) der schweizerischen IV anzuwenden. Hätte die Klin. in Deutschland Arbeitslohn bezogen, so sei wegen der entsprechenden Leistungen nach dem SGB VI eindeutig Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 1 c EStG zu gewähren gewesen. Die Versagung der Steuerfreiheit verletzte die Berufsfreiheit der Klin. nach Art. 12 des Grundgesetzes (GG) und verstoße überdies gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG (Hinweis auf das BFH-Urteil vom 10. Januar 1992 VI R 117/90, BStBl II 1992, 720). In für den Steuerpflichtigen ungünstigen Fällen verweise das EStG wie z.B. in § 33 a Abs. 1 Satz 4 und in § 34 c Abs. 3 EStG auf die Besteuerung nach inländischen Verhältnissen. Im Umkehrschluß müsse dies selbstverständlich auch in den für den Steuerpflichtigen günstigen Fällen gelten. Soweit es sich bei den Leistungen der IV um Leistungen aus einer gesetzlichen Unfallversicherung handele, ergebe sich die Steuerfreiheit des Taggelds bereits aus § 3 Nr. 1 a EStG.

Während des Klageverfahrens (I. bzw. II. Rechtsgang) erließ das FA die – im Hinblick auf verschiedene anhängige Verfassungsbeschwerden vorläufigen – ESt-Bescheide 1993 vom 08. Mai 1995 und 1994 vom 31. Oktober 1996. Die Klin. hat diese Bescheide gem. § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht.

Die Klin. beantragt sinngemäß,

den Vorauszahlungsbescheid 1993/1994 vom 23. Juni 1993 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06. Oktober 1993 und der ESt-Bescheide 1993 vom 08. Mai 1995 sowie 1994 vom 31. Oktober 1996 aufzuheben.

Das FA beantragt.

die Klage abzuweisen.

Das Taggeld sei nicht nach § 3 Nr. 1 a EStG steuerfrei. Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung d...

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