Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine grunderwerbsteuerbare Verwertungsbefugnis eines Bauträgers durch die Einräumung der Möglichkeit zur Überplanung unbebauter Grundstücke und zur Gewinnung von Kaufinteressenten für eine Bauerrichtung

 

Leitsatz (redaktionell)

Erhält ein privates Wohnungsbauunternehmen durch einen Gemeinderatsbeschluss die Möglichkeit, im Eigentum der Kommune stehende unbebaute Grundstücke auf eigene Kosten zu überplanen, dafür eine Baugenehmigung einzuholen, Kaufinteressenten zu werben und zum Abschluss eines Bauvertrages mit dem eigenen Unternehmen zu bewegen, so führen diese Möglichkeit und der von dem Unternehmen daraus zu erzielende Gewinn nicht zu einer nach § 1 Abs. 2 GrEStG steuerbaren Verwertung der wesentlichen Substanz der Grundstücke, wenn die (unbebauten) Grundstücke von der Kommune selbst an die von dem Unternehmen angeworbenen Kunden veräußert werden.

 

Normenkette

GrEStG § 1 Abs. 2

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 29.07.2009; Aktenzeichen II R 2/08)

 

Tenor

1. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 22. August 2003 (StNr. …) in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. Januar 2005 (Rechtsbehelfslisten Nr. …) wird aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kostengläubiger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch Sicherheit zu leisten. Liegt der vollstreckbare Kostenerstattungsanspruch im Wert bis zu 1.500 EUR, ist das Urteil hinsichtlich der Kosten ohne Sicherheitsleistung vollstreckbar. In diesem Fall kann der Kostenschuldner der Vollstreckung widersprechen, wenn nicht der Kostengläubiger vor der Vollstreckung in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruchs Sicherheit leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin (Klin) betreibt ein Wohnungsbauunternehmen. Durch Beschluss des Gemeinderats der Stadt X vom 19. Juli 2001 erhielt die Klin nachfolgende Option eingeräumt:

„Die Stadt X gewährt der Firma A-GmbH aus B eine Option für die in beiliegendem Lageplan markierten Grundstücke Flst. … „…” zum Bau von 10 Doppelhaushälften einschl. Garagen bis zum 31.12.2002. Die Verwaltung wird ermächtigt, einzelne Bauplätze an die Firma A-GmbH oder auch an die jeweiligen Einzelbauherren zum Preis von 350,00 DM/m² direkt zu veräußern, sobald Käufer vorhanden sind und die Planung mit dem Amt für Stadtentwicklung, Abteilung Stadtplanung, inhaltlich abgestimmt ist. Die erforderlich Neuvermessung der Grundstücke in Einzelhausbauplätze geht zu Lasten der Stadt X.”

In der Folgezeit überplante die Klin diese Grundstücke und schaltete Anzeigen mit folgendem Text:

„Einfamilienhäuser als Doppelhäuser, X-Y, … DHH mit 125 qm (Wfl.), massives Mauerwerk, Niedrigenergiestandart, voll unterkellert, incl. Terrasse mit Belag, Schlüsselfertig incl. Grundstück 197.200 EURO.”

Die Klin vermittelte der Stadt X in der Folgezeit alle Grundstückskäufer der überplanten Grundstücke, die sie dann von der Stadt X erstanden. Im Detail kauften nachstehende Personen die nachstehenden Grundstücke:

Bauherr

FlSt.Nr.

Datum des Vertrags

1

5. März 2002

2

23. Juli 2002

3

30. Januar 2002

4

5. März 2002

5

30. Januar 2002

6

21. Februar 2002

7

27. Juni 2002

8

10. Dezember 2003

Sämtliche Grundstückserwerber schlossen mit der Klin Bauverträge wie folgt ab:

Bauherr

FlSt.Nr.

Datum des Vertrags

1

24. Mai 2002

2

26. August 2002

3

15. März 2002

4

19. März 2002

5

27. März 2002

6

27. März 2002

7

9. September 2002

8

5. Januar 2004

Den Bauverträgen lagen Baugesuchspläne vom 16. Dezember 2001 zugrunde. Als Vergütung war ein Festpreis vereinbart worden. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den entsprechend formulierten Bauvertrag (Seiten 55 ff. Finanzgerichtsakte) verwiesen.

Bei sämtlichen Sachverhalten ging der Beklagte (Bekl) von sog. einheitlichen Vertragswerken aus und bezog bei den gegenüber den Erwerbern erlassenen Grunderwerbsteuer-(GrESt)-Bescheiden die Gebäudeherstellungskosten in die Bemessungsgrundlage ein. Sämtliche GrESt-Festsetzungen wurden bestandskräftig.

Weiter würdigte der Bekl die zwischen der Klin und der Stadt X getroffene Optionsvereinbarung als Übertragung der Verwertungsbefugnis an diesen Grundstücken und setzte hierfür gemäß § 1 Abs. 2 GrEStG mit Bescheid vom 22. August 2003 GrESt in Höhe von 9.717,10 EUR fest.

Mit der nach erfolgslosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage begehrt die Klin die Aufhebung dieses GrESt-Bescheides und trägt zur Begründung vor, entgegen der Auffassung des Bekl seien die Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 2 GrEStG nicht erfüllt. Zunächst sei festzuhalten, dass die Erwerber der einzelnen Grundstücksteilflächen nicht verpflichtet gewesen seien, mit ihr (der Klin) einen Bauwerkvertrag abzuschließen. Es habe weder ein rechtlicher noch ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen dem jeweiligen Grundstückskaufvertrag und dem Werkvertrag bestanden.

Ferner habe sie an diesen Grundstücken ...

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