Entscheidungsstichwort (Thema)

Besteuerung der von einem Grenzgänger bezogenen Einmalzahlung einer Schweizer Pensionskasse als sonstige Einkünfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Auszahlung einer Schweizer Pensionskasse an einen Grenzgänger, die aufgrund einer nach Schweizer Recht obligatorischen beruflichen Vorsorge erfolgt, unterliegt unabhängig von der Rechtsform der Pensionskasse als Sozialversicherungsrente mit einem Besteuerungsanteil von 50 % als andere Leistung aus einer gesetzlichen Rentenversicherung der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG.

2. Mit der Neuregelung des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG, die ermöglicht, auch Einmalzahlungen aus Pensionskassen als sonstige Einkünfte zu besteuern, scheidet deren steuerliche Behandlung als Kapitallebensversicherung analog § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG aus; die bis 2004 angewandte steuerliche Behandlung als Kapitallebensversicherung ist insoweit nicht bindend.

3. Steht nicht zweifelsfrei fest, ob es sich bei einer von einem Grenzgänger bezogenen Einmalzahlung um die Auszahlung des Altersguthabens aus der obligatorischen beruflichen Vorsorge handelt oder ob die Einmalzahlung auf freiwillig geleisteten Beträgen beruht, bestehen erhebliche Zweifel, ob die Einmalzahlung der Besteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG unterliegt.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3a aa, § 3 Nr. 3, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 2a, § 3 Nr. 62, § 20 Abs. 1 Nr. 6

 

Tenor

1. Die Vollziehung des geänderten Einkommensteuerbescheids 2006 vom 28. Mai 2009 wird in Höhe von 13.661.– EUR Einkommensteuer, 1.108,88 EUR Kirchensteuer und 762,05 EUR Solidaritätszuschlag gegen Sicherheitsleistung in der jeweiligen Höhe bis zum Ablauf eines Monats nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung oder einer anderweitigen Erledigung des diesbezüglichen Verfahrens ausgesetzt. Soweit auf diese Nachforderung zwischenzeitlich bereits Beträge erhoben worden sind, werden diese auf die zu leistende Sicherheitsleistung angerechnet; hinsichtlich der noch offenen Beträge wird die Vollziehung ab dem 9. Mai 2008 unter dem Vorbehalt der Sicherheitsleistung aufgehoben.

Die angeordnete Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung entfällt, wenn die Sicherheitsleistung nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung geleistet wird.

2. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

I.

Der 1945 geborene Antragsteller, ein verheirateter Friseurmeister, arbeitete in der Schweiz und wird als Grenzgänger besteuert. Seit 1985 zahlt er Beiträge in eine Schweizer Pensionskasse. Diese wechselte im Laufe der Jahre ihren Namen.

Der Antragsteller stellte am 21. Dezember 2005 einen Antrag auf Eröffnung eines Freizügigkeitskontos bei der S Freizügigkeitsstiftung 2. Säule und beantragte, die Freizügigkeitsleistung auf ein Konto der S Freizügigkeitsstiftung 2. Säule zu überweisen. Von der Pensionskasse sollten danach 256.816.– CHF auf das Freizügigkeitskonto eingelegt werden. Am 23. Dezember 2005 bestätigte die S Freizügigkeitsstiftung 2. Säule eine Einzahlung von 256.816.– CHF zugunsten des Antragstellers von dem T Fürsorgefonds, X. Von dem gutgeschriebenen Betrag entfielen danach auf das „Altersguthaben BVG” 0.– CHF. Wegen der Einzelheiten wird auf diese Bestätigung Bezug genommen (Klage-Akte, S. 18).

Am 9. März 2006 zahlte dann die S Freizügigkeitsstiftung 2. Säule auf Antrag des Antragstellers vom Freizügigkeitskonto Nr. … ein Kapital in Höhe von 237.563,80 CHF aus. Diesen Betrag ermittelte die S wie folgt:

Saldo

CHF

256.887,35

+ aufgelaufener Zins

CHF

615,45

./. Quellensteuerabzug

CHF

19.939,00

Total Auszahlung Valuta 09.03.2006

CHF

237.563,80

Nach der Bescheinigung über den Quellensteuerabzug in der Schweiz für Personen mit Wohnsitz im Ausland betrug die steuerbare Leistung CHF 257.502,80 (= EUR 163.514,28). Der Antragsteller beantragte im August 2006 die Rückerstattung der Quellensteuer auf die Kapitalleistungen von Vorsorgeeinrichtungen mit Sitz in der Schweiz. Die Quellensteuer wurde daraufhin erstattet.

Für die berufliche Vorsorge gelten in der Schweiz im Wesentlichen folgende Grundsätze:

Die Altersvorsorge beruht auf drei Säulen. Die Gesamtkonzeption sieht vor, dass die Sicherung der Bevölkerung im Alter, der Invalidität und des Todes auf drei Arten erfolgt, nämlich durch die soziale Rentenversicherung (u.a. AHV), die berufliche Kollektivversicherung (Pensions-, Gruppen- und Verbandsversicherung) und die Selbstvorsorge. Ziel ist eine Versorgung aus der Grundversicherung und aus der betrieblichen Vorsorge zu mindestens 60 Prozent des vorherigen Einkommens (Hans-Ulrich Stauffer, Berufliche Vorsorge, X, Basel, Genf, 2005, Rn. 68 f, 100-102).

Die Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18. April 1999 (Stand 30. November 2008) – BV – (abrufbar unter www.admin.ch) normiert die verfassungsmäßigen Grundlagen für das System der drei Säulen. Vorgaben für die berufliche Vorsorge machen insbesondere Art. 111 BV und Art. 113 BV. Sie regeln...

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