Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Steuerrecht. Mehrwertsteuer. Befreiungen. Von selbständigen Zusammenschlüssen von Personen erbrachte Dienstleistungen. An Mitglieder und an Nichtmitglieder erbrachte Dienstleistungen

 

Normenkette

EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f

 

Beteiligte

Infohos

Infohos

Belgischer Staat

 

Verfahrensgang

Hof van Cassatie (Belgien) (Beschluss vom 19.04.2018; ABl. EU 2018 Nr. C 301/17)

 

Tenor

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Bestimmung wie der im Ausgangsverfahren fraglichen entgegensteht, die die Gewährung der Mehrwertsteuerbefreiung davon abhängig macht, dass die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen Dienstleistungen ausschließlich an ihre Mitglieder erbringen, was zur Folge hat, dass solche Zusammenschlüsse, die auch Dienstleistungen an Nichtmitglieder erbringen, in vollem Umfang mehrwertsteuerpflichtig sind, und zwar auch für die gegenüber ihren Mitgliedern erbrachten Dienstleistungen.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Hof van Cassatie (Kassationsgerichtshof, Belgien) mit Entscheidung vom 19. April 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 18. Juni 2018, in dem Verfahren

Infohos

gegen

Belgische Staat

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev sowie der Richter P. G. Xuereb (Berichterstatter), T. von Danwitz, C. Vajda und A. Kumin,

Generalanwalt: G. Pitruzzella,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Infohos, vertreten durch F. Soetaert, advocaat,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch J.-C. Halleux, P. Cottin und C. Pochet als Bevollmächtigte,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, R. Campos Laires, P. Barros da Costa und J. Marques als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Lozano Palacios und W. Roels als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 11. Juli 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1, im Folgenden: Sechste Richtlinie).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Infohos und dem Belgische Staat (Belgischer Staat) über eine Nacherhebung von Mehrwertsteuer für die Jahre 2002 bis 2004.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Sechste Richtlinie wurde mit Wirkung vom 1. Januar 2007 aufgehoben und durch die Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. 2006, L 347, S. 1) ersetzt. In Anbetracht des entscheidungserheblichen Zeitraums gilt für den Ausgangsrechtsstreit jedoch weiterhin die Sechste Richtlinie.

Rz. 4

Die Erwägungsgründe 9 und 11 der Sechsten Richtlinie lauteten:

„Auch die Besteuerungsgrundlage bedarf einer Harmonisierung, damit die Anwendung des gemeinschaftlichen Satzes auf die steuerbaren Umsätze in allen Mitgliedstaaten zu vergleichbaren Ergebnissen führt.

Im Hinblick auf eine gleichmäßige Erhebung der eigenen Mittel in allen Mitgliedstaaten ist es erforderlich, eine gemeinsame Liste der Steuerbefreiungen aufzustellen.”

Rz. 5

In Art. 2 der Sechsten Richtlinie hieß es:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen:

1. Lieferungen von Gegenständen und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt;

…”

Rz. 6

Art. 13 „Steuerbefreiungen im Inland”) der Sechsten Richtlinie sah vor:

„A. Befreiungen bestimmter dem Gemeinwohl dienender Tätigkeiten

(1) Unbeschadet sonstiger Gemeinschaftsvorschriften befreien die Mitgliedstaaten unter den Bedingungen, die sie zur Gewährleistung einer korrekten und einfachen Anwendung der nachstehenden Befreiungen sowie zur Verhütung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen festsetzen, von der Steuer:

f) die Dienstleistungen, die die selbständigen Zusammenschlüsse von Personen, die eine Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu Wettbewerbsverzerrungen führt;

…”

Rz. 7

Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. f der Sechsten Richtlinie entspricht Art. 131 und Art. 132 Abs. 1 Buchst. f der Richtlinie 2006/1...

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