Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftliches Versandverfahren, Entstehung einer Zollschuld bei Zuwiderhandlungen, Versäumnis der 3-Monatsfrist durch die Zollbehörde

 

Leitsatz (amtlich)

Artikel 203 Absatz 1 der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften in Verbindung mit Artikel 379 der Verordnung (EWG) Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 ist dahin auszulegen, dass eine Zollschuld entstanden ist, wenn eine in das externe gemeinschaftliche Versandverfahren übergeführte Sendung nicht der Bestimmungsstelle gestellt worden ist, dass aber der Mitgliedstaat, zu dem die Abgangsstelle gehört, die Abgaben nur erheben kann, wenn er den Hauptverpflichteten darauf hingewiesen hat, dass er über eine Frist von drei Monaten verfügt, um die verlangten Nachweise zu erbringen, und diese Nachweise nicht innerhalb der Frist erbracht worden sind.

 

Normenkette

EWGV 2913/92 Art. 203 Abs. 1; EWGV 2454/93 Art. 379

 

Beteiligte

Honeywell Aerospace

Honeywell Aerospace GmbH

Hauptzollamt Gießen

 

Verfahrensgang

Hessisches FG (Beschluss vom 25.04.2003; Aktenzeichen 7 K 3660/99; Haufe-Index 1128804)

 

Tatbestand

„Gemeinschaftliches Versandverfahren ‐ Entstehung einer Zollschuld bei Zuwiderhandlungen ‐ Folge des Versäumnisses, dem Hauptverpflichteten die Frist für den Nachweis des Ortes der Zuwiderhandlung anzugeben“

In der Rechtssache C-300/03 betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Hessischen Finanzgericht, Kassel (Deutschland), mit Entscheidung vom 25. April 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Juli 2003, in dem Verfahren

Honeywell Aerospace GmbH

gegen

Hauptzollamt Gießen

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten K. Lenaerts sowie der Richter J. N. Cunha Rodrigues (Berichterstatter) und K. Schiemann,

Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,Kanzler: R. Grass,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

der Honeywell Aerospace GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt H. Stiehle,

der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. C. Schieferer und X. Lewis als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302, S. 1, im Folgenden: Zollkodex) und der Verordnung Nr. 2454/93 der Kommission vom 2. Juli 1993 mit Durchführungsvorschriften zu der Verordnung Nr. 2913/92 (ABl. L 253, S. 1, im Folgenden: Durchführungsverordnung).

2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Honeywell Aerospace GmbH (im Folgenden: Honeywell) und dem Hauptzollamt Gießen (Deutschland) über die Entstehung einer Zollschuld.

Gemeinschaftsregelung

3

Artikel 37 des Zollkodex bestimmt:

„(1)      Waren, die in das Zollgebiet der Gemeinschaft verbracht werden, unterliegen vom Zeitpunkt des Verbringens an der zollamtlichen Überwachung. Sie können nach dem geltenden Recht zollamtlich geprüft werden.

(2)       Sie bleiben so lange unter zollamtlicher Überwachung, wie es für die Ermittlung ihres zollrechtlichen Status erforderlich ist, und, im Fall von Nichtgemeinschaftswaren unbeschadet des Artikels 82 Absatz 1, bis sie ihren zollrechtlichen Status wechseln, in eine Freizone oder ein Freilager verbracht, wiederausgeführt oder nach Artikel 182 vernichtet oder zerstört werden.“

4

Artikel 96 des Zollkodex sieht vor:

„(1)      Der Hauptverpflichtete ist der Inhaber des externen gemeinschaftlichen Versandverfahrens. Er hat

a)

die Waren innerhalb der vorgeschriebenen Frist unter Beachtung der von den Zollbehörden zur Nämlichkeitssicherung getroffenen Maßnahmen unverändert der Bestimmungszollstelle zu gestellen;

…“

5

Artikel 203 Absätze 1 und 2 des Zollkodex bestimmt:

„(1)      Eine Einfuhrzollschuld entsteht,

wenn eine einfuhrabgabenpflichtige Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.

(2)       Die Zollschuld entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Ware der zollamtlichen Überwachung entzogen wird.“

6

Artikel 215 Absätze 1 bis 3 des Zollkodex lautet:

„(1)      Die Zollschuld entsteht an dem Ort, an dem der Tatbestand, der die Zollschuld entstehen lässt, eingetreten ist.

(2)       Kann der Ort im Sinne des Absatzes 1 nicht bestimmt werden, gilt die Zollschuld als an dem Ort entstanden, an dem die Zollbehörden feststellen, dass die Ware sich in einer Lage befindet, die eine Zollschuld hat entstehen lassen.

(3)       In dem Fall, in dem das Zollverfahren für eine Ware nicht erledigt worden ist, gilt die Zollschuld als an dem Ort entstanden,

an dem die Ware in das Verfahren übergeführt worden ist

            oder

an dem die Ware im Rahmen des betreffenden Verfahrens in die Gemeinschaft eingeführt wird.“

7

Artikel 221 Absatz ...

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