Leitsatz

Die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG für einen Grundstückserwerb der Personengesellschaft von ihrem Gesellschafter auf die Bemessungsgrundlage für einen späteren steuerbaren Wechsel im Gesellschafterbestand dieser Personengesellschaft hat unabhängig davon zu erfolgen, ob die Steuer für den Grundstückserwerb der Gesellschaft von ihrem Gesellschafter festgesetzt und erhoben wurde.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 2a Satz 3, § 3 Nr. 2, § 3 Nr. 6, § 5 Abs. 2, § 5 Abs. 3, § 6 Abs. 3 GrEStG a.F., § 119 Abs. 1, § 125 Abs. 1, § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine grundstücksbesitzende GmbH & Co. KG, deren Grundstücke zuvor zum Betriebsvermögen der Einzelfirma von C gehörten. Durch Vertrag vom 27.12.2000 übertrug C sein Einzel­unternehmen einschließlich des Grundvermögens schenkweise auf die H-OHG, an der seine drei Söhne D, E und F beteiligt waren (Übertragungsvorgang 1). Die H-OHG wurde sodann formwechselnd in die Klägerin umgewandelt. Deren Komplementärin ohne eigenen Kapitalanteil ist die CH-GmbH. Kommanditisten waren zunächst D, E und F. Durch weiteren Vertrag vom 27.12.2000 übertrugen D, E und F ihre Kommanditanteile an der Klägerin auf die ebenfalls am 27.12.2000 errichtete CG-KG, an deren Vermögen wiederum zu gleichen Teilen D, E und F beteiligt waren (Übertragungsvorgang 2). Komplementärin der CG-KG ohne eigenen Kapitalanteil ist die Grundstücksverwaltungs GmbH. Anschließend traten D, E und F durch weiteren Vertrag vom 27.12.2000 ihre Kommanditbeteiligungen an der CG-KG an die CH-GmbH ab (Übertragungsvorgang 3).

Das FA setzte gegen die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der H-OHG für den Übertragungsvorgang 1 mit der Begründung Grunderwerbsteuer fest, die Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG sei aufgrund § 5 Abs. 3 GrEStG wegen der nachfolgenden Anteilsübertragung auf die CG-KG (Übertragungsvorgang 2) zu versagen. Im Übertragungsvorgang 2 sah das FA eine Änderung des Gesellschafterbestands der Klägerin i.S.d. § 1 Abs. 2a Satz 1 GrEStG und setzte hierfür die Grunderwerbsteuer in Anwendung des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG auf 0 EUR fest. Das FA hob aufgrund der hiergegen eingelegten Einsprüche den für den Übertragungsvorgang 1 ergangenen Grunderwerbsteuerbescheid wegen der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 2 GrEStG ersatzlos auf und verwarf den Einspruch gegen den den Übertragungsvorgang 2 betreffenden Grunderwerbsteuerbescheid mangels Beschwer als unzulässig.

Durch nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO geänderten Bescheid vom 5.12.2006 setzte das FA gegen die Klägerin wiederum Grunderwerbsteuer fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das FG nahm an, die Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids für den Übertragungsvorgang 1 sei in Bezug auf die Anrechnung der Bemessungsgrundlage nach § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG für den Übertragungsvorgang 2 ein rückwirkendes Ereignis i.S.d. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 27.9.2011, 3 K 74/07, Haufe-Index 3598230, EFG 2013, 491).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG-Urteil, die Einspruchsentscheidung sowie die angefochtenen Grunderwerbsteuerbescheide aufgehoben. Die Änderungsvoraussetzungen des § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO lagen nicht vor, weil das FA trotz der Aufhebung des Grunderwerbsteuerbescheids für den Übertragungsvorgang 1 die Grunderwerbsteuer für den Übertragungsvorgang 2 materiell-rechtlich (unter Berücksichtigung des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG) zutreffend auf 0 EUR festgesetzt hatte. Damit fehlte es mangels Rechtswidrigkeit der bestandskräftigen früheren Grunderwerbsteuerfestsetzung an der Änderungsbefugnis nach §§ 172 ff. AO.

 

Hinweis

Kernpunkt des Rechtsstreits ist die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen in einem Änderungsbescheid nachträglich die Anrechnung nach Maßgabe des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG korrigiert werden kann.

1. Im Kern ist § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG eine Anrechnungsvorschrift. Sie soll für den Steuertatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG eine Doppelbelastung mit Grunderwerbsteuer ausschließen. Eine solche entstünde, wenn einerseits der Grundstückserwerb der Gesellschaft gemäß § 5 Abs. 3 GrEStG (unter Versagung der Vergünstigungen aus § 5 Abs. 1 und 2 GrEStG) oder § 6 Abs. 3 Satz 2 GrEStG (unter Versagung der Vergünstigungen aus § 6 Abs. 3 Satz 1 GrEStG) nachträglich besteuert und andererseits auch der (fiktive) Grundstückserwerb der "neuen" Personengesellschaft der Besteuerung aus § 1 Abs. 2a GrEStG unterworfen wird. Dabei muss eine innere Verknüpfung der nachträglichen Versagung der Steuerbegünstigung mit dem Wechsel im Gesellschafterbestand bestehen.

2. Im Streitfall lagen die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2a Satz 3 GrEStG vor, weil zum einen die Klägerin zunächst ein Grundstück von einem Gesellschafter durch einen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG steuerbaren Erwerbsvorgang erworben hatte. Für diesen Erwerbsvorgang waren aber die Begünstigungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 2 i.V.m. § 3 Nr. 2 und Nr. 6 GrEStG nachträglich entfallen. Durch die nachfolgende Änderung des Gesellschafterbes...

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