Leitsatz

1. Die Einlage eines persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA übersteigende Anschaffungskosten sind in einer Ergänzungsbilanz zu erfassen.

2. Aus einer solchen Ergänzungsbilanz folgende Gewinnminderungen und Gewinnerhöhungen wirken sich weder auf den Betriebsvermögensvergleich der KGaA noch auf den Gewinnanteil i.S. des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG und des § 8 Nr. 4 GewStG aus, sondern gehen ausschließlich in die Ermittlung der Einkünfte i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG und des Gewerbe­ertrags des persönlich haftenden Gesellschafters ein.

3. Der Erwerb und die Einziehung eigener Kommanditaktien durch die KGaA führen auch dann nicht zum Ansatz zusätzlicher, in einer Ergänzungsbilanz auszuweisender Anschaffungskosten des persönlich haftenden Gesellschafters, wenn der Unterschiedsbetrag zwischen dem Nennbetrag und dem Kaufpreis der eigenen Aktien mit dem vom persönlich haftenden Gesellschafter aufgebrachten Eigenkapital verrechnet wird (Anschluss an Senatsurteil vom 7. September 2016, I R 57/14, BFHE 255, 427).

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3, § 16 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2, 3, Abs. 2 Satz 1 EStG, § 278 Abs. 1, Abs. 2 AktG, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, § 182 Abs. 1 Satz 1 AO, § 74 FGO, § 7, § 8 Nr. 4, § 9 Nrn. 2, 2b GewStG, § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der A GmbH, die im Jahr 2016 auf die Klägerin verschmolzen wurde. Zwischen der A GmbH als Organträgerin und der B GmbH als Organgesellschaft bestand in den Streitjahren (2004 und 2005) eine körperschaftsteuerrechtliche und gewerbesteuerrechtliche Organschaft.

Durch Beschluss vom 30.7.2003 wurde eine C GmbH im Wege des Formwechsels in die D KGaA (KGaA) umgewandelt. Die B GmbH trat als persönlich haftende Gesellschafterin in die KGaA ein und erbrachte eine Einlage, die zum Teil dem Kapitalkonto I (i.H.d. Kapitalanteils) und im Übrigen dem Kapitalkonto II gutgebracht wurde. Die B GmbH bildete i.H.d. Differenz zwischen den Anschaffungskosten für die Beteiligung und dem Buchwert des Kapitalkontos eine Ergänzungsbilanz. Dieser Betrag wurde dem Firmenwert der KGaA zugeordnet und beginnend mit dem Wirtschaftsjahr 2003/2004 abgeschrieben (Nutzungsdauer: 15 Jahre).

Aufgrund des Hauptversammlungsbeschlusses vom 1.9.2005 schied eine der beiden Kommanditaktionärinnen aus der KGaA aus. Das Grundkapital wurde (nachdem es im Jahr 2004 zunächst erhöht worden war) durch Einziehung der von der Kommanditaktionärin erworbenen Aktien herabgesetzt. In der Folge wurde der in der Ergänzungsbilanz der B GmbH aktivierte Firmenwert (entsprechend der Verringerung des Kapitalkontos der B GmbH) aufgestockt und ebenfalls abgeschrieben.

Das FA ging davon aus, dass bei einem persönlich haftenden Gesellschafter einer KGaA AfA in einer Ergänzungsbilanz unzulässig seien. Die Klage war erfolglos (Hessisches FG, als Urteil wirkender Gerichtsbescheid vom 31.5.2016, 4 K 1879/13, Haufe-Index 9701016, EFG 2016, 1517).

 

Entscheidung

Der BFH hob das angefochtene Urteil auf und verwies die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das FG zurück. In körperschaftsteuerlicher Hinsicht ist der Vorrang eines Feststellungsverfahrens über den Einkünfteanteil der Organgesellschaft als persönlich haftender Gesellschafterin der KGaA zu klären. Hinsichtlich des Gewerbesteuer-Messbetrags sind Feststellungen zu Rechtsgrund und Zusammensetzung des über den Betrag der Einlage hinausgehenden Teils der geltend gemachten Anschaffungskosten nachzuholen.

 

Hinweis

1. In seinem Urteil I R 57/14 (s. Leitsatz 3) hatte der BFH entschieden, dass weder die Zahlung eines Aufgeldes im Rahmen der Übernahme einer Beteiligung als persönlich haftender Gesellschafter einer KGaA noch der Erwerb und die Einziehung eigener Kommanditaktien durch die KGaA zum Ansatz zusätzlicher (in einer Ergänzungsbilanz auszuweisender?) Anschaffungskosten des persönlich haftenden Gesellschafters führt (s. dazu Brandis, BFH/PR 2017, 113). Daran schließt der BFH nun an und entscheidet die bisher offen gebliebene Rechtsfrage der Zulässigkeit einer Ergänzungsbilanz im positiven Sinne.

2. Der Rechtsstreit betraf sowohl die Körperschaftsteuerfestsetzung der klagenden Organträgerin der als persönlich haftende Gesellschafterin in die KGaA eingetretenen GmbH (als Organgesellschaft) als auch deren Gewerbesteuermessbeträge. Ein mögliches Verfahrenshindernis (Vorrang eines Feststellungsverfahrens?) war im bisherigen Verfahrensverlauf nicht ausdrücklich erörtert worden.

3. Hier ist zu unterscheiden:

Für die Körperschaftsteuer-Festsetzung war ein Vorrang eines (bisher nicht absolvierten) Einkünfte-Feststellungsverfahrens mit Bindungswirkung (§ 182 Abs. 1 AO) zu beachten; das FG hätte daher den Rechtsstreit insoweit zunächst gemäß § 74 FGO aussetzen müssen. Denn ein Feststellungsverfahren ist bereits dann durchzuführen, wenn eine gesonderte Feststellung gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO aufgrund des (ggf. streitigen) Sachverhalts als jedenfalls möglich erscheint.

Anmerkung: Zu beachten ist, dass ...

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