Zu § 1 ErbStG

R 1. Anwendung der Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen auf Schenkungen

1Die Vorschriften über Erwerbe von Todes wegen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, auch für Schenkungen unter Lebenden (§ 1 Abs. 2 ErbStG). 2Bei der Besteuerung von Schenkungen unter Lebenden gelten alle Bestimmungen des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes, sofern sie nicht Sachverhalte betreffen, die allein bei Erwerben von Todes wegen vorkommen. 3Nicht auf Schenkungen anzuwenden sind insbesondere die Vorschriften

 

1.

zum Abzug der Nachlassverbindlichkeiten (→ § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG),

 

2.

zum Pauschbetrag für Erbfallkosten (→ § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 2 ErbStG),

 

3.

zum Rückfall von Vermögensgegenständen an die Eltern (→ § 13 Abs. 1 Nr. 10 ErbStG),

 

4.

zur Steuerklasse der Eltern bei Erwerben von Todes wegen (→ § 15 Abs. 1 ErbStG Steuerklasse I Nr. 4) oder zu Erwerben aufgrund gemeinschaftlicher Testamente von Ehegatten (→ § 15 Abs. 3 ErbStG),

 

5.

zum besonderen Versorgungsfreibetrag für den überlebenden Ehegatten oder Kinder des Erblassers (→ § 17 ErbStG). 2Der Versorgungsfreibetrag nach § 17 ErbStG kann ausnahmsweise bei einem nach § 7 Abs. 1 Nr. 5 ErbStG steuerbaren Erwerb gewährt werden, wenn ein Ehegatte als Abfindung für seinen Erbverzicht und aufschiebend bedingt bis zum Tod des anderen Ehegatten ein Leibrentenstammrecht erwirbt,

 

6.

zur Haftung von Kreditinstituten (→ § 20 Abs. 6 Satz 2 ErbStG) oder

 

7.

zur Steuerermäßigung bei mehrfachem Erwerb desselben Vermögens (→ § 27 ErbStG).

R 2. Familienstiftungen und Familienvereine

 

(1) 1Vermögen einer inländischen Familienstiftung (§ 1 Abs. 1 Nr. 4, § 2 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) unterliegt in Zeitabständen von je 30 Jahren der Ersatzerbschaftsteuer. 2Die Steuerpflicht setzt voraus, dass die Stiftung an dem für sie maßgebenden Besteuerungszeitpunkt (→ § 9 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG) die Voraussetzungen für eine Familienstiftung erfüllt. 3Die Steuerpflicht entfällt hiernach, wenn eine Familienstiftung vor diesem Zeitpunkt aufgelöst oder durch Satzungsänderung in eine andere Stiftung (z.B. Unternehmensstiftung) umgewandelt wird.

 

(2) 1Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist stets gegeben, wenn nach ihrer Satzung der Stifter, seine Angehörigen und deren Abkömmlinge zu mehr als der Hälfte bezugs- oder anfallsberechtigt (Destinatäre) sind (§ 15 Abs. 2 Außensteuergesetz). 2Eine Familienstiftung im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG ist auch dann gegeben, wenn die genannten Destinatäre zu mehr als einem Viertel bezugs- oder anfallsberechtigt sind und zusätzliche Merkmale ein "wesentliches Familieninteresse" belegen. 3Dies kann insbesondere dann gegeben sein, wenn die Familie wesentlichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Stiftung hat. 4Für die Frage, ob die Destinatäre zu mehr als der Hälfte oder in den Fällen des Satzes 3 zu mehr als einem Viertel bezugsberechtigt sind, kommt es allein auf die Ausschüttungen der Stiftung an. 5In welchem Umfang die Stiftung ihre Erträge thesauriert, ist für die Bezugsberechtigung der Destinatäre ohne Bedeutung. 6Entscheidend ist, dass die Destinatäre hinsichtlich der tatsächlich ausgeschütteten Beträge nach der Satzung im genannten Umfang bezugsberechtigt sind.

 

(3) 1Unter den wesentlichen Familieninteressen sind Vermögensinteressen im weitesten Sinne zu verstehen. 2Dazu gehören nicht nur Bezugs- und Anfallsrechte, sondern alle Vermögensvorteile, die die begünstigten Familien und ihre Mitglieder aus dem Stiftungsvermögen ziehen. 3Die Stiftung dient diesen Vermögensinteressen dann wesentlich, wenn nach der Satzung oder dem Stiftungsgeschäft deren Wesen darin besteht, es den Familien zu ermöglichen, das Stiftungsvermögen, soweit es einer Nutzung zu privaten Zwecken zugänglich ist, zu nutzen oder die Stiftungserträge an sich zu ziehen. 4Darunter fallen insbesondere auch die unentgeltliche oder verbilligte Nutzung des Stiftungsvermögens, wie

 

1.

die Nutzung der stiftungseigenen Immobilien zu Wohnzwecken,

 

2.

der Einsatz des Personals der Stiftung für Arbeiten im Rahmen des eigenen Hausstandes oder

 

3.

bei einer Stiftung mit Kunstbesitz der Vorteil, von diesem Kunstbesitz umgeben zu sein.

5Derartige Nutzungs- und Zugriffsmöglichkeiten können sich allein aus der Natur des Stiftungszwecks oder aber in Verbindung mit dem Einfluss der Familien auf die Geschäftsführung ergeben. 6Inwieweit davon tatsächlich Gebrauch gemacht wird, ist nicht entscheidend.

 

(4) 1Die Änderung des Stiftungscharakters einer Familienstiftung durch Satzungsänderung, gleichgültig, ob sie zu Lebzeiten oder erst nach dem Tode des Stifters erfolgt, ist erbschaftsteuerrechtlich als Aufhebung der Familienstiftung und Errichtung einer neuen Stiftung anzusehen, deren Erwerb grundsätzlich der Besteuerung nach Steuerklasse III unterliegt (§ 7 Abs. 1 Nr. 9 i.V.m. § 15 Abs. 1 ErbStG). 2Dies gilt entsprechend, wenn durch die Satzungsänderung lediglich bisher nicht bezugs- oder anfallsberechtigte Familienmitglieder in den Kreis der Destinatäre aufgenommen werden und die Errichtung der Stiftung bei bereits damaliger Zugehörigkeit der neu aufgenommenen Destinatäre seinerzeit nach einer ungünstigeren...

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