Ab dem 1.7.2016 sind die Regelverschonung bzw. die Optionsverschonung ausgeschlossen, wenn der Wert des erworbenen begünstigten Vermögens den Wert von 26.00.000 EUR (sogenannter Schwellenwert) überschreitet.[1]

Dabei sind mehrere innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallene Erwerbe begünstigten Vermögens zusammenzurechnen.

Wenn der (oder die) Vorerwerb(e) noch in die Zeit vor der Erbschaftsteuerreform2016 fallen, sind in die Zusammenrechnung nicht nur Vorerwerbe begünstigten Vermögens einzubeziehen, für die die Steuer nach dem 30.6.2016 entsteht, sondern auch Vorerwerbe begünstigten Vermögens, für die die Steuer nach der jeweils geltenden Gesetzeslage

  1. vor dem 1.7. 2016 bzw.
  2. vor dem 1.1.2009

entstanden ist.[2] Die Vorschrift des § 37 Abs. 12 ErbStG schränkt hierbei die Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 2 ErbStG für die Prüfung, ob mit einem Erwerb nach dem 30.6.2016 einschließlich der Erwerbe begünstigten Vermögens innerhalb von zehn Jahren von derselben Person die Prüfschwelle überschritten wird, nicht ein.[3]

Aus Sicht der Finanzverwaltung stellt die Zusammenrechnung keine unzulässige Rückwirkung dar. Sie begründet dies damit, das für die Besteuerung der früheren Erwerbe vor dem 1.7.2016 das Überschreiten des Schwellenwerts keine nachteiligen Folgen hat.[4]

Muss ein früherer Erwerb einbezogen werden, für den die Steuer zwischen dem 1.1.2009 und vor dem 1.7.2016 entstanden ist, gilt Folgendes:

Es wird als früherer Wert des begünstigten Vermögens der in der bis zum 30.6.2016 anzuwendenden Fassung ermittelte Wert von 85 % (Regelverschonung)bzw. 100 % (Optionsverschonung) des begünstigungsfähigen Vermögens zugrunde gelegt.

 
Praxis-Beispiel

Zusammentreffen von Rechtslagen bis 30.6.2016 und danach bei Unterschreiten des Schwellenwerts

Der Vater V wendet seiner Tochter Teinen Mitunternehmeranteil zu; Zeitpunkt der Steuerentstehung: März 2016.

Für den Mitunternehmeranteil wurde ein Steuerwert in Höhe von 9.450.000 EUR ermittelt. Im November 2019 erhält die T von ihrem Vater weiteres begünstigungsfähiges Vermögen in Form eines begünstigten Betriebs zugewandt. Hierfür wurde ein Steuerwert von 11.430.00 EUR ermittelt. Weder im Betrieb noch in der Mitunternehmerschaft befindet sich Verwaltungsvermögen. Es werden von T keine Anträge gestellt.

Lösung

Zuwendung im März 2016

Beurteilung der Sachlage

Für die erste Schenkung ist das bis zum 30.6.2016 geltende Recht anzuwenden.

T hat mit dem Mitunternehmeranteil begünstigungsfähiges Vermögen erhalten, daher ist der 85 %ige Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) von Amts zu berücksichtigen. Der Verschonungsabschlag von 100 % kommt nicht in Betracht, da T keinen entsprechenden Antrag gestellt hat (§ 13a Abs. 8 ErbStG). Das begünstigte Vermögen beträgt hier 9.450.000 EUR. Verwaltungsvermögen ist nicht vorhanden.

Berechnung der Steuer

Es ergibt sich somit die folgende Berechnung, wobei zu beachten ist, dass der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung kommt.

 
Steuerwert Mitunternehmeranteil 9.450.000 EUR
./.85 % Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 ErbStG) ./. 8.032.500 EUR
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 1.417.500 EUR

Dies entspricht auch der Bereicherung.

Die Erbschaftsteuer für Tochter T errechnet sich wie folgt:

 
Bereicherung 1.417.500 EUR
./. Freibetrag (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG) ./. 400.000 EUR
Steuerpflichtiger Erwerb (Abrundung entfällt) 1.017.500 EUR
Erbschaftsteuer T (Steuersatz 19 %, § 19 Abs. 1 ErbStG) 193.325 EUR

Zuwendung im November 2019

Prüfung des Schwellenwerts

Rechnet man den letzten Erwerb aus 2019 zusammen mit dem früheren Erwerb im März 2016 (insgesamt: 20.880.000 EUR), wie dies in § 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG vorgeschrieben ist, so zeigt sich, dass der Schwellenwert von 26.000.000 EUR nicht überschritten wird.

Konsequenzen für die einzelnen Zuwendungen

Für die Zuwendung in 2016

Hier bleibt es bei der bisherigen Besteuerung.

Für die Zuwendung in 2019

Hier ist der 85 %ige Verschonungsabschlag (§ 13a Abs. 1 Satz 1 ErbStG) zu berücksichtigen – ein Antrag auf die 100 %ige Steuerbefreiung wurde von T nicht gestellt. Die § 13c ErbStG (Abschmelzmodell) bzw. § 28a ErbStG (Verschonungsbedarfsprüfung) finden keine Anwendung, da der Schwellenwert in Höhe von 26.000.000 EUR nicht überschritten wurde.[5]

Berechnung der Steuer

Es ergibt sich somit die folgende Berechnung, wobei zu beachten ist, dass der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG aufgrund der Höhe des verbleibenden begünstigten Betriebsvermögens nicht zur Anwendung kommt.

 
Begünstigtes Vermögen i. S. des § 13b Abs. 2 ErbStG 11.430.000 EUR
./. 85 % Verschonungsabschlag (§13a Abs. 1 ErbStG) ./. 9.715.500 EUR
Verbleibendes begünstigtes Betriebsvermögen 1.714.500 EUR

Zu beachten ist aber auch, dass die Zusammenrechnungsvorschrift des § 14 ErbStG zu berücksichtigen ist.[6] Dementsprechend ist der letzte Erwerb (aus 2019) im Zehnjahreszeitraum mit dem Vorerwerb (aus 2016) zusammenzurechnen. Der maßgebliche Zehnjahreszeitraum ist hierbei r...

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