Leitsatz

Eine Vereinbarung, durch die ein LSt-Hilfeverein von einem anderen Verein, der seine Tätigkeit einstellen will, dessen Mitgliederstamm "erwirbt", widerspricht nicht generell Zweck und Wesen eines LSt-Hilfevereins und rechtfertigt deshalb nicht ohne Weiteres die Rücknahme der Anerkennung des Vereins.

 

Normenkette

§ 14, § 20 Abs. 1 StBerG

 

Sachverhalt

Mit einem Steuerberater war eine Vereinbarung getroffen worden, nach welcher dieser die Mitglieder eines von ihm bisher betreuten LSt-Hilfevereins, den er nicht mehr weiter betreuen wollte, gegen eine Abfindung einem neu gegründeten LSt-Hilfeverein, dem Kläger, überlassen sollte. Die Mitglieder des alten Vereins sollten von diesem nach Anerkennung des neuen Vereins angeschrieben werden und ihnen ihre zukünftige Beratung durch den neuen Verein angeboten werden. Auf diese Weise konnte der neue Verein tatsächlich 300 ehemalige Mitglieder als Mitglieder gewinnen.

Das FA hat jedoch, als ihm diese Abrede und die Zahlung einer Abfindung an jenen Steuerberater bekannt wurde, die inzwischen ausgesprochene Anerkennung des neuen Vereins zurückgenommen. Es sieht in jenem Vorgang etwas mit dem Wesen eines LSt-Hilfevereins Unvereinbares. Die hiergegen erhobene Klage hat das FG abgewiesen (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 30.09.2009, 2 K 1/09, Haufe-Index 2255823, EFG 2010, 173).

 

Entscheidung

Der BFH hat den Rücknahmebescheid aufgehoben. Ein (ungeschriebenes) Verbot, für Mitgliederwerbung in der im Sachverhalt geschilderten Weise an einen anderen etwas zu zahlen, lässt sich dem Steuerberatungsgesetz nicht entnehmen.

 

Hinweis

Lohnsteuerhilfevereine sind bekanntlich Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmern zur Hilfeleistung in Steuersachen für ihre Mitglieder. Aus dieser grundlegenden Bestimmung des § 13 StBerG folgert die Rechtsprechung seit langem, dass solche Vereine ihren Mitgliedern aufgrund ihrer Mitgliedschaft – gegenständlich beschränkt auf die in § 4 Nr. 11 StBerG bezeichneten steuerlichen Angelegenheiten – zwar steuerliche Hilfe leisten dürfen, deren Wert jedoch durch den Mitgliedsbeitrag abgegolten wird; sie dürfen also dafür kein Entgelt erheben und nach § 26 Abs. 2 StBerG auch keiner anderen wirtschaftlichen Tätigkeit als der Hilfeleistung in LSt-Sachen nachgehen.

Diese Vorgaben für Organisation und Tätigkeit von LSt-Hilfevereinen unterscheiden diese maßgeblich von Steuerberatungsgesellschaften und Steuerberatern. Gleichwohl sind LSt-Hilfevereine i.d.R. dauerhaft verfasste Organisationen, die notwendigerweise ein von ihren jeweiligen Mitgliedern weitgehend unabhängiges Eigenleben führen. Sie dürfen das auch sein, sofern nicht das Interesse der Mitglieder des Vereins, aus welchem sich dessen Existenzberechtigung im Kern herleitet, sachgemäß und gewissenhaft gegen einen für die Erfüllung dieser Aufgabe bei deren wirtschaftlichen Wahrnehmung angemessenen Beitrag steuerlich beraten und vertreten zu werden, hinter dem "Eigeninteresse" der Organisation zurückgestellt wird. Es ist daher nicht als ein mit dem Wesen eines LSt-Hilfevereins nicht vereinbares Verhalten zu beanstanden, wenn ein solcher Verein sich durch entsprechende Absprachen mit einem anderen darum bemüht, dessen Mitgliederstamm zu übernehmen und zur Grundlage seiner eigenen Vereinstätigkeit zu machen (oder wenn er schlicht in anderer Weise, z.B. durch Werbemaßnahmen, seinen Mitgliederstand zu vergrößern trachtet). Der Verein darf für eine solche Absprache auch ein (angemessenes) Entgelt zu zahlen versprechen.

Allerdings sind dem Wirtschaften eines LSt-Hilfevereins in dieser Hinsicht engere Grenzen gesetzt als einem Steuerberater oder einer Steuerberatungsgesellschaft, die keine Beiträge zu ihren Kosten, sondern Gebühren für ihre dem Mandanten erbrachten Leistungen erheben. Sie sind deshalb insbesondere auch in der Bemessung des Entgelts für den Erwerb eines Mandantenstamms nicht frei!

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 24.08.2010 – VII R 49/09

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