Leitsatz

Die von einem Betrieb gewerblicher Art für die Nutzung öffentlicher Flächen an seine Trägerkörperschaft entrichteten Sondernutzungsentgelte mindern den Gewinn des Betriebs gewerblicher Art (Änderung der Rechtsprechung).

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 Abs. 1, § 4 Abs. 5, § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG

 

Sachverhalt

Eine Stadt hatte sich gegenüber einer von mehreren Entsorgungsunternehmen gegründeten Arbeitsgemeinschaft im Rahmen des sog. Dualen Systems vertraglich zum Einsammeln von Altglas, Papier und Leichtverpackungen durch Aufstellung entsprechender Depotcontainer an verschiedenen Standorten im Stadtgebiet sowie durch Zurverfügungstellung von Papiertonnen und Kunststoffsäcken verpflichtet. Die Container werden durch beauftragte Unternehmen, die ­sonstigen Behälter durch eigene Bedienstete der Stadt geleert. Die Stadt behandelte diese gegen Entgelt ausgeübte Tätigkeit für die Arbeitsgemeinschaft als Betrieb gewerblicher Art.

Für die Nutzung der öffentlichen Straßen und Plätze erteilte sie diesem Betrieb gewerblicher Art eine wegerechtliche Sondernutzungserlaubnis und erhob zugleich Sondernutzungsgebühren nach Maßgabe der einschlägigen Gebührensatzung (i.H.v. jährlich rd. 500 000 DM).

Das FA vertrat die Auffassung, die Sondernutzungsgebühren seien wie vGA zu behandeln.

Das FG (EFG 2007, 288) gab der Stadt recht ...

 

Entscheidung

... wie der BFH: Da mit der wegerechtlichen Gebühr für die Containeraufstellung Betriebe gewerblicher Art ebenso belastet würden wie private Anbieter, fehle die "innere" Rechtfertigung dafür, solche Entgelte bei dem Betrieb gewerblicher Art "wie" vGA zu behandeln. Die Gebühr werde hoheitlich auferlegt und treffe alle Nutzer gleich.

 

Hinweis

1. (Kommunale) Trägerkörperschaften und ihre Betriebe gewerblicher Art werden seit jeher steuerlich (fiktiv) so behandelt, als stünden sie im Verhältnis von Körperschaft und Alleingesellschafter. Grund dafür ist eine simulierte Wettbewerbssituation: Öffentliche Leistungsanbieter sollen aus ihrer besonderen Stellung keinen Vorteil gegenüber privaten Anbietern mit entsprechenden ­Leistungen erlangen können.

2. Deswegen werden interne Vereinbarungen zwischen der Trägerkörperschaft und ihrem Betrieb gewerblicher Art bei der Gewinnermittlung grundsätzlich (nur) beachtet, wenn sie auch bei der Besteuerung der Kapitalgesellschaft zu beachten wären.

Eine Ausnahme davon gilt für Vereinbarungen, aufgrund derer eine Trägerkörperschaft ihren ­Betrieb gewerblicher Art mit Miet- oder Pachtzinsen für Wirtschaftsgüter belastet, die der Trägerkörperschaft gehören, wenn die Trägerkörperschaft dem Betrieb wesentliche Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlassen hat. Derartige Vereinbarungen dürfen nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, da sonst der Zweck des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG, die Betriebe der öffentlichen Hand gegenüber den Gewerbebetrieben der Privatwirtschaft steuerlich nicht zu begünstigen, vereitelt würde. Diese Begünstigung besteht da­rin, dass die Trägerkörperschaft bei steuerrechtlicher Berücksichtigung der Vereinbarung den durch den Betrieb gewerblicher Art erzielten Gewinn um die Miet- oder Pachtzinsen mindern könnte und diese i.d.R. nicht versteuern müsste, während der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft, der der Gesellschaft wesentliche Betriebsgrundlagen vermietet oder verpachtet, nach den Grundsätzen der Betriebsaufspaltung die durch die Vermietung oder Verpachtung erzielten Einkünfte als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu versteuern hat.

Soweit die Minderung des dem Betrieb gewerblicher Art gewidmeten Vermögens auf einer Vereinbarung zwischen dem Betrieb und seiner Trägerkörperschaft beruht, die der Besteuerung nicht zugrunde zu legen ist, wird die Vermögensminderung bei der Gewinnermittlung "wie" eine vGA behandelt.

3. An dieser langjährigen Rechtsprechung hält der BFH nach wie vor prinzipiell fest. Er lässt nunmehr aber eine Rückausnahme zu:

Belastet die Trägerkörperschaft ihren Betrieb gewerblicher Art mit einer Sondernutzungsgebühr, dann liegt da­rin zwar -- aus wirtschaftlicher Sicht -- auch eine Art von Miete. Jedoch wird die Gebühr hoheitlich festgesetzt und vereinnahmt. Sie hat keinen erwerbswirtschaftlichen Charakter. Im Gegenteil: Indem der Betrieb gewerblicher Art mit der Gebühr ebenso belastet wird wie ein Privater, wird gerade die geforderte Gleichbehandlung erreicht. Zu einer vGA könnte man in einer solchen Situation nur dann gelangen, wenn das Sondernutzungsentgelt für den Betrieb gewerblicher Art höher wäre als in der Gebührensatzung vorgesehen oder von anderen Nutzern verlangt wird.

4. Der BFH hat damit seine insoweit entgegenstehende Rechtsprechung im Urteil vom 17.05.2000, I R 50/98 (BStBl II 2001, 558) aufgegeben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 06.11.2007, I R 72/06

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