OFD Kiel, 26.03.1999, S 2252 a - St 111

Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind steuerpflichtig Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen jeder Art, wenn die Rückzahlung des Kapitalvermögens oder ein Entgelt für die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung zugesagt oder gewährt worden ist, auch wenn die Höhe des Entgelts von einem ungewissen Ereignis abhängt. Dies gilt unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage.

Mit dem Tatbestandsmerkmal „oder gewährt worden ist” sollen die Fälle erfaßt werden, in denen ohne eine ausdrückliche oder stillschweigende Vereinbarung die Rückzahlung des überlassenen Kapitals oder die Leistung eines Entgelts aufgrund der Ausgestaltung der Kapitalanlage sicher ist (BMF-Schreiben vom 21.7.1998, Karte 3.16).

Dies bedeutet, daß zum Zeitpunkt der Emission aufgrund der Ausgestaltung der Kapitalanlage eine wirtschaftliche Vergleichbarkeit zu den Fällen mit ausdrücklicher oder stillschweigender Vereinbarung gegeben sein muß. Eine rückschauende Betrachtung, ob eine sichere Kapitalrückzahlung bzw. ein sicherer Kapitalertrag vorliegt, ist nicht möglich.

Es ergeben sich drei Möglichkeiten, die zu einer Steuerpflicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG führen können:

  • Sowohl die Rückzahlung des Kapitals als auch der Kapitalertrag ist gesichert (Erträge aus festverzinslichen – mit gleichmäßiger oder ungleichmäßiger Verzinsung – Kapitalforderungen, Auf- und Abzinsungspapiere).
  • Die Rückzahlung des Kapitals ist gesichert, ein Kapitalertrag ist jedoch unsicher.
  • Ein Kapitalertrag ist gesichert, die Rückzahlung des Kapitals ist jedoch unsicher.

Sofern keine der drei vorgenannten Tatbestandsalternativen zu bejahen ist, ist eine Steuerpflicht gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu verneinen.

Es ist jedoch zu prüfen, ob ggf. eine Steuerpflicht nach anderen Vorschriften insbesondere gemäß § 22 Nr. 2 EStG i.V.m § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 b EStG – ab Veranlagungszeitraum 1999 § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG und darüber hinaus § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG gegeben ist.

Geschäfte, die lediglich auf die Differenz zwischen den Börsen- oder Marktpreisen zum Basispreis eines Basiswerts zu bestimmten Stichtagen gerichtet sind, unterlagen nach der Rechtsprechung nicht der Spekulationsbesteuerung da sie nicht die Lieferung von Wirtschaftsgütern zum Gegenstand haben – entweder weil bei lieferbaren Gegenständen nur auf die Differenz zwischen Börsen- oder Marktpreis zum Basispreis zu verschiedenen Zeitpunkten abgestellt wird (z.B. bei Waren-, Wertpapier und Devisentermingeschäften) oder weil die Basiswerte von ihrer Natur her nicht lieferbar sind (z.B. Aktienindex ECU, Euro). Diese Behandlung erschien dem Gesetzgeber nicht sachgerecht, da es sich bei diesen Geschäften um eine typische Spekulation handelt, die vom Normbereich und Gesetzeszweck des § 23 EStG abgedeckt wird. Die Besteuerung dieser Geschäfte wird nunmehr durch die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 eingeführte Neuregelung in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG abgedeckt.

Von der neuen Formulierung erfaßt werden z.B. nicht nur Waren- und Devisentermingeschäfte mit Differenzausgleich einschließlich Swaps, lndex-Optionsgeschäfte oder Futures. Darüber hinaus sollen auch lndexzertifikate und Optionsscheine zu den Termingeschäften i.S.d § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG gehören. Der Besteuerung unterliegen sollen allgemein Geschäfte, die ein Recht auf Zahlung eines Geldbetrags oder auf einen sonstigen Vorteil (z.B. Lieferung von Wertpapieren) einräumen, der sich nach anderen Bezugsgrößen (z.B.: Wertentwicklung von Wertpapieren, Indices, Futures, Zinssätzen) bestimmt. Hinsichtlich der Definition der vorstehenden Begriffe vgl. ABC Teil B.

Da die gesetzliche Formulierung „unabhängig von der Bezeichnung und der zivilrechtlichen Ausgestaltung der Kapitalanlage” auf eine wirtschaftliche Betrachtungsweise abstellt, kommt dem Erfordernis der sichereren Kapitalrückzahlung und/oder des sichereren Kapitalertrags eine entscheidende Bedeutung zu.

§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG setzt für die Annahme von Einkünften aus Kapitalvermögen nicht die vollständige Rückzahlung des überlassenen Kapitalvermögens voraus. Die Erträge gehören nach dieser Vorschrift auch dann zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn nur die teilweise Rückzahlung des Kapitalvermögens zugesagt worden ist.

Nicht die Bezeichnung oder zivilrechtliche Ausgestaltung der Kapitalanlage, sondern allein der wirtschaftliche Inhalt der Vereinbarung ist maßgebend für die einkommensteuerrechtliche Behandlung, so daß die Bezeichnungen einiger Finanzprodukte deren einkommensteuerrechtlicher Behandlung widersprechen können.

So fallen Optionsscheine grundsätzlich nicht unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Eine abweichende Beurteilung gilt jedoch z.B. für die klassischen „Bandbreiten-Optionsscheine”(„Range Warrants”) bzw. für die sogenannten „Capped Warrants” (siehe die entsprechenden Stichwörter im ABC Teil A), da sowohl die Rückzahlung des Kapitals als auch der Kapitalertrag gesichert ist.

Dagegen ist der Ertrag von Anl...

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