Nach dem Wortlaut des § 13b Abs. 9 Satz 2 ErbStG sind junge Finanzmittel und junges, sonstiges Verwaltungsvermögen i.R.d. Verbundvermögensaufstellung auf oberster Ebene zusammenzufassen und gesondert aufzuführen. Unter dem Aspekt dieser "transparenten Betrachtungsweise" der Verbundvermögensaufstellung könnte geschlussfolgert werden, dass im Verbund befindliches nicht junges sonstiges Verwaltungsvermögen nicht allein dadurch als jung eingestuft werden kann, weil eine verbundinterne Umstrukturierung durchgeführt wird. Nach dem Aspekt der transparenten Betrachtungsweise müsste m.E. unverändert kein junges sonstiges Verwaltungsvermögen auf Ebene der obersten Gesellschaft festgestellt werden, da die Zugehörigkeit zum Verbund unverändert bleibt. Die Ansicht der Finanzverwaltung ist weiterhin gem. R E 13b.27 Satz 1 i.V.m. R E 13b.29 Abs. 4 ErbStR 2019 i.V.m. § 13b Abs. 10 ErbStG, dass auch solche Wirtschaftsgüter junges sonstiges Verwaltungsvermögen werden können, die im Verbund innerhalb von zwei Jahren von einer Verbund-Gesellschaft in eine andere Verbund-Gesellschaft eingelegt werden oder diese Übertragung i.R. eines entgeltlichen Erwerbsvorgangs erfolgt (strenge "gesellschaftsbezogene Betrachtungsweise"). Die Finanzverwaltung orientiert sich damit primär am Zurechnungszeitraum des sonstigen Verwaltungsvermögens zur haltenden Gesellschaft, unabhängig davon, durch welchen Transportweg die Zurechnung begründet wird (vgl. Schwind, ZEV 2020, 674 ff. m.w.N.; BFH v. 22.1.2020 – II R 18/18, ZEV 2020, 574; BFH v. 22.1.2020 – II R 41/18, ZEV 2020, 577; zur Parallelentscheidung s. ErbStB 2020, 282 [Marfels]). Im Ergebnis vertritt die Finanzverwaltung zwar die Auffassung der "transparenten Betrachtungsweise", indem eine Zusammenfassung i.R.d. Verbundvermögensaufstellung erfolgen soll, jedoch explizit in Form einer Zusammenfassung der Einzelfeststellungen bzw. -würdigung i.S.d. "gesellschaftsbezogenen Betrachtungsweise" für jede einzelne Verbundeinheit, wodurch im Ergebnis eine "transparent-zusammenfassende-gesellschaftsbezogene-Betrachtungsweise" Anwendung findet.

Beraterhinweis Mit Blick auf die steuerliche Beratung einer noch durchzuführenden Übertragung sollte die Ist-Analyse i.R. eines sog. Probesterbens der bisherigen Auffassung der Finanzverwaltung i.S. einer "transparent-zusammenfassenden-gesellschaftsbezogenen-Betrachtungsweise" folgen, bis Rechtsklarheit in der Anwendung zwischen diesen beiden Betrachtungsweisen vorliegt.

Werden nun schlussfolgernd ausgewählte Umstrukturierungen betrachtet, führen Aufwärts-, Abwärts- und Seitwärtsverschmelzungen sowie Anwachsungen dazu, dass sonstiges Verwaltungsvermögen der übertragenden Gesellschaft als junges sonstiges Verwaltungsvermögen zu qualifizieren ist. Hingegen führt ein Formwechsel nicht zu jungem sonstigen Verwaltungsvermögen, da die rechtliche Identität des Rechtsträgers i.R.d. Änderung der Rechtsform gewahrt bleibt und keine Vermögensübertragung stattfindet. Auch beim Formwechsel einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft kann das der Gesellschaft durch den Gesellschafter überlassende Grundstück nicht junges sonstiges Verwaltungsvermögen werden, da es trotz Einlage in das SBV gem. § 13b Abs. 4 Nr. 1 Satz 2 lit. a) ErbStG an der grundsätzlichen Qualifikation als junges sonstiges Verwaltungsvermögen mangelt.

Auch bei Einbringungen entsteht nur dann kein junges sonstiges Verwaltungsvermögen, wenn kein Rechtsträgerwechsel beim Verwaltungsvermögen erfolgt, wie z.B. im Fall der Einbringung von Mitunternehmeranteilen an einer Personengesellschaft, die das sonstige Verwaltungsvermögen selbst im Gesamthandsvermögen hält. Dies ist analog auf die Einbringung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft anzuwenden, wenn die übernehmende Gesellschaft nach der Einbringung mehr als 25 % der Anteile an diese Kapitalgesellschaft hält, da sonst der Anteil von kleiner, gleich 25 % an sich selbst junges sonstiges Verwaltungsvermögen wäre. Ebenfalls analog zu beurteilen ist die Abspaltung von Teilbetrieben i.S. einer 100 %-Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft oder von Mitunternehmeranteilen, so dass auch hier mangels Rechtsträgerwechsel beim sonstigen Verwaltungsvermögen keine Qualifizierung als jung stattfinden sollte. Liegt jedoch eine Einbringung eines Einzelunternehmens vor, liegt ein Rechtsträgerwechsel durch Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern vor, der zu jungem sonstigen Verwaltungsvermögen führen kann (vgl. Butler Ransohoff, NWB-EV 2020, 344, 347 m.w.N.; Schwind, ZEV 2020, 674 ff. m.w.N.; Bron/Grosse, ZEV 2020, 460 ff. m.w.N.).

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