Tz. 118

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

Alle Rücklagen müssen von der st-begünstigten Kö in ihrer Rechnungslegung (zB Vermögensübersicht) – ggf in einer Nebenrechnung – in einer solch klaren Form gesondert ausgewiesen werden, dass eine Kontrolle jederzeit und ohne besonderen Aufwand möglich ist. Soweit Mittel nicht schon im Jahr des Zuflusses für die st-begünstigten Zwecke verwendet oder zulässigerweise dem Vermögen (Rücklagen) zugeführt werden, muss nach dem BMF-Schr v 14.12.1994 (BStBl I 1995, 40) ihre zeitnahe Verwendung durch eine Nebenrechnung (Mittelverwendungsrechnung) nachgewiesen werden. S auch AEAO Nr 14 zu § 62 Abs 2.

In der Praxis ist es schwierig, aus den Vermögensaufstellungen oder Bil der st-begünstigten Kö zu erkennen, welche Mittel bereits für die satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt (investiert) sind, welche Mittel der zulässigen Vermögensverwaltung zugeordnet werden können oder welche Mittel noch der zeitnahen Verwendungspflicht unterliegen.

So können die Rücklagen im bil-technischen Sinne nicht mit den Mitteln gleichgesetzt werden, die noch für st-begünstigte Zwecke zu verwenden sind. Denn in der Bil als Rücklagen dargestellte Mittel können möglicherweise bereits ganz oder tw in solche WG des AV investiert worden sein, die für st-begünstigte Zwecke eingesetzt sind oder zB der zulässigen Vermögensverwaltung zuzuordnen sind.

Nachweis über Mittelverwendung

Die gemeinnützige Kö trägt die Feststellungslast dafür, dass sie ihre Mittel zeitnah für gemeinnützige Zwecke verwendet hat. Wie sie diesen Nachw führt, ist ges nicht vorgeschrieben. Die Fin-Verw hat es bislang unterlassen, die Anforderungen an die Nachw-Erbringung zu definieren. Sofern sich aus der Jahresrechnung oder der Bil der gemeinnützigen Kö ergibt, dass nicht gegen das Gebot der zeitnahen Mittelverwendung verstoßen wurde, ist das Erstellen einer gesonderten Mittelverwendungsrechnung überflüssig. Von der Fin-Verw wurde mittlerweile angeregt, einen bundeseinheitlichen Standard zur Mittelverwendungsrechnung sowie zur Darstellung einer Rücklagenbildung zu schaffen. Dadurch soll die Aussage im AEAO Nr 29 S 3 zu § 55 Abs 1 Nr 5 bundeseinheitlich geregelt werden. Die verw-interne Diskussion hierzu ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Die weitere Entwicklung bleibt abzuwarten.

Ob die Mittelverwendungsrechnung in die allg Rechnungslegung integriert wird oder aber in der Form einer gesonderten Nebenrechnung zur Jahresrechnung erstellt wird, ist nach den Verhältnissen des Einzelfalls zu entscheiden. Zu den Neuerungen bei der zeitnahen Mittelverwendung und Rücklagenbildung s auch Spitaler/Schröder (DStR 2014, 2144 und 2194).

 

Tz. 119

Stand: EL 103 – ET: 09/2021

Schema "Mittelverwendungsrechnung"

 
Verwendungsrechnung
Gesamtbetrag der Mittel
  Sachanlagevermögen, Vorräte
+ Finanzanlagen, Bank, Kasse
+ Forderungen (soweit werthaltig)
= Zwischensumme
./. bereits für st-begünstigte Zwecke eingesetzte Mittel (= nutzungsgebundenes Vermögen, zB ZwB)
./. Verbindlichkeiten und Rückstellungen (ohne Sonderposten nach dem Ges zur wirtsch Sicherung der Krankenhäuser, s BFH-Urt v 19.07.1995, BStBl II 1996, 28)
./. WG der stfreien Vermögensverwaltung (zB vermietetes Grundstück, Ansatz mit Bw)
./. WG der stpfl wG (Bw)
./. Rücklagen nach § 62 Abs 1 Nr 1, Nr 2, Nr 3, Nr 4, Abs 3 und Abs 4 AO

 

Beispiel 1:

Eine gemeinnützige Behinderteneinrichtung in der Rechtsform der Stiftung weist in ihrer Bil zum 31.12.2020 folgende Werte aus:

 
Aktiva 31.12.2020 Passiva
Grund und Boden 80 0000 EUR Stammkapital 50 0000 EUR
Gebäude 2 000 000 EUR Rücklagen 3 000 000 EUR
Inventar 20 000 EUR Verbindlichkeiten 150 0000 EUR
Sonstige Wirtschaftsgüter 20 0000 EUR    
  5 000 000 EUR   5 000 000 EUR

Lösung:

Die Rücklagen im bil-technischen Sinne sind keine Mittel iSd § 55 Abs 1 Nr 5 AO, sondern stellen vielmehr "nutzungsgebundenes Kap" dar. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung liegt deshalb nicht vor.

 

Beispiel 2:

Ein gemeinnütziger Kindergartenverein hat aus Gewinnen und Spenden Mittel iHv 300 000 EUR zulässigerweise in einer Projektrücklage nach § 62 Abs 1 Nr 1 AO angesammelt und in der Bil in einer Nebenrechnung auch als solche ausgewiesen. In 2020 wird der von vornherein geplante Kindergartenneubau errichtet. Die angesammelten Barmittel werden für st-begünstigte Zwecke verwendet.

Lösung:

  • Sofern der Kindergarten in seiner Bil zum 31.12.2020 weiterhin eine entspr bilanzielle Rücklage ausweist, stehen ihr keine "Mittel" iSd § 55 Abs 1 Nr 5 AO mehr gegenüber, die noch für st-begünstigte Zwecke zu verwenden wären, sondern WG (= Kindergartenneubau), die bereits für satzungsmäßige Zwecke eingesetzt sind.
  • Aufgr der Verwendung der zweckgebundenen Rücklage für den Kindergartenneubau kann die bilanzielle Rücklage zB in einer Nebenrechnung auch in "nutzungsgebundenes Kap" umgegliedert werden.
  • Ein Verstoß gegen den Grundsatz der zeitnahen Mittelverwendung nach § 55 Abs 1 Nr 5 AO liegt also nicht vor.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge