Tz. 500

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

In Anlehnung an die bisherige Regelung in § 12 Abs 1 KStG aF erweitert § 12 Abs 3 KStG den Entstrickungstatbestand des § 12 Abs 1 KStG bei Verlegung des Orts der Geschäftsleitung oder des Sitzes einer Kö, Per-Vereinigung oder Vermögensmasse eines EU- oder EWR-Staats in einen Drittstaat, sofern

  • die Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse hierdurch aus der unbeschr StPflicht in einem dieser Staaten ausscheidet (S 1) oder
  • infolge der Sitzverlegung abkommensrechtlich als außerhalb des Hoheitsgebiets eines EU- oder EWR-Staats ansässig anzusehen ist (S 2).
 

Tz. 501

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Für die Anwendung des § 12 Abs 3 KStG ist es unbeachtlich, ob dt Besteuerungsrechte ausgeschlossen oder beschr werden. Ebenso ist es uE unbeachtlich, ob die Gesellschaft überhaupt im Inl stpfl ist (s hierzu Tz 503).

Vor dem Hintergrund der mit dem SEStEG vollzogenen Öffnung des UmwStG für grenzüberschreitende Umwandlungen innerhalb des EU/EWR kann die Regelung uE nur als "Ergänzung" des pers Anwendungsbereichs des § 1 UmwStG 2006 verstanden werden, welche die Europäisierung des UmwStG flankierend sicherstellen und Umgehungsgestaltungen durch Zuzugs- und Wegzugsgestaltungen verhindern soll. Ein solcher Regelungszweck dürfte uE einer "teleologischen Reduzierung" widersprechen (so auch s Frotscher, in F/D, § 12 KStG Rn 173; aA s Eickmann/Stein, DStZ 2007, 723, 725; s Pfirrmann, in Blümich, § 12 KStG Rn 100 mwNachw, die in der wortlautgetreuen Anwendung eine sachlich nicht gerechtfertigte und verfassungswidrige Übermaßbesteuerung sehen).

[1] § 12 Abs 3 KStG aufgehoben mit Wirkung zum VZ 2022 durch das KöMoG v 25.06.2021 (BGBl I 2021, 2050).

5.1 Persönlicher Anwendungsbereich

 

Tz. 502

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Von § 12 Abs 3 S 1 KStG sind sämtliche Kö, Pers-Vereinigungen und Vermögensmassen erfasst, die aufgrund eines oder beider genannter Merkmale (statutarischer Sitz oder Ort der Geschäftsleitung) in einem Mitgliedstaat der EU oder in einem Staat, auf den das EWR-Abkommen (Island, Liechtenstein, Norwegen) Anwendung findet, unbeschr stpfl sind. § 12 Abs 3 KStG gilt daher gleichermaßen für im Inl unbeschr stpfl Kö, Pers-Vereinigungen und Vermögensmassen iSd § 1 Abs 1 Nr 1 bis 6 KStG als auch im EU/EWR-Ausl ansässige Kö, Pers-Vereinigungen und Vermögensmassen, die dort in einem der unbeschr KSt-Pflicht vergleichbaren Umfang der Besteuerung unterliegen.

 

Tz. 502a

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

Nach dem durch das Brexit-StBG neu eingefügten § 12 Abs 3 S 4 KStG führt allein der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland nicht zu einem Ausscheiden einer Kö, Pers-Vereinigung oder Vermögensmasse aus der unbeschr StPflicht in einem Mitgliedstaat der EU. Damit wird der Anwendungsbereich des § 12 Abs 3 S 1 KStG um Kö, Pers-Vereinigungen oder Vermögensmassen mit Sitz iSd § 11 AO oder Ort der Geschäftsleitung iSd 10 AO im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland erweitert. Diese sind – sofern sie es im Zeitpunkt des Brexits auch tatsachlich waren – für Zwecke des § 12 Abs 3 KStG weiterhin als der unbeschr StPflicht in einem Mitgliedstaat der EU unterfallend zu behandeln (s BT 19/7377, 21). Die Neuregelung zielt zwar vordergründig auf nach britischem Recht gegründete bzw errichtete Kö (insbes Limited), Pers-Vereinigungen oder Vermögensmassen ab, sie ist aber – anders als zB § 12 Abs 4 KStG – nicht hierauf begrenzt. Dh auch Kö, Pers-Vereinigungen oder Vermögensmassen, die nach dem Recht anderer Staaten gegründet bzw errichten worden sind, die ihren Ort der Geschäftsleitung iSd 10 AO aber im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland haben, werden hiervon ebenso erfasst (zB Kö deutscher oder us-amerikanischer Rechtsform mit Ort der Geschäftsleitung iSd § 10 AO im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland).

 

Tz. 502b

Stand: EL 105 – ET: 03/2022

§ 12 Abs 3 S 4 KStG hat Bedeutung für den Fall eines Brexits ohne Austrittsabkommen mit der EU ("No-deal-Scenario") sowie für den Zeitraum nach Ablauf einer in einem Austrittsabkommen vereinbarten Übergangsfrist (s Tz 26a) und setzt uE voraus, dass eine unbeschr StPflicht in zeitlicher Hinsicht im Zeitpunkt des Brexits bzw im Fall eines Austrittsabkommens im Zeitpunkt des Ablaufs der Übergangsfrist und in räumlicher Hinsicht im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland bestanden haben muss (idS auch Kudert/Kahlenberg, FR 2019, 250, 251). Dh auf eine Kö, die erst nach dem Brexit ex nihilo gegründet wird oder die nicht im Vereinigten Königreich der unbeschr StPflicht unterlag, findet § 12 Abs 3 S 4 KStG grds keine Anwendung, da es sich insoweit auch nicht um die vom Brexit-StBG bezweckte "Wahrung des Status quo" (s BT-Drs 19/7377, 15) handeln kann.

 

Beispiel:

Die X-Limited mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in London wird erst nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland ex nihilo gegründet. Sie verfügt über eine BetrSt in Berlin. Sie verlegt ihren Sitz und Ort der Geschäftsleitung in einen anderen Drittstaat.

Lösung:

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