Tz. 96

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Der Begriff des freiberuflichen Teilbetriebs in § 18 Abs 3 S 1 EStG ("selbständiger Teil des Vermögens") ist dem § 16 EStG nachgebildet und hat daher grds dieselben Voraussetzungen, die auch an einen gew Teilbetrieb gestellt werden (s Urt des BFH v 22.12.1993, BStBl II 1994, 352 unter II. Nr 1; v 05.06.2003, BStBl II 2003, 838 unter 1.). Die Besonderheit der Eink aus § 18 EStG liegt darin, dass hier die persönlichkeitsbezogene Tätigkeit des Stpfl und nicht so sehr der Einsatz von Kap und materiellen Betriebsmitteln (Anlagevermö gen) im Vordergrund steht. Auch der Wert der Praxis wird in erster Linie durch die Tüchtigkeit und Leistungsfähigkeit des Praxisinhabers bestimmt. Die Verwendung von Sachmitteln ist daher bei der Beurteilung einer Teilpraxis nicht von so entscheidender Bedeutung wie bei einem gew Teilbetrieb (s Urt des BFH v 29.10.1992, BStBl II 1993, 182 unter I. 5 a aE).

Die Teilpraxis muss für sich gesehen einen freiberuflichen Charakter haben (dazu s Tz 88).

 

Tz. 97

Stand: EL 84 – ET: 08/2015

Die Annahme einer Teilpraxis setzt das allgemeine Angebot freiberuflicher Leistungen voraus, die sich von den übrigen Tätigkeiten deutlich abgrenzbar unterscheiden. Die Unterscheidung ist entweder nach sachlichen (dh funktional verschiedenartige Tätigkeiten mit zugehörigen unterschiedlichen Kundenkreisen, 1. Fallgruppe, s Tz 100) oder örtlichen Gesichtspunkten (dh räumliche Trennung der Wirkungsbereiche bei gleichartiger Tätigkeit, 2. Fallgruppe, s Tz 98f) zu treffen (ständige Rspr; zuletzt s Urt des BFH v 01.07.2004, BFH/NV 2005, 31 und v 04.11.2004, BStBl II 2005, 208).

Nach Auff des BFH gilt die Betrachtung der Beurteilung einer Teilpraxis nach den vg beiden Fallgruppen jedenfalls in nahezu allen in der Praxis auftretenden Sachverhalten. Hieraus folgt, dass die Nichterfüllung der den Fallgruppen zukommenden Indizien gegen eine Teilpraxis sprechen. Neben diesen Fallgruppen kann sich die für einen Teilbetrieb erforderliche gewisse Selbständigkeit aber bei ganz besonderen Gegebenheiten auch aus anderen Umständen des Einzelfalls ergeben (quasi "3. Fallgruppe: Untypische Spezialfälle"). Ein solcher Spezialfall einer Teilpraxis ist anzunehmen, wenn der eingebrachte Bereich des freiberuflich tätigen Unternehmens als ehemals selbständiger Betrieb erworben worden ist und hinzukommt, dass bis zur Einbringung dieser einstige Betrieb im Gesamtunternehmen nicht wirtsch und organisatorisch eingegliedert worden, sondern vielmehr im Wes in seinem Zustand belassen und unverändert fortgeführt worden ist. Einer räumlichen Abgrenzung gegenüber der Tätigkeit im "Altbetrieb" bedarf es in diesem Fall sodann nicht (s Urt des BFH v 26.06.2012, BStBl II 2012, 777; krit s Kempermann, FR 2013, 80 und s Wacker, in Schmidt, 34. Aufl, § 18 EStG Rn 250). Hier kommt es auf die besonderen Konstellationen des konkreten Einzelfalls an (zu denen auch die Dauer der Zeitspanne zwischen Erwerb einer eigenständigen Praxis und Einbringung gehört). Eine solche für die Teilbetriebseigenschaft unschädliche Fortführung ist uE nicht anzunehmen, wenn nach Erwerb der Praxis neue Mandate an dem Praxis-Standort (nicht unerheblich) hinzuerworben werden und dieser Zugang nicht nur durch die Belegenheit des Büros begründet ist. Dies ist zB denkbar, wenn der Praxis-Standort von einer überregional (international) tätigen Sozietät mit einem renommierten Ruf (Praxiswert)erworben worden ist und beim Abschluss von Mandantenverträgen entscheidungserheblich ist, dass unabhängig von der Betreuung vor Ort ein jederzeitiger Rückgriff auf Spezialwissen im Gesamtunternehmen gewährleistet ist.

2.2.3.6.1 Teilpraxis bei verschiedenen Wirkungsbereichen

 

Tz. 98

Stand: EL 77 – ET: 04/2013

Nach ständiger Rspr liegen bei einer sachlich (dh bezogen auf die Tätigkeit) einheitlichen Praxis selbständige Praxisteile vor, wenn in vd Büros mit besonderem Personal (gleichartige) Tätigkeiten ausgeübt werden, die sich an Mandanten/Kunden in örtlich getrennten Wirkungsbereichen wenden (grundlegend s Urt des BFH v 27.04.1978, BStBl II 1978, 562; v 06.03.1997, BFH/NV 1997, 746). Die vd Büros (Geschäftsstellen) müssen organisatorisch getrennt sein. Sie können sich daher auch am gleichen Ort befinden. Die Mandantenkreise müssen aber (streng) räumlich voneinander getrennt und abgegrenzt sein. Die Kritik im Schrifttum, der BFH stelle die räumliche Trennung der Tätigkeitsbereiche zu sehr in den Vordergrund, hat der BFH unter Hinw auf die besonderen Merkmale der freien Berufe ausdrücklich zurückgewiesen (s Urt des BFH v 29.10.1992, BStBl II 1993, 182 unter I. 3.ff.).

 

Tz. 99

Stand: EL 74 – ET: 04/2012

Keine selbständige und lebensfähige Praxisteile sind gegeben, wenn sich die Wirkungskreise für vd Abteilungen einer sachlich einheitlichen Praxis örtlich überschneiden (s Urt des BFH v 29.10.1992, BStBl II 1993, 182 unter I. Nr. 5 b aE). Gleiches gilt, wenn die Kundenkreise lediglich nach organisatorischen Grundsätzen unterscheidbar sind, ohne dass sich diese Unterscheidung auch räumlich nachvollziehen lässt (dh Differenzierung von Ku...

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