Leitsatz

1. Die Befugnis des Steuerberaters zur Zeugnisverweigerung nach § 84 Abs. 1 FGO i.V.m. § 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO bezieht sich auch auf die Identität des Mandanten und die Tatsache seiner Beratung.

2. Ergeben sich solche Tatsachen aus vorzulegenden Urkunden (Postausgangsbuch, Fahrtenbuch), so erstreckt sich das Zeugnisverweigerungsrecht auch darauf (§ 85 FGO i.V.m. § 104 Abs. 1 AO).

 

Normenkette

§ 102 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. b AO , § 102 Abs. 2 AO , § 104 Abs. 1 AO , § 84 FGO , § 85 FGO

 

Sachverhalt

Die Kläger sind mit ihrer Klage beim FG unterlegen. Das FG bestätigte die Einspruchsentscheidung mit der Begründung, die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass sie fristgerecht Einspruch eingelegt hätten.

Die bevollmächtigte Steuerberatungsgesellschaft hatte zum Nachweis des rechtzeitigen Einwurfs des Einspruchsschreibens beim FA Kopien des Postausgangsbuchs und des Fahrtenbuchs des angestellten Beraters vorgelegt, in denen allerdings bis auf eine Zeile alle Eintragungen abgedeckt waren. Der Berater berief sich auf sein Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht zum Schutz seiner Mandanten.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das Auskunfts- und Zeugnisverweigerungsrecht des Beraters. Postausgangsbücher oder Fahrtenbücher bräuchten nicht vorgelegt zu werden, soweit sich aus ihnen Namen von Mandanten ergäben.

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück. Denn geschützt seien nur die Namen der anderen Mandanten. Aus den weiteren Eintragungen hätte sich aber der Sachverhalt möglicherweise weiter aufklären lassen, und zwar ohne dass daraus ohne weiteres auf die Identität des Mandats hätte geschlossen werden können.

Das FG wird nun prüfen müssen, ob sich anhand der weiteren Eintragungen – freilich bei Unkenntlichmachung der Mandantennamen – die Frage der Rechtzeitigkeit des Einspruchs weiter aufklären lässt.

 

Hinweis

Zum Schutz von Berufsgeheimnissen steht den Angehörigen bestimmter Berufe, darunter auch Steuerberatern, einAuskunftsverweigerungsrecht in beruflichen Angelegenheiten zu. Dadurch soll dem Berufsträger ein durch seine berufliche Tätigkeit verursachter Interessenkonflikt zwischen der Wahrung des höchstpersönlichen Vertrauensverhältnisses einerseits und dem Interesse der Allgemeinheit an einer wahrheitsgemäßen Sachverhaltsaufklärung andererseitserspart bleiben.

Der Berufsangehörige kann sich in allen steuerrechtlichen Verwaltungsverfahren, sofern nicht für spezielle Verfahrensarten abweichende Regelungen gelten, sowie im außergerichtlichen Rechtsbehelfsverfahren und im finanzgerichtlichen Verfahren auf sein Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht berufen (§§ 102, 365 Abs. 1 AO, § 84 FGO).

Für die Gehilfen des Berufsträgers sowie für Personen, die zur Berufsausbildung an der Berufsausübung teilnehmen, gilt Entsprechendes (§ 102 Abs. 2 AO).

Die Rechtsprechung (der BGH) hat bisher im Wesentlichen zumärztlichen Zeugnisverweigerungsrecht entschieden, dass sich dieses auch auf die Identität des Patienten bezieht. Der BFH hat sich nun dieser Auffassung für die rechts- und steuerberatenden Berufe angeschlossen. Er bejaht auch für diese Berufsangehörigen, dass sie sich auf den Schutz der Identität ihrer Mandanten und auf die Tatsache ihrer Beratung berufen können.

Steuerberater sind demnach berechtigt, die Vorlage von Urkunden (Postausgangsbücher, Fahrtenbücher) insoweit zu verweigern, als sich daraus Namen von anderen Mandanten ergeben.

Das Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht hat folgende Auswirkungen:

– Macht der Berufsträgerfreiwillig Angaben, zu denen er nicht verpflichtet ist, können diese grundsätzlich verwertet werden.

– Beruft sich der Berufsangehörige auf sein Auskunfts- bzw. Zeugnisverweigerungsrecht, darf dies nicht zulasten des Beteiligten gehen. Vielmehr handelt es sich um eineneutrale Tatsache. Bei Unaufklärbarkeit ist nach derFeststellungslast zu entscheiden.

– Vor einer Entscheidung nach der Feststellungslast müssen FA und FG indes die Möglichkeiten weiterer Sachaufklärung ausschöpfen. FA und FG müssen den Berufsangehörigen daher notfalls auffordern, seine Angabenohne Nennung der Namen der anderen Mandantenso zu konkretisieren, dass der Sachverhalt ausreichend gewürdigt werden kann.

Beachten Sie daher: Als Auskunftspflichtiger oder als Zeuge sind Sie in Ihrer Eigenschaft als Steuerberater zur Vorlage von Unterlagen insoweit verpflichtet, als sich daraus keine Rückschlüsse auf bestimmte Mandate ergeben. Häufig kann es genügen, die Namen der Mandanten abzudecken.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 14.5.2002, IX R 31/00

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