Spanien ist bekanntlich ein Mehrrechtsstaat. Neben dem allgemeinen spanischen Erbrecht, das im Código Civil (im Folgenden CC; verabschiedet durch Königliches Dekret v. 24.7.1889, veröffentlicht in der GACETA v. 25.7.1889, in Kraft getreten am 1.5.1889) geregelt ist, bestehen mehrere Teilrechtsordnungen mit Partikular- oder Foralrechten (Reckhorn-Hengemühle in NK-BGB, Länderbericht Spanien, Rz. 8), die vom allgemeinen spanischen Erbrecht Abweichungen im Bereich des Familien- und Erbrechts vorsehen (folgende Gebiete kennen eigene Teilrechtsordnungen: Aragonien, Balearische Inseln, Baskenland, Galicien, Katalonien, Navarra, Valencia, vgl. Hellwege in Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Int. ErbR, 3. Aufl. 2020, Länderbericht Spanien, Rz. 5 und 11). Eine bedeutende Abweichung vom allgemeinen Erbrecht (das Verbot der Errichtung gemeinschaftlicher Testamente ist in Art. 669 CCC und das Verbot des Abschlusses von Erbverträgen ist in Art. 1271 CC geregelt) ist, dass in einigen Foralrechtsgebieten neben dem gemeinschaftlichen Testament, der Erbvertrag ausdrücklich erlaubt ist.

In Aragonien ist das gemeinschaftliche Testament eine zulässige Testamentsart, Art. 318 CDFA (Código del Derecho Foral de Aragón, verabschiedet durch Gesetzesdekret 1/2011 v. 11.3.2011, veröffentlicht im öffentlichen Anzeiger Aragoniens (BOA) Nr. 63 v. 29.3.2011, in Kraft getreten am 23.4.2011. Die Bestimmungen gelten entspr. für die Errichtung eines wirksamen Erbvertrages, Art. 377 CDFA. Das Foralrecht Navarras sieht in den Art. 199 f. FNN (Compilación del Derecho Civil de Navarra, verabschiedet durch Gesetz 1/1973 v. 1.3.1973, veröffentlicht in BOE v. 7.3.1973, in Kraft getreten am 27.3.1973, teilweise modifiziert durch das Foralgesetz 9/2018 v. 17.5.2018, veröffentlicht im öffentlichen Anzeiger Navarras BON Nr. 98 v. 23.5.2018 und in BOE Nr. 139 v. 8.6.2018, in Kraft getreten am 24.5.2018) die gemeinschaftlichen Testamente (testamentos de hermandad) sowie den Erbvertrag als zulässige Form der letztwilligen Verfügungen vor. Seit der Reform des Zivilrechts im Baskenland (Ley de Derecho Civil Vasco, Gesetz v. 5/2015 v. 25.6.2015, veröffentlicht im öffentlichen Anzeiger des Baskenlandes (BPV) Nr. 124 v. 3.7.2015 und im BOR Nr. 176 v. 24.7.2015, in Kraft getreten am 3.10.2015 – im Folgenden LDCV) gilt für die drei historischen Gebiete – Álava, Guipúzkoa und Biskaya – grundsätzlich ein einheitliches Erbrecht. Damit ist in diesen Gebieten sowohl das gemeinschaftliche Testament als auch der Erbvertrag als letztwillige Verfügung zugelassen, Art. 24, 100 f. LDCV.

Das Erbrecht Galiciens erkennt ebenfalls den Erbvertrag und das gemeinschaftliche Testament als letztwillige Verfügungsform an, vgl. Art. 187 und 209 f. LCDG (Galicien, Ley de Derecho Civil de Galicia, Gesetz 2/2006, veröffentlicht im öffentlichen Anzeiger Galiciens (DOG) Nr. 124 vom 29.6.2006 und im BOE Nr. 191 vom 11.8.2006, in Kraft getreten am 19.7.2006 – im Folgenden LCDG).

Das Erbrecht Kataloniens lässt den Abschluss von Erbverträgen zu (pactos sucesorios) zu, Art. 431–1 CCC (Gesetz 10/2008 v. 10.7. zum Vierten Buch des Código Civil de Cataluña relativo a las sucesiones, veröffentlicht im öffentlichen Anzeiger Kataloniens DOGC Nr. 5175 v. 17.7.2008 und im BOE Nr. 190 v. 7.8.2008, in Kraft getreten am 1.1.2009). Das katalanische Zivilrecht wurde ursprünglich in der Kompilation des besonderen Zivilrechts Kataloniens im Gesetz 40/1960 v. 21.7.1960 verfasst, die im Jahre 1984 durch Gesetzesdekret 1/1984 v. 19.7.1984 modifiziert wurde. Im Laufe der Jahre wurden die diversen Bücher der Kompilation reformiert, u.a. das vorgenannte Vierte Buch zum Erbrecht, vgl. i.E. zu den weiteren Reformen Lamarca i Marquès in Süß, Erbrecht in Europa, Länderbericht Katalonien, Rz. 10 f.

Auch das Partikularrecht der Balearischen Inseln lässt solche Vereinbarungen zu, wenn auch, je nach Insel in unterschiedlicher Form. Neu sortiert wurden diese Übertragungsformen in dem Anfang des Jahres in Kraft getretenen Gesetz zur vertraglichen Nachfolgeregelung der Balearischen Inseln (Ley de sucesión voluntaria paccionada o contractual de las Illes Balears), Gesetz 8/2022 v. 11.11.2022 zur vertraglichen Nachfolgeregelung der Balearischen Inseln, veröffentlicht im BOIB Nr. 148 v. 17.11.2022 und im BOE Nr. 290 v. 3.12.2022, in Kraft seit dem 17.1.2023, im Folgenden CDCIB). Art. 5 bis 50 CDCIB regeln die Nachfolgbestimmungen der Inseln Mallorca und Menora und Art. 51 bis 80 CDCIB sehen die auf Ibiza und Formentera anzuwendenden erbrechtlichen Bestimmungen vor. Zu diesen Nachfolgevereinbarungen (sog. pacto sucesorio) zählt z.B. nach dem auf Mallorca geltenden Erbrecht, der Abschluss einer Schenkung, die mit einem Verzicht auf zukünftige Ansprüche auf dem Pflichtteil (sog. donación con definición de legítima) einhergeht, Art. 38 f. CDCIB.

Der Abschluss von Nachfolgevereinbarungen führte in der Vergangenheit zu einer sehr hohen steuerlichen Belastung. Die Finanzverwaltung war der Ansicht, dass der Erbvertrag oder eine sonstige Nachfolgevereinb...

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