[Ohne Titel]

VorsRiLG Helmut Tormöhlen[*]

Die beiden Tatbestände des § 370 Abs. 3 S. 2 Nrn. 5 und 6 AO werden in diesem Beitrag einer tiefer gehenden Betrachtung unterzogen. In Nr. 5 AO geht es um die bandenmäßige USt- oder Verbrauchsteuerhinterziehung. Nach Nr. 6 liegt ein besonders schwerer Fall i.d.R. auch dann vor, wenn der Täter eine sog. Drittstaat-Gesellschaft, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und hierdurch eine Steuerhinterziehung begeht.

[*] Der Autor ist Vorsitzender einer Wirtschaftsstrafkammer am LG Halle.

I. Einleitung

Das Steuerstrafrecht und seine erstrebte Verschärfung sind in den letzten zehn Jahren immer wieder rechtspolitische Themen von hoher Brisanz gewesen. Hierzu haben nicht zuletzt auch die Fälle des Fußballfunktionärs Uli Hoeneß, die sog. Liechtenstein-Affäre des früheren Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Post AG Klaus Zumwinkel und die Affäre um die sog. Panama-Papers (vgl. dazu https://de.wikipedia.org/wiki/Panama_Papers) beigetragen.

Vorgängervorschrift § 370a AO: Ursprünglich war mit dem inzwischen aufgehobenen § 370a AO i.d.F. d. Bek. v. 10.10.2002 (BGBl. I 2002, 3866) ein – sehr umstrittener – Verbrechenstatbestand geschaffen worden, nämlich die gewerbsmäßige oder bandenmäßige Steuerhinterziehung mit einem grundsätzlichen Strafrahmen von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Die Norm galt von 2002 bis 2007. Sie wurde von Anfang an unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten als bedenklich angesehen, da der Bestimmtheitsgrundsatz tangiert sei (vgl. BGH v. 20.4.2004 – 5 StR 11/04, wistra 2004, 274; v. 227.2004 – 5 StR 85/04, wistra 2004, 393; v. 6.9.2006 – 5 StR 156/06, wistra 2007, 18).

Mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen sowie zur Umsetzung der Richtlinie 2006/24/EG vom 21.12.2007 (BGBl. I 2007, 3198) ist § 370a AO aufgehoben worden. Gleichzeitig wurde § 370 Abs. 3 AO geändert, insb. § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO angefügt. Darin wird die bandenmäßige USt- oder Verbrauchsteuerhinterziehung mit dem Verdikt des besonders schweren Falls der Steuerhinterziehung versehen.

Eine weitere Ergänzung hat § 370 Abs. 3 S. 2 AO durch die Anfügung der Nr. 6 erfahren, und zwar durch das Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz (StUmgBG) vom 23.6.2017 (BGBl. I 2017, 1682). Danach liegt ein besonders schwerer Fall der Steuerhinterziehung im Regelfall auch dann vor, wenn der Täter eine sog. Drittstaat-Gesellschaft (§ 138 Abs. 3 AO), auf welche er einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss ausüben kann, zur Verschleierung steuerlich erheblicher Tatsachen nutzt und hierdurch eine Steuerhinterziehung begeht.

Die beiden Tatbestände des § 370 Abs. 3 S. 2 Nrn. 5 und 6 AO sollen in diesem Beitrag einer tiefer gehenden Betrachtung unterzogen werden.

II. Bandenmäßige Umsatzsteuer- oder Verbrauchsteuer-Hinterziehung

Nach § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 5 AO wird mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bestraft, wer als Mitglied einer Bande, die sich zur fortgesetzten Begehung von Taten nach § 370 Abs. 1 AO (also Steuerhinterziehungstaten) verbunden hat, Umsatz- oder Verbrauchsteuern verkürzt oder nicht gerechtfertigte Umsatz- oder Verbrauchsteuervorteile erlangt.

Bande: Eine Bande ist anzunehmen, wenn sich mindestens drei Personen zusammenschließen, um künftig für eine gewisse Dauer Straftaten eines bestimmten Deliktstyps zu begehen (BGH v. 22.3.2001 – GSSt 1/00, wistra 2001, 298; v. 22.8.2001 – 3 StR 287/01, wistra 2002, 21; v. 22.10.2001 – 5 StR 439/01, wistra 2002, 57; Schauf in Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1123 [Oktober 2019]; Joecks in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370 AO Rz. 580; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1143 [Juni 2017]; Peters in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 370 AO Rz. 765 [Juli 2019].

Die Mitglieder der Bande müssen durch den Willen verbunden sein, gemeinsam künftig Straftaten zu begehen. Dieser Wille muss nicht immer ausdrücklich erklärt sein. Auch ein stillschweigendes Übereinkommen genügt. Es ist weder eine gegenseitige Verpflichtung der Mitglieder zur Begehung solcher Taten noch die Bildung einer festgefügten Organisation anders als bei einer kriminellen Vereinigung erforderlich. Ort, Zeit und Einzelheiten der Ausführung der Taten können noch unbestimmt sein. Der Begriff der "fortgesetzten Begehung" ist nicht so wie in § 370 Abs. 3 S. 2 Nr. 4 AO (vgl. hierzu BGH v. 21.4.1998 – 5 StR 79/98, wistra 1998, 265; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1132 [Juni 2017]) zu verstehen, dass schon mehrmals entsprechende Taten begangen worden sein müssen.

Ehegatten können im Hinblick auf die Mindestzahl von drei Personen zwar keine Bande bilden, wohl aber Eheleute mit ihren erwachsenen Kindern oder Eheleute mit einem StB. Jedenfalls stehen familiäre Verbindungen der handelnden Personen der Bandenqualifikation nicht entgegen (BGH v. 12.7.2006 – 2 StR 180/06, NStZ 20067, 339; Rolletschke in Rolletschke/Kemper/Roth, Steuerstrafrecht, § 370 AO Rz. 1143 [Juni 2017]. Allerdings ist das Ban...

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