Leitsatz

Sind dem Bezirksleiter einer Einzelhandelskette zwischen fünf und acht Filialen fest zugeordnet, die er täglich aufsucht, um dort Arbeiten zu verrichten, die den wesentlichen Inhalt seines Aufgabengebiets betreffen, handelt es sich bei der Fahrt von der Wohnung zu der als erste aufgesuchten Filiale und der Fahrt von der zuletzt aufgesuchten Filiale zur Wohnung jeweils um Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

Dementsprechend ist nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG ein geldwerter Vorteil zu erfassen, sofern das dem Bezirksleiter überlassene betriebliche Kfz auch für diese Fahrten genutzt wird.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG , § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG , § 21 Abs. 1, EStG , § 21 Abs. 3 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin betreibt eine Kette von Lebensmittel-Einzelhandelsgeschäften. Die für die Klägerin tätigen Bezirksleiter, die über Dienstwagen verfügten, hatten jeweils zwischen fünf bis acht Filialen zu betreuen, die arbeitstäglich in wechselnder Reihenfolge aufgesucht wurden. Das FA nahm an, jeder Bezirksleiter habe in sämtlichen der ihm zugewiesenen Filialen regelmäßige Arbeitsstätten. Die täglichen Fahrten zwischen der Wohnung und der zuerst besuchten Filiale sowie zwischen der zuletzt ausgesuchten Filiale und der Wohnung seien solche zwischen Wohnung und Arbeitsstätte. Es sei deshalb ein (zusätzlicher) geldwerter Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zu erfassen. Wegen der wechselnden Reihenfolge der angefahrenen Filialen ermittelte das FA die Entfernungskilometer auf der Grundlage einer Durchschnittsberechnung.

Ab 1.1.1996 mietete die Klägerin ferner von verschiedenen Arbeitnehmern mit schriftlichen (Unter-)Mietverträgen Garagen an, in denen die Dienstwagen unterzustellen waren. Dabei handelte es sich teils um eigene Garagen der Arbeitnehmer, teils um solche, die die Arbeitnehmer von Dritten gemietet hatten. Die von der Klägerin an ihre Arbeitnehmer gezahlten Garagenmieten betrugen bis zu 100 DM. Das FA behandelte die Mieten als Arbeitslohn.

Das FG wies die Klage gegen den vom FA erlassenen Haftungs- und Nachforderungsbescheid ab.

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin war begründet, soweit das FA die Garagenmieten fälschlicherweise als Arbeitslohn behandelt hatte. Die Entgelte für die Garagennutzung stellten Mietzahlungen i.S.d. § 21 EStG dar. Die Revision der Klägerin hinsichtlich der Behandlung der geldwerten Vorteile (Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte) hatte hingegen keinen Erfolg.

 

Hinweis

Obgleich sich der Leitsatz nur zur Frage eines geldwerten Vorteils hinsichtlich der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bezieht, behandelt die Besprechungs-Entscheidung weitere Problemkreise.

1. Für die Bewertung der privaten Nutzung eines betrieblichen Kfz (Dienstwagen) wird die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG entsprechend angewandt (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG – Anwendung der 1%-Regelung). Kann der Dienstwagen auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werden, erhöht sich der nach Satz 2 ermittelte Wert um 0,03?% des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Satz 3). Diese Werterhöhung ist die Folge der Abzugsbeschränkung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG.

2. Im Streitfall stellte sich die Frage, ob es sich bei der Tätigkeit von Bezirksleitern, die täglich zwischen fünf bis acht fest zugeordnete Filialen aufsuchten, um eine solche im Rahmen einer Einsatzwechseltätigkeit handeln könnte, so dass ein Lohnvorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG nicht anzusetzen gewesen wäre.

Es ist anerkannt und entspricht ständiger Rechtsprechung, dass ein Arbeitnehmer mehrere regelmäßige Arbeitsstätten haben kann. Für die Annahme einer Arbeitsstätte reicht es allerdings nicht aus, wenn zahlreiche Arbeitsstätten im zeitlichen Abstand immer wieder aufgesucht werden, sondern es ist auch eine gewisse zeitliche Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit in der Tätigkeit an diesen Orten erforderlich.

Vom Typus der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sind indessen solche Fahrten nicht umfasst, die durch einen häufigen Ortswechsel geprägt im Rahmen einer Reisetätigkeit durchgeführt werden. Ein solcher Fall ist gegeben, wenn ein Arbeitnehmer (z.B. Reisevertreter, Kundendiensttechniker etc.) seine Arbeitsleistung an zahlreichen wechselnden Tätigkeitsstätten zu erbringen hat.

Im Streitfall war für die Zuordnung der Fahrten der Bezirksleiter maßgeblich, dass diese die Filialen regelmäßig an jedem Arbeitstag aufsuchten und damit jeweils an nebeneinander bestehenden festen Arbeitsstätten tätig waren. Die dort ausgeübte leitende Tätigkeit wies eine ausreichende zeitliche Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit auf, um sie – in wertender Betrachtungsweise – noch dem Typus Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zuweisen zu können. Die im Streitfall vorhandenen Umstände waren mit dem Fall einer Einsatzwechseltätigkeit weniger vergleichbar.

3. In der Besprechungs-Entscheidung hatte der BFH auch noch darüber zu befinden, ob Garagenmieten als Arbeitslohn zu behandeln waren. Insoweit wird ...

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