a) Eingeschränkte Ablehnungsmöglichkeit

Nach der BFH-Rechtsprechung darf ein ordnungsgemäß gestellter Beweisantrag nur unberücksichtigt bleiben, wenn

  • das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich,
  • das Beweismittel unerreichbar bzw. unzulässig oder absolut untauglich ist oder
  • die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann

(ständige höchstrichterliche Rspr., vgl. nur BFH v. 22.3.2023 – X B 135/21, BFH/NV 2023, 731 Rz. 15, m.w.N.). Nicht ordnungsgemäß ist ein solcher Beweisantrag gestellt, wenn er unsubstantiiert ist.

b) Ausgangsfall

Der Kläger veräußert einen Teil seines Betriebs an eine GmbH. Dabei handelt es sich neben dem Kundenstamm dieses Handelsgeschäfts auch um die dazu gehörenden bestehenden Lieferverträge und den Warenbestand. Nicht veräußert werden die Firma des Klägers wie auch Sachanlagen, Forderungen, Verbindlichkeiten und sonstige Vermögensgegenstände. Nach einer Außenprüfung streiten sich der Kläger und das FA darüber, ob eine tarifbegünstigte Teilbetriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 S. 1 EStG gegeben ist. Aus Sicht des FA wäre nämlich das Grundstück, auf dem dieser Teilbetrieb ansässig gewesen wäre, nicht mitveräußert worden. Der Kläger wendet dagegen im Einspruchsverfahren ein, dass das Grundstück nur vom anderen Teilbetrieb genutzt worden sei, da das fragliche Handelsgeschäft nicht stationär, sondern durch zwei Mitarbeiterinnen betrieben worden sei. Diese hätten den Vertrieb mittels zweier geleaster Lieferwagen durchgeführt.

Das FG lässt im Klageverfahren offen, ob das veräußerte Handelsgeschäft ein Teilbetrieb gewesen sei. Wäre dies der Fall, so hätte der Kläger auch die geleasten Lieferwagen übertragen müssen, was nicht erfolgt sei. Folglich seien nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen auf die GmbH übertragen worden.

Soweit der Kläger im Klageverfahren vorgetragen habe, die Leasingverträge seien von der GmbH fortgeführt bzw. übernommen worden, habe das FG nicht nur erhebliche Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Darlegung. Der insoweit neue Tatsachenvortrag sei nicht ansatzweise substantiiert. Folglich scheide die beantragte Vernehmung der beiden Mitarbeiterinnen aus. Die ebenfalls beantragte Vernehmung des Geschäftsführers der GmbH sei als Ausforschungsbeweise nicht statthaft.

c) Substantiierter Beweisantrag

Nicht substantiierte Beweisanträge sind vom FG nicht zu beachten. Zu den nicht substantiierten Beweisanträgen gehören auch die Ausforschungs- und Beweismittelanträge (BFH v. 16.5.2013 – X B 131/12, BFH/NV 2013, 1260 Rz. 21 ff.). Allerdings stellt sich in beiden Fällen die Frage, wann dies der Fall ist.

BVerfG: Das BVerfG hat im Zusammenhang mit der Substantiierung eines Beweisantrags klargestellt, dass eine Beweisaufnahme unter diesem Gesichtspunkt nur abgelehnt werden darf, wenn die unter Beweis gestellte Tatsache so ungenau bezeichnet ist, dass ihre Erheblichkeit nicht beurteilt werden kann, oder wenn sich der Beweisantrag als rechtsmissbräuchlich darstellt, weil die in ihm aufgestellte Behauptung auf das Geratewohl gemacht, gleichsam "ins Blaue" aufgestellt und damit "aus der Luft gegriffen" ist (BVerfG v. 14.4.2003 – 1 BvR 1998/02, NJW 2003, 2976, unter II.2.a).

BFH: Im Fall der Beweiserhebung über die Ersatzzustellung trotz Zustellurkunde hat der BFH dargelegt, dass ein unzulässiger Ausforschungsbeweis vorliegt, wenn der Beweismittelantrag so unbestimmt ist, dass erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, zu denen dann in einem weiteren Schritt der eigentliche Beweis zu erheben ist (BFH v. 22.3.2023 – X B 135/21, BFH/NV 2023, 731 Rz. 18, m.w.N.). Dies sind Tatsachenbehauptungen, die erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage gemacht worden sind (vgl. BVerwG v. 26.6.2017 – 6 B 54/16, NVwZ 2017, 1388 Rz. 7).

Beachten Sie: Ist die Tatsache aber klar und darüber hinaus auch erheblich für die Aufklärung des Sachverhalts, kann es sich weder um einen Ausforschungsbeweis noch gar um einen unsubstantiierten Beweisantrag handeln.

d) Lösung des Ausgangsfalls

Vorliegend behauptet der Kläger die GmbH habe die Leasingverträge übernommen. Dies ist eine ausreichend klare Tatsache, die es zu beweisen gilt. Zum Beweis hierfür ist die Vernehmung des Geschäftsführers der GmbH als vertretungsberechtigtes Organ geeignet. Denn als sachkundige Person kann er unter Heranziehung der von der GmbH abgeschlossenen Unterlagen Auskunft über die Rechts- und Vertragsgrundlage des Leasings der beiden Lieferfahrzeuge geben. Der Kläger muss nicht notwendigerweise an dieser Vertragsübernahme beteiligt gewesen sein und kann schon deshalb keine Unterlagen dem Gericht im Vorfeld überreichen. Folglich muss es ausreichen, wenn er den Geschäftsführer als Zeugen für die von ihm behauptete Tatsache benennt. Dies ist auch keine Behauptung auf das Geratewohl hinaus, die "aus der Luft gegriffen" ist.

Daneben ist auch das Angebot, die bisherigen Außendienstmitarbeiterinnen als Zeugen für die Behauptung zu hören, dass sie die Lieferwagen wie bislang genutzt haben, geeignet, den Sachverhalt weiter aufzuklären. Auch insoweit kann ...

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