Die Statistik zu den unterschiedlichen Typen von Menschen im Umgang mit Neuem benennt einen kleinen Anteil von Menschen, die bei Veränderungen vorne mit dabei sind – die Promotoren. Das sind auch die, die man am besten für das Experimentieren mit den ersten Prototypen anspricht.

Ein viel größerer statistischer Anteil fällt auf die sog. Skeptiker. Diese werden so charakterisiert, dass sie kein Interesse an bzw. keinen Bezug zu der Transformation und sachliche Vorbehalte haben. Diese äußern sie auch offen, sodass man gut mit ihnen ins Gespräch kommen kann. Die Skeptiker kann man wahrscheinlich noch am schnellsten zu Beteiligten bei der Transformation machen, da man diese Gruppe mit Argumenten und dem Aufzeigen des Nutzens überzeugen kann. Im Gegenteil sind ihre kritischen Rückfragen und Anmerkungen Feedback, dass sich zu beachten lohnt. Wenn man sie überzeugt hat, ist es im nächsten Schritt wichtig, ihnen Orientierung zu geben, den Rahmen, in dem die Transformation stattfindet, und das Zielbild zu erläutern, noch einmal den Prozess zu erklären und wie sie sich beteiligen können.

Viel mehr Geduld erfordern die sogenannten Bremser, die ebenfalls zu einem recht hohen Anteil existieren. Diese Gruppe trägt Ängste in Bezug auf die Transformation mit sich herum und sieht die Befriedigung ihrer Bedürfnisse in Gefahr. Dazu lohnt es sich, das SCARF-Modell[6] anzuschauen, um zu verstehen, dass in einer Transformation fast alle Grundbedürfnisse eines Menschen in Gefahr geraten. Das macht die Handlungsweise von "Bremsern" sehr nachvollziehbar. Jedoch ist es häufig verpönt, im Arbeitskontext von Bedürfnissen und Gefühlen, insbesondere Ängsten, zu sprechen, sodass es schwierig ist, an die Wurzel des Problems mit diesen Menschen zu kommen. Hier hilft nur, umgehend den Druck wegzunehmen, Lösungen beiseite zu lassen und sich dem Verstehen zu widmen, die Vergangenheit zu würdigen und Sicherheit zu geben. Im Vordergrund stehen Aktives Zuhören[7] und Gewaltfreie Kommunikation[8] – und zwar nicht als Technik, sondern aus der damit verbundenen Haltung gegenüber Menschen heraus, sie verstehen zu wollen und sie wertzuschätzen. Erst wenn diese Gruppe von sich aus in einen Lösungsmodus einsteigt, sollte man anfangen, ihnen die Beteiligungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Es wäre übrigens nicht verwunderlich, wenn ein Großteil des mittleren Managements zur Gruppe der Bremser gehörte. Das muss nicht so sein, manchmal gehören die Führungskräfte auch zur Gruppe der Promotoren. In einer Transformation jedoch, die nicht durch die Führungskräfte getrieben in Richtung Selbstorganisation strebt und wo ggf. laterale Führungsrollen eingeführt werden, geraten klassische Führungskräfte nachvollziehbarerweise häufig in eine Sinn- und Identitätskrise – ganz zu schweigen von Zukunftsängsten um ihren Rang im Unternehmen und ihren Arbeitsplatz. Sie erleben einen massiven Kontrollverlust und wissen nicht mehr, wo sie sich zugehörig fühlen können. Ggf. erleben sie die Transformation auch nicht als fair ihnen und ihren Leistungen gegenüber.

Es gilt, ein ganz besonderes Augenmerk auf diese speziell betroffene Gruppe von Menschen im Unternehmen zu richten und sie von Anfang an auf die Reise mitzunehmen. Vielleicht hilft dabei, eine Arbeitsplatzgarantie auszusprechen und, soweit ein Betriebsrat vorhanden ist, eine Betriebsvereinbarung dazu auszuhandeln. Schulungsangebote zur Rolle einer agilen Führungskraft sind sicher nicht verkehrt.

 
Praxis-Tipp

Führungskräfte richtig abholen

Es ist empfehlenswert, auf die Führungskräfte ein besonderes Augenmerk zu richten. Denn wenn sie nicht mitziehen, wird man eine mächtige Gruppe im Unternehmen gegen sich haben.

Eine sehr viel kleinere Gruppe sind die sog. Widerständler. Diese werden auch nach erfolgreicher Adaption der Transformation versuchen, das Rad zurückzudrehen. Diese Gruppe hat ihren Namen auch deshalb bekommen, weil man sie mit ehrlich gemeinter Einfühlung und Beteiligung nicht für die Transformation gewinnt. Der vielleicht einzige Umgang mit dieser Gruppe besteht bei einer unternehmensumfassenden agilen Transformation darin, ihnen zu dem für sie besten Arbeitsplatz außerhalb des eigenen Unternehmens zu verhelfen. Es ist jedoch nur eine sehr kleine Gruppe und es stellt sich erst spät heraus, wer wirklich zu dieser Gruppe gehört. Erst wenn ein "Bremser" mit Einfühlung und Beteiligung über einen langen Zeitraum nicht gewonnen werden kann, handelt es sich um einen "Widerständler".

[6] Vgl. Rock, David (2008): SCARF: a brain-based model for collaborating with and influencing others. In: NeuroLeadership Journal. Issue 1.
[7] Vgl. Rogers, Carl R. (1985): Die nicht-direktive Beratung. Counseling and Psychotherapy. Fischer, Frankfurt am Main.
[8] Vgl. Rosenberg, Marshall B. (2009): Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens. Junfermann, Paderborn.

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