Leitsatz

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der gegenüber "seiner" GmbH auf eine Darlehensforderung verzichtet, kann den werthaltigen Teil seiner Forderung als Werbungskosten abziehen, wenn der Verzicht durch das Arbeitsverhältnis und nicht durch das Gesellschafterverhältnis veranlasst war. Hierfür sprachen im Urteilsfall ein hoher Arbeitslohn, ein drohender Arbeitsplatzverlust und eine geringe Beteiligungsquote.

 

Sachverhalt

Ein Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem Jahresgehalt von 300.000 DM war an seiner Arbeitgeberin, einer GmbH, mit 4,6 % beteiligt. Nachdem er seinen Anteil im November 2000 teilweise veräußert hatte und die GmbH erneut Kapital benötigte, forderten die Großgesellschafter die Kleingesellschafter auf, sämtliche ihnen verbliebenen Anteile an sie zu übertragen und auf ihre Gesellschafterdarlehen (samt Zinsen) zu verzichteten. Die Großgesellschafter erklärten, dass ansonsten eine Insolvenz und der Verlust der Arbeitsplätze drohten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer verkaufte daraufhin seine Restbeteiligung von 1,64 % und verzichtete auf seine Darlehensforderung gegenüber der Gesellschaft i. H. v. rund 159.000 DM. Den Darlehensverlust machte er als Werbungskosten bei seinen Lohneinkünften geltend.

 

Entscheidung

Im ersten Rechtsgang hatte das FG Düsseldorf entschieden, dass die damalige Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war und somit kein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit möglich war (FG Düsseldorf, Urteil v. 25.1.2008, 1 K 3685/06 E). Die Motive für den späteren Darlehensverzicht ließen die Finanzrichter unberücksichtigt.

Auf die erhobene Revision hin hob der BFH das Urteil auf und erklärte, dass die Gründe für den ausgesprochenen Verzicht selbstständig zu würdigen sind und nicht zwingend auf denselben Motiven der Darlehensgewährung gründen müssen (BFH, Urteil v. 25.11.2010, VI R 34/08, BStBl 2012 II S. 24). Nach Auffassung des BFH kann ein Verzicht auf eine Darlehensforderung auch dann auf das Arbeitsverhältnis zurückzuführen sein (und zum Werbungskostenabzug berechtigen), wenn das Darlehen ursprünglich aufgrund der Gesellschafterstellung gewährt worden ist. Der BFH tendierte im vorliegenden Fall zur Veranlassung durch das Arbeitnehmerverhältnis, da der Gesellschafter-Geschäftsführer hohe Lohneinkünfte erzielte und seine Beteiligung mit dem Verzicht auf die Darlehensforderung aufgegeben hatte.

Im zweiten Rechtsgang prüfte das FG die näheren Umstände des Darlehensverzichts und kam zu dem Ergebnis, dass der Verzicht in erster Linie der Sicherung des Arbeitsplatzes diente und somit durch das Arbeitsverhältnis veranlasst war. Ein Werbungskostenabzug war demnach doch möglich. Der Veranlassungszusammenhang mit den Lohneinkünften überlagerte den gesellschaftsrechtlichen Veranlassungszusammenhang, da der Geschäftsführer bei Darlehensverzicht nur noch mit 1,64 % am Gesamtkapital der GmbH beteiligt war. Seine Lohneinkünfte betrugen demgegenüber 300.000 DM und überstiegen somit den Wert seiner Beteiligung einschließlich der daraus noch erzielbaren Beteiligungseinkünfte.

Allerdings erkannte das FG nicht die kompletten 159.000 DM als Werbungskosten an, sondern nur den noch werthaltigen Teil der Forderung von 10 % des Gesamtbetrags.

 

Hinweis

Gesellschafter-Geschäftsführer, die den Zusammenhang zwischen einem Darlehensverhältnis und ihrer Arbeitnehmerstellung glaubhaft machen wollen, können sich also auf die Motive für den Darlehensverzicht berufen, z. B. die versuchte Abwendung eines drohenden Arbeitsplatzverlustes. Auch hohe Lohneinkünfte und relativ geringe Beteiligungsquoten bzw. -erträge dienen als Argument, um den Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis zu untermauern.

 

Link zur Entscheidung

FG Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2012, 1 K 522/11 E

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