Verfahrensgang

SG Lübeck (Entscheidung vom 18.12.2019; Aktenzeichen S 47 AL 7/18)

Schleswig-Holsteinisches LSG (Beschluss vom 26.01.2023; Aktenzeichen L 3 AL 13/20)

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 26. Januar 2023 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil weder der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) noch der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG) in der erforderlichen Weise dargelegt bzw bezeichnet worden ist (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG). Die Beschwerde ist daher ohne Zuziehung ehrenamtlicher Richter zu verwerfen (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG, § 169 SGG).

a) Grundsätzliche Bedeutung (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG) hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Die Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung erfordert, dass eine konkrete Rechtsfrage klar formuliert wird. Weiter muss ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit im jeweiligen Rechtsstreit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufgezeigt werden (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).

In der Beschwerdebegründung ist aufzuzeigen, welche rechtliche Frage sich zu einer bestimmten Norm des Bundesrechts iS des § 162 SGG stellt (siehe etwa BSG vom 26.7.2022 - B 11 AL 11/22 B - juris RdNr 3 mwN). Die Beschwerdebegründung muss daher eine aus sich heraus verständliche abstrakt-generelle Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts mit höherrangigem Recht formulieren (stRspr; vgl etwa BSG vom 14.4.2022 - B 4 AS 4/22 B - juris RdNr 3 mwN).

Daran fehlt es hier. Die Beschwerdebegründung enthält weder eine bestimmte Rechtsfrage noch lässt sie erkennen, welche gesetzliche Regelung sie für durch das Revisionsgericht klärungsbedürftig hält. Sie beschränkt sich vielmehr darauf - im Stil einer Berufungsbegründung - darzulegen, warum der Kläger das angefochtene Urteil für falsch hält. Dies kann indes von vornherein nicht zur Zulassung der Revision führen.

b) Eine Abweichung (Divergenz) iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG ist nur dann hinreichend dargelegt, wenn aufgezeigt wird, mit welcher genau bestimmten entscheidungserheblichen rechtlichen Aussage die angegriffene Entscheidung des LSG von welcher ebenfalls genau bezeichneten rechtlichen Aussage des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des BVerfG abweicht. Eine Abweichung liegt nicht schon vor, wenn die angefochtene Entscheidung nicht den Kriterien entsprechen sollte, die das BSG, der GmSOGB oder das BVerfG aufgestellt haben, weil die Unrichtigkeit einer Entscheidung im Einzelfall nicht die Zulassung einer Revision wegen Abweichung rechtfertigt. Erforderlich ist vielmehr, dass das LSG diesen Kriterien widersprochen und über den Einzelfall hinausgehende andere rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die - behauptete - Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern nur die fehlende Übereinstimmung im Grundsätzlichen kann die Zulassung wegen Abweichung begründen (stRspr; vgl etwa BSG vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34; Voelzke in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 2. Aufl 2022, § 160 RdNr 121 mwN).

Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht. Der Kläger entnimmt zwar der Rechtsprechung des BSG (vom 15.5.1985 - 7 RAr 103/83 - RdNr 29) den Rechtssatz, dass "der Herstellungsanspruch einen Versicherungsträger nur zu einem Tun oder Unterlassen verpflichten kann, dass rechtlich zulässig ist". Er legt aber nicht dar, dass das LSG entscheidungserheblich einen davon abweichenden abstrakten Rechtssatz aufgestellt habe. Vielmehr ist der Kläger selbst der Ansicht, es gehe "hier nicht darum, dass das Fehlen der Verfügbarkeit nicht durch eine rechtmäßige Amtshandlung der Beklagten ersetzt werden kann", sondern "um die Frage, ob überhaupt ein Fehlen der Verfügbarkeit vorlag".

c) Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§ 109 (Anhörung eines bestimmten Arztes) und 128 Abs 1 Satz 1 SGG (freie richterliche Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde auf diesen Zulassungsgrund stützt, muss zu seiner Bezeichnung die diesen Verfahrensmangel des LSG (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dartun, also die Umstände schlüssig darlegen, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (stRspr; siehe bereits BSG vom 29.9.1975 - 8 BU 64/75 - SozR 1500 § 160a Nr 14).

Der Kläger bezeichnet indes auch einen Verfahrensfehler nicht hinreichend. Soweit er inzident rügt, die für die Beurteilung der Verfügbarkeit des Klägers maßgebenden Umstände seien nicht hinreichend aufgeklärt worden, lässt die Beschwerdebegründung nicht erkennen, dass der auch im Berufungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger beim LSG einen diesbezüglichen Beweisantrag gestellt hat.

Mit dem Vortrag, der Kläger habe sich nicht dazu geäußert, dass im Berufungsverfahren eine Entscheidung durch Beschluss ergeht und dieser Vorgehensweise nicht zugestimmt, wird ebenfalls kein Verfahrensmangel bezeichnet. Gemäß § 153 Abs 4 SGG kann das LSG, außer in den Fällen des § 105 Abs 2 Satz 1 SGG, die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Dass es im vorliegenden Fall an dieses Voraussetzungen gefehlt habe, macht der Kläger nicht geltend. Er behauptet auch nicht, dass es das LSG versäumt habe, die Beteiligten vorher zu hören, wie es in § 153 Abs 4 Satz 2 SGG vorgeschrieben ist.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 Satz 1, Abs 4 SGG.

Estelmann

Söhngen

B. Schmidt

 

Fundstellen

Dokument-Index HI16186803

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