Rn 6

Um die Grundlagen der Vergütungsberechnung für den vorläufigen Insolvenzverwalter zu ermitteln, ist zunächst die Systematik der Verweisung des § 10 u.a. auf § 1 zu beachten. Die zu § 1 geltenden Grundsätze sind nicht vollständig zu übertragen, sondern auf den vorläufigen Insolvenzverwalter nur entsprechend anzuwenden, soweit seine Funktion und Stellung im Verfahren dies gestatten. Dazu ist unter Berücksichtigung der in der Kommentierung zu § 10 dargestellten Grundsätze jeweils der in § 1 enthaltene Regelungsgedanke zu ermitteln und sodann zu prüfen, ob die Stellung des vorläufigen Verwalters insoweit mit derjenigen des Verwalters im eröffneten Insolvenzverfahren vergleichbar ist. Fehlt es an einer solchen Vergleichbarkeit, scheidet eine Anwendung des betreffenden Regelungsgedankens aus. Außerdem ist zu beachten, dass § 11 Abs. 1 i. V. m. § 63 Abs. 3 InsO mittlerweile eine sehr konkret ausformulierte eigenständige Berechnungsgrundlage enthält, die ohnehin nach § 10 den allgemeinen Regelungen des ersten Abschnittes vorgeht.

 

Rn 7

Nach § 1 Abs. 1 soll sich die Vergütung des Verwalters im eröffneten Insolvenzverfahren nach der verwalteten, bearbeiteten und letztendlich verwerteten Vermögensmasse i.S.d. § 35 InsO am Ende der Verwaltertätigkeit richten. Daher ist nach § 1 Abs. 1 Satz 1 für die Berechnung der Vergütung der Wert der Insolvenzmasse maßgeblich, auf die sich die Schlussrechnung bezieht. Die Schlussrechnung ist aber nicht nur eine einfache Auflistung aller während des Verfahrens getätigten Ausgaben und Einnahmen, sondern ein umfassender Rechenschaftsbericht darüber, was mit den Gegenständen geschehen ist, die dem Vermögen des Insolvenzschuldners zuzuordnen waren und welche Erlöse dafür erzielt werden konnten. Eine ordnungsgemäße Schlussrechnung[15] gibt darüber Auskunft, in welchem Umfang aus den Verwertungserlösen Absonderungsgläubiger bevorzugt befriedigt wurden und welche in Besitz genommenen Vermögensgegenstände an Aussonderungsgläubiger herausgegeben wurden. Das so festgestellte, vom Verwalter während des eröffneten Insolvenzverfahrens bearbeitete maßgebliche Vermögen wird sodann um die in § 1 Abs. 2 niedergelegten Kriterien bereinigt bzw. modifiziert. Grundsätzlich geht auch § 1 Abs. 1 von dem Grundgedanken aus, der ganz allgemein bei der Verwaltung fremden Vermögens gilt und besagt, dass sich die Vergütung für die Tätigkeit des Verwalters fremden Vermögens immer nach der tatsächlich verwalteten Vermögensmasse bemisst. Bei Abschluss eines Insolvenzverfahrens ist darüber hinaus bekannt, welche Gegenstände aus dem Vermögen des Insolvenzschuldners ausgesondert werden mussten, wieviel von dem Vermögen aufgewendet werden musste, um Gläubiger zum Verzicht auf ihre Fremdrechte zu bewegen und welcher Teil der erzielten Erlöse zur Befriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger zu verwenden war. Außerdem steht fest, welche Vermögensgegenstände der Insolvenzschuldner während des Verfahrens hinzuerworben hat und welche Kostenbeiträge die am Verfahren beteiligten Gläubiger mit Sonderrechten geleistet haben.

Es kann also aus der ordnungsgemäßen Schlussrechnung des Insolvenzverwalters sehr genau die tatsächlich beim Schuldner vorhandene Insolvenzmasse nach § 35 InsO als Grundlage für die Vergütungsberechnung ermittelt werden.

 

Rn 8

Dieses Umfeld des Verwalters im eröffneten Insolvenzverfahren unterscheidet sich aber ganz wesentlich von dem des vorläufigen Insolvenzverwalters.[16] Entgegen den ursprünglichen Intentionen des Gesetzgebers wird in Insolvenzeröffnungsverfahren regelmäßig eine vorläufige Insolvenzverwaltung nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO bei gleichzeitiger Verhängung eines allgemeinen Zustimmungsvorbehalts nach § 21 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative InsO angeordnet.[17] Der vorläufige Insolvenzverwalter hat den Schuldner zu überwachen, die vorgefundenen Vermögensgegenstände sicherzustellen und zu bewahren sowie vor nachteiliger Veränderung zu schützen. Betreibt der Insolvenzschuldner ein Unternehmen, so soll der vorläufige Insolvenzverwalter im Einvernehmen mit dem Schuldner durch die Erteilung der erforderlichen Zustimmungserklärungen die Fortführung und damit den Erhalt des Unternehmens ermöglichen. Dagegen hat er regelmäßig weder eine Verwaltungs- bzw. Verfügungsmöglichkeit aus eigener Rechtsmacht wie der Verwalter im eröffneten Verfahren, noch bearbeitet oder verwertet er Gegenstände, die mit Absonderungsrechten belastet sind. Auch die Aussonderung im Besitz des Schuldners befindlicher Gegenstände findet regelmäßig erst im eröffneten Verfahren statt.

 

Rn 9

Der vorläufige Insolvenzverwalter nimmt also eine andere Vermögensmasse in Besitz und Verwaltung als die Insolvenzmasse i.S.d. § 35 InsO, die zudem erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens, d.h. gerade mit Beendigung der Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters entsteht. Die beiden Vermögensmassen überschneiden sich lediglich, sind aber keinesfalls identisch. So enthält die vom vorläufigen Verwalter bearbeitete Vermögensmasse z.B. keinen Neuer...

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