Rn 1

Für die Wirkungen von Insolvenzverfahren auf anhängige Rechtsstreitigkeiten in Verbindung mit Gegenständen der Masse oder Rechten an der Masse gilt das Recht des Mitgliedstaates, in dem die Rechtsverfolgung betrieben wird (lex fori processus). Die lex fori concursus gilt insoweit nicht.

 

Rn 2

Die Maßgeblichkeit der lex fori processus ist sowohl für die Parteien des anhängigen Rechtsstreits als auch für das Prozessgericht vorteilhaft. Sie werden lediglich mit ihrem nationalen Verfahrensrecht konfrontiert.[1]

 

Rn 3

Die lex fori processus entscheidet über die Frage der Fortsetzung des Rechtsstreits und die prozessualen Änderungen, die durch das Insolvenzverfahren verursacht werden. Die Fragen, ob eine juristische Person durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Rechts- bzw. Parteifähigkeit verliert, ob eine juristische oder eine natürliche Person durch die Verfahrenseröffnung in der Prozessfähigkeit oder in der Prozessführungsbefugnis eingeschränkt ist oder diese verliert, werden durch die lex fori concursus beantwortet.[2]

 

Rn 4

Die Rechtshängigkeit des Prozesses ist nach Art. 15 nicht erforderlich, auch wenn erst zu diesem Zeitpunkt eine Unterbrechung eintreten kann.[3] Stattdessen ist auf die Anhängigkeit abzustellen.[4]

 

Rn 5

Nicht unter die Regelung des Art. 15 fällt die Frage, welche Wirkungen das Insolvenzverfahren auf Einzelvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger hat. Diese Frage richtet sich gemäß Art. 4 Abs. 2 lit. f, 1. Halbsatz nach der lex fori concursus.[5]

[1] Rugullis, Litispendenz im Europäischen Insolvenzrecht, S. 48.
[2] Rugullis, a.a.O., S. 51 f.
[3] Leible/Staudinger, KTS 2000, 533 (558).
[4] Kemper, ZIP 2001, 1609 (1615) setzt den Begriff der "Anhängigkeit" im Sinne der EuInsVO mit der Rechtshängigkeit im deutschen Recht gleich.
[5] Leible/Staudinger, KTS 2000, 533 (559).

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