Rn 48

Unter den in Abs. 4 bestimmen Umständen hat das Gericht die Anordnung des Schutzschirms wieder aufzuheben. Dann ist das Verfahren nach den allgemeinen Regeln, insbesondere der §§ 21 bis 25 sowie des § 270a, fortzuführen.[64] Die Aufhebung des Schutzschirmverfahrens bedeutet daher nicht automatisch, dass ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird. Sofern nur ein Eigenantrag des Schuldners vorliegt, kann der Schuldner dann durch Rücknahme des Insolvenzantrages das gesamte Eröffnungsverfahren – ungeachtet einer ggf. nach § 15a bestehenden Antragspflicht – beenden.

[64] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 41.

6.1. Vor Fristablauf (S. 1)

 

Rn 49

Die Aufhebung des Verfahrens ist nur vor Fristablauf erforderlich. Ein Rechtsmittel gegen die Aufhebung ist nicht vorgesehen.[65] Nach Fristablauf hat das Gericht nach Abs. 4 Satz 3 ohnehin über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu entscheiden.[66]

[65] Willemsen/Rechel, BB 2011, 834, 837.
[66] Siehe dazu unten Rn. 64.

6.1.1. Sanierung aussichtslos

 

Rn 50

Aufzuheben ist der Schutzschirm allerdings, wenn die angestrebte Sanierung aussichtslos wird. Das kann beispielsweise daran liegen, dass die finanzierende Bank des Schuldners die Verhandlungen endgültig beendet und der Schuldner damit nicht mehr an neues Kapital gelangen kann[67] oder wenn unverzichtbare Geschäftspartner ihre Beziehungen zum Schuldner insolvenzbedingt abbrechen oder durch Erhebung der Unsicherheitseinrede nach § 321 BGB die Vorleistung verweigern.[68]

 

Rn 51

Im Regierungsentwurf[69] war außerdem der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit während der laufenden, vom Gericht bestimmten Schutzschirmfrist als zwingender Grund zur Aufhebung des Schutzschirms vorgesehen. Das ist aber nicht Gesetz geworden, weil selbst bei Eintritt der Zahlungsunfähigkeit ein Schutz der Gläubiger durch deren Beteiligung im vorläufigen Gläubigerausschuss als ausreichend erschien.[70] Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit alleine führt daher nicht zur Aufhebung des Schutzschirmverfahrens, er kann jedoch Auswirkung auf die Erfolgsaussicht für die Umsetzung der angestrebten Sanierung haben, wenn infolge der Zahlungsunfähigkeit zu viele Geschäftspartner verloren gehen oder wenn zu befürchten ist, dass Neugläubiger vorsätzlich geschädigt werden.

 

Rn 52

Eine Anzeigepflicht für den Wegfall der Sanierungsaussichten ist nicht gesetzlich normiert, es existiert in Abs. 4 Satz 2 lediglich eine Verpflichtung zur Anzeige des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit. Das Gericht kann sich jedoch im Rahmen der Aufsicht vom Sachwalter gemäß §§ 274 Abs. 1 und 58 Abs. 1 Satz 2 fortlaufend über die Sanierungsaussichten berichten lassen.

[67] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 41.
[68] Diese Möglichkeit haben Vertragspartner des Schuldners auch bei Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten gemäß Abs. 3, weil in diesem Fall noch nicht einmal ein Insolvenzverwalter als gemäß § 61 InsO Haftender neben den Schuldner tritt und die geringen Anforderungen für die Anordnung des Schutzschirms nicht die durch den Insolvenzantrag indizierte Leistungsschwäche des Schuldners widerlegen können.
[69] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 12.
[70] Beschlussempfehlung Rechtsausschuss BT-Drs. 17/7511, S. 51.

6.1.2. Antrag des vorläufigen Gläubigerausschusses

 

Rn 53

Ohne weitere Prüfung ist das Verfahren aufzuheben, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss die Aufhebung beantragt.[71] Dieser muss den Aufhebungsantrag auch nicht begründen.

 

Rn 54

Problematisch ist, dass der Schuldner oder der vorläufige Sachwalter nur dem Gericht nach Abs. 4 Satz 1 den Eintritt der Zahlungsunfähigkeit unverzüglich anzuzeigen hat, nicht jedoch dem vorläufigen Gläubigerausschuss. Der vorläufige Gläubigerausschuss wird daher mit dem vorläufigen Sachwalter und dem Schuldner engmaschig im Informationsaustausch stehen, um die Gefährdung der Gläubigerrechte rechtzeitig zu erkennen.

[71] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 41.

6.1.3. Antrag eines Gläubigers

 

Rn 55

Ist kein vorläufiger Gläubigerausschuss bestellt, hebt das Gericht auf Antrag eines Insolvenzgläubigers oder absonderungsberechtigten Gläubigers unverzüglich das Schutzschirmverfahren auf, wenn Umstände bekannt werden, die erwarten lassen, dass die Sanierungsbemühungen des Schuldners zu Nachteilen für die Gläubiger führen. Der antragstellende Gläubiger hat dabei die Umstände im Einzelnen darzulegen, ihre Auswirkung auf die Befriedigungsaussichten darzulegen und sie auch glaubhaft zu machen.[72] Der Gläubiger kann hierfür Akteneinsicht beim Insolvenzgericht nehmen; er hat ein rechtliches Interesse an der Akteneinsicht, wenn er glaubhaft machen kann, dass er im Fall der Nichteinstellung des Verfahrens Insolvenzgläubiger wäre.[73]

[72] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 41.
[73] MünchKomm-Ganter, 2. Aufl. 2008, § 4 InsO Rn. 62.

6.2. Zahlungsunfähigkeit (S. 2)

6.2.1. Vermeidung der Zahlungsunfähigkeit

 

Rn 56

Es ist Sache des Schuldners, bereits vor Beantragung der Eigenverwaltung und des Schutzschirmverfahrens im Rahmen von Verhandlungen mit den Gläubigern sicherzustellen, dass diese die Einrichtung eines Schutzschirmes nicht zum Anlass nehmen, weitere Sicherheiten zu verlangen oder auf Vorkasse umzustellen.[74] Dies würde in einer Vielzahl von Fällen mit Sicherheit die Möglichkeiten des Sc...

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