Rn 14

Nach dem Wortlaut des Abs. 1 Satz 3 hat der Schuldner (nicht: der Aussteller) mit dem Antrag auf Anordnung des Schutzschirms eine mit Gründen versehene Bescheinigung eines in Insolvenzsachen erfahrenen Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Rechtsanwalts oder einer Person mit vergleichbarer Qualifikation vorzulegen, aus der sich ergibt, dass drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung, aber keine Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist.

3.1.6.1. Qualifikation des Ausstellers

 

Rn 15

Der Aussteller der Bescheinigung muss eine Mindestqualifikation vorweisen, da durch seine Einschätzung, die in der von ihm auszustellenden Bescheinigung dokumentiert wird, der Nachweis[12] der Anordnungsvoraussetzungen erbracht werden soll.

 

Rn 16

Deshalb muss er ein in Insolvenzsachen erfahrener Steuerberater, Wirtschaftsprüfer oder Rechtsanwalt sein oder eine vergleichbar qualifizierte Person, z.B. Steuerbevollmächtigter oder vereidigter Buchprüfer, die nach § 3 Nr. 1 StBerG ebenso wie Steuerberater zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt sind, aber auch Angehörige eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum und Personen, die in einem dieser Staaten ihre berufliche Niederlassung haben und über eine vergleichbare Qualifikation verfügen.[13] Gleichwohl muss die Bescheinigung in deutscher Sprache ausgestellt sein.[14] Die vom Bundesrat zunächst geforderte Einschränkung des Personenkreises durch Verwendung anerkannter Begrifflichkeiten (z.B. Fachanwalt für Insolvenzrecht)[15] ist nicht Gesetz geworden, weil auch der europäischen Dienstleistungsrichtlinie Rechnung getragen werden sollte.[16] Erforderlich ist aber, dass die Bescheinigung von einer natürlichen Person, nicht von einer Kanzlei ausgestellt ist,[17] weil die erforderlichen einschlägigen Sanierungserfahrungen nur bei einer natürlichen Person, nicht aber bei einer Kanzlei festgestellt werden können. Demzufolge scheidet auch eine juristische Person mit Zulassung zur Rechtsanwaltschaft als Aussteller aus. Beim Aussteller muss es sich um eine unabhängige und neutrale Person handeln; es sind ähnlich strenge Anforderungen zu stellen wie bei der Auswahl eines vorläufigen Insolvenzverwalters.[18] Damit ist nicht vereinbar, wenn der Aussteller gleichzeitig den Schuldner im Insolvenzantragsverfahren vertritt.[19]

Unabhängig von der förmlichen Qualifikation müssen alle Aussteller entsprechender Bescheinigungen in Insolvenzsachen erfahren sein,[20] wenn die Bescheinigung bei der Entscheidung des Gerichts Berücksichtigung finden soll. Über die Feststellung der Erfahrenheit schweigen sich das Gesetz und die Begründung aus. Sofern der Aussteller bei Gericht nicht bekannt ist, wird er seine Qualifikation im Rahmen der Bescheinigung schildern müssen, wobei Zweifel an der Qualifikation des Ausstellers nach der Formulierung des Gesetzestextes zu Lasten des Schuldners gehen. Erforderlich ist, dass der Aussteller praktische Erfahrung mit der Erstellung oder Prüfung von Insolvenzgründen und Sanierungskonzepten gesammelt hat und diese auch nachvollziehbar darlegen kann. Genau hierüber soll er dem Gericht eine Einschätzung geben. Dagegen braucht er keine Erfahrung mit der Durchführung von Insolvenzverfahren zu haben oder Insolvenzverwalter zu sein. Nicht erforderlich scheint jedenfalls auch, dass der Aussteller für Sanierungsverfahren der betreffenden Größe besonders qualifiziert ist. Das Gesetz verlangt lediglich, dass er allgemein "in Insolvenzsachen" erfahren sein muss, nicht jedoch – wie § 56 – den Nachweis der Eignung für den jeweiligen Einzelfall. Eine weitere Prüfung der Geeignetheit des Ausstellers findet daher nicht statt.

[12] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 40.
[13] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 40.
[14] Zipperer/Vallender, NZI 2012, 729.
[15] Stellungnahme BR-Drs. 127/11 (B), S. 21.
[16] Gegenäußerung BReg BT-Drs. 17/5712, S. 70.
[17] Zipperer/Vallender, NZI 2012, 729.
[19] AG München Beschluss v. 29.3.2012, 1507 IN 1125/12, NZI 2012, 566; a. A. Zipperer/Vallender, NZI 2012, 729, die auch eine dauernde Mandatsbeziehung zwischen Schuldner und Aussteller im Zeitraum vor der Krise für unschädlich halten.
[20] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 40.

3.1.6.2. Inhalt

 

Rn 17

Die Bescheinigung hat eine ausdrückliche Bestätigung zu enthalten, wonach drohende Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung, nicht aber Zahlungsunfähigkeit vorliegt und die angestrebte Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Was genau unter Sanierung zu verstehen ist, lässt das Gesetz offen. Das Unternehmen muss aber zumindest – eventuell unter Zuhilfenahme des Insolvenzplanverfahrens – in die Lage versetzt werden, dass eine positive Fortführungsprognose besteht.[21]

 

Rn 18

Da die Bescheinigung mit Gründen zu versehen ist, ermöglicht sie dem Gericht eine Überprüfung der sachlichen Richtigkeit. Ein umfangreiches Gutachten nach bestimmten formalisierten ...

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