Rn 2

Die Vorschrift betrifft die nach § 21 InsO grundsätzlich auch im Rahmen einer vorläufigen Eigenverwaltung anzuordnenden Sicherungsmaßnahmen, die erforderlich erscheinen, um bis zur Entscheidung über den Antrag eine den Gläubigern nachteilige Veränderung der Vermögenslage des Schuldners zu verhüten.

 

Rn 3

Das Eigenverwaltungsverfahren bietet dem Schuldner einen besonderen Anreiz, da es ihm ermöglicht, auch weiterhin selbst die Geschicke des Unternehmens bestimmen zu können. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis soll nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich bei ihm verbleiben. Problematisch war bisher, wie in der Zeit zwischen der Stellung des Insolvenzantrages und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Anordnung der Eigenverwaltung verfahren werden sollte. Unterhält ein Schuldner einen laufenden Geschäftsbetrieb – wie es bei Beantragung der Eigenverwaltung regelmäßig sein wird – besteht im Normalfall ein Bedürfnis zur Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach §§ 21 ff. Damit wäre aber der Vorteil der Eigenverwaltung insbesondere in den Fällen, in denen ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt wird, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens schon wieder zunichte gemacht. Für diesen Fall sieht § 270a zusammen mit § 270b eine besondere Regelung vor, die es verhindert, dass der Schuldner die Verfügungsmacht über sein Unternehmen verliert, sofern nur sein Antrag auf Anordnung der Eigenverwaltung nicht offensichtlich aussichtslos ist. Das Vertrauen der Geschäftspartner des Schuldners in dessen Sanierungskonzept wird mit dieser Konzeption also nicht dadurch gefährdet, dass ein bislang Unbeteiligter als vorläufiger Insolvenzverwalter unvorhergesehene Maßnahmen ergreift.[2]

 

Rn 4

Nicht geregelt ist allerdings, ob das Gericht zur Feststellung der "offensichtlichen" Aussichtslosigkeit des Antrags von Amts wegen Ermittlungen anstellen darf oder nicht. Hierzu wird vertreten, dass die Beschränkung auf Offensichtliches den Insolvenzgerichten die Ermittlung von Amts wegen verwehrt.[3] Das ist aber nicht zutreffend, weil das Gericht nach § 5 den Amtsermittlungsgrundsatz zu beachten hat, der weder nach dem Gesetzeswortlaut noch nach der Gesetzesbegründung ausdrücklich eingeschränkt wurde. Danach kann es den Schuldner zumindest nach den Nachteilen befragen, die nach § 270 Abs. 2 Nr. 2 nicht durch die Eigenverwaltung eintreten dürfen. Die Bestellung eines Sachverständigen ist lediglich in der Phase bis zur Entscheidung des Gerichts über den Antrag nach § 270b ausgeschlossen.[4] Der Schuldner sollte bei Antragstellung daher unbedingt Ausführungen hierzu machen, weil er ansonsten Nachfragen durch das Gericht und damit zeitliche Verzögerung riskiert. Nicht ausreichend ist dagegen, wenn der Antragsteller sich hierzu nicht einlässt und schlichtweg keine Angaben macht. Es kann vom Insolvenzgericht nicht erwartet werden, dass es dem Schuldner auf einer nicht vorhandenen Tatsachengrundlage trotz vorliegender Insolvenz einen Vertrauensvorschuss gibt und von Sicherungsmaßnahmen absieht.

 

Rn 5

Das Gericht "soll" nach § 270a von bestimmten – öffentlichkeitswirksamen – Sicherungsmaßnahmen (allgemeines Verfügungsverbot; Zustimmungsvorbehalt) absehen, wenn der Antrag nicht offensichtlich aussichtslos ist. Die Vorschrift räumt dem Insolvenzgericht daher kein freies ("kann"), sondern ein intendiertes Ermessen ein, wonach das Gericht im Regelfall – nicht aber in atypischen Fällen – von der Anordnung der Sicherungsmaßnahmen abzusehen hat. Ein solcher atypischer Fall kann z.B. dann vorliegen, wenn der Antrag des Schuldners auf Eigenverwaltung zwar nicht offensichtlich aber doch weit überwiegend aussichtslos ist und dies gerade auf einer fraglichen persönlichen Qualifikation des Schuldners bzw. seiner Organe beruht. In einem solchen Fall kann die Anordnung eines Zustimmungsvorbehalts bis zur Neubesetzung bestimmter Schlüsselpositionen beim Schuldner durchaus sinnvoll sein.

 

Rn 6

Die Vorschrift schränkt die Möglichkeiten des Gerichts für die Anordnung von Sicherungsmaßnahmen nach § 21 ein. Ausdrücklich genannt sind die Anordnung eines allgemeinen Verfügungsverbots oder eines Zustimmungsvorbehalts. In § 270a sind dagegen keine Einschränkungen für die Untersagung oder einstweilige Einstellung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder für die Anordnung eines Aussonderungs- oder Verwertungsverbots gegenüber Gläubigern enthalten, die rechtlich daher auch möglich bleiben. Theoretisch ist auch die Anordnung einer Postsperre oder zwangsweise Vorführung des Schuldners möglich. Sollte dies nötig sein, dürften aber kaum die Voraussetzungen für die Anordnung der Eigenverwaltung gegeben sein.

[2] Vgl. BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 39.
[3] Brinkmann/Zipperer, ZInsO 2011, 1337, 1342.
[4] BegrRegE, BT-Drs. 17/5712, S. 41.

2.1. Schuldner verfügt weiter (Abs. 1 Satz 1)

 

Rn 7

Liegen die soeben ausgeführten Voraussetzungen vor, belässt das Gericht die Verfügungsbefugnis uneingeschränkt beim Schuldner und bestellt keinen vorläufigen Insolvenzverwalter. Im Regelfall behält der Schuldner also nach Stellung des Insol...

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