Rn 30

Entsprechend dem gesetzgeberischen Ziel, den Einfluss der Gläubiger vor allem bei einer Fortführung des Geschäftsbetriebes und einer beabsichtigten Sanierung maßgeblich zu stärken, ist ein vorläufiger Gläubigerausschuss nicht einzusetzen, wenn der Geschäftsbetrieb des Schuldners bereits eingestellt ist.

Der gesetzliche Filter des laufenden Geschäftsbetriebes ist recht grob. Es gibt nicht wenige Verfahren mit großen Massen, bei denen kein laufender Geschäftsbetrieb vorliegt (bspw. in der Nachlassinsolvenz). Aufgrund des eindeutigen Wortlauts des Abs. 3 scheidet für diese die Einsetzung eines Pflicht- oder Antragsausschusses aus. Eine gesetzgeberische Fehlleistung liegt dennoch nicht vor,[51] denn im Rahmen der gerichtlichen Ermessensausübung bei der Entscheidung über die Einsetzung eines Amtsausschuss gem. § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1a kann die große Masse berücksichtigt werden, da § 22 a Abs. 3 auf diesen keine direkte Anwendung findet.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung, ob ein laufender Geschäftsbetrieb noch vorliegt, ist nicht der Eingang des Insolvenzantrages, sondern der Zeitpunkt der Entscheidungsreife der Einsetzungsentscheidung.[52] Ist jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt sicher, dass der Geschäftsbetrieb in Kürze eingestellt wird, kommt eine Einsetzung nur in Betracht, wenn der vorläufige Gläubigerausschuss mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nach der bevorstehenden Einstellung des Geschäftsbetriebes als Amtsausschuss fortgeführt würde.[53]

Zur Definition des eingestellten Geschäftsbetriebes muss in Ermangelung klarer gesetzlicher Vorgaben auf eine systematische Betrachtung abgestellt werden. Das Verständnis der "selbständigen wirtschaftlichen Tätigkeit" in § 3 Abs. 1 Satz 2 kann daher übertragen werden.[54] Es kommt mithin darauf an, ob der Schuldner zum Stichtag einen werbenden Geschäftsbetrieb aktiv betrieben hat. Reine Abwicklungstätigkeiten ändern an der Einstellung des Geschäftsbetriebes im Sinne des Abs. 3 nichts. Im Übrigen kann auf die Kommentierung zu § 3 verwiesen werden (§ 3 Rdn. 4).

[51] So aber HambKomm-Frind, § 22 a Rn. 3.
[52] AG Hamburg ZInsO 2013, 2166.
[53] Ähnlich: AG Hamburg ZInsO 2013, 1803; a. A. Martini, ZInsO 2013, 1782.
[54] AG Hamburg ZInsO 2013, 2166; MünchKomm-Haarmeyer, § 22 a Rn. 149.

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