Rn 14

§ 200 ist wie seine Vorgängerregelung § 163 KO lückenhaft geblieben. Insbesondere wurden die Rechtsfolgen der Verfahrensaufhebung nach Vollzug der Schlussverteilung nicht geregelt. Jedoch können die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu den verschiedenen Verfahrensbeendigungen (§ 215 Abs. 2 Satz 1, § 259 Abs. 1) auf die Aufhebung nach § 200 entsprechend angewandt werden.[17] Denn sowohl die Verfahrenseinstellung gemäß §§ 207, 211 bis 213 als auch die Aufhebung des Verfahrens nach rechtskräftig bestätigtem Insolvenzplan gemäß § 258 führen wie die Aufhebung nach § 200 zu einer Beendigung des Verfahrens. Mit dem Wirksamwerden des Aufhebungsbeschlusses (§ 9 Abs. 1 Satz 3) werden die Wirkungen des Insolvenzverfahrens für die Zukunft beseitigt.[18]

Bezüglich der rechtlichen Wirkungen der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ist Folgendes zu beachten:

[17] HambKomm-Preß, § 200 Rn. 12; MünchKomm-Hintzen, § 200 Rn. 30.
[18] Nerlich/Römermann-Westphal, § 200 Rn. 8; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 200 Rn. 11.

5.1 Wiedererlangung der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis durch den Insolvenzschuldner

 

Rn 15

Der Schuldner erhält seine Verwaltungs-, Verfügungs- und Prozessführungsbefugnis hinsichtlich des zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögens grundsätzlich zurück, so dass die diesbezüglichen Befugnisse des Verwalters enden. Der Insolvenzbeschlag entfällt kraft Gesetzes.

 

Rn 16

Zwischen dem Insolvenzverwalter und dem Schuldner entsteht ein Abwicklungsverhältnis. Dieses verpflichtet den Verwalter dazu, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um dem Schuldner die Verfügungsmacht über sein Vermögen tatsächlich wieder einzuräumen.[19]

 

Rn 17

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht für diejenigen Massebestandteile, die für eine Nachtragsverteilung im Schlusstermin zurückbehalten und anschließend hinterlegt worden sind (§ 203 Abs. 1 Nr. 1). Für diese Vermögensgegenstände dauert die Beschlagnahmewirkung fort.[20]

 

Rn 18

Vermögenswerte, für die eine Nachtragsverteilung nach § 203 Abs. 1 Nr. 2 oder 3 vom Insolvenzgericht nachträglich – d. h. nach Verfahrensaufhebung – angeordnet worden ist, unterliegen erst von diesem Zeitpunkt an wieder dem Insolvenzbeschlag. Bis dahin sind weder der Insolvenzschuldner noch die Gläubiger an einer Verfügung über sie gehindert.[21]

 

Rn 19

Der Insolvenzbeschlag dieser Gegenstände endet erst mit deren endgültigen Verwertung oder Entscheidung des Insolvenzgerichts nach § 203 Abs. 3 Satz 1. Die Anordnung einer Nachtragsverteilung steht der Verfahrensaufhebung nicht entgegen, vgl. § 203 Abs. 2.

[19] OLG Celle KTS. 1972, 265; Nerlich/Römermann-Westphal, § 200 Rn. 8.
[20] BGH ZIP 1982, 467 (468) [BGH 10.02.1982 - VIII ZR 158/80]; BGH ZIP 1992, 1152 (1153) [BGH 15.06.1992 - II ZR 88/91]; Kübler/Prütting-Holzer, § 200 Rn. 7.
[21] BGH DB 1973, 2038 (2039) [BGH 22.02.1973 - VI ZR 165/71].

5.2 Rechte der Insolvenzgläubiger

 

Rn 20

Die im Verfahren nicht voll befriedigten Insolvenzgläubiger können mit Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre noch ausstehenden Forderungen, sofern diese zur Tabelle festgestellt und vom Schuldner nicht bestritten sind, nach § 201 gegenüber dem Insolvenzschuldner wieder uneingeschränkt geltend machen. Vollstreckungsverbote verlieren mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre Wirkung.

 

Rn 21

Eine Ausnahme besteht allerdings für den Fall, dass es sich bei dem Schuldner um eine natürliche Person handelt und die Durchführung eines Restschuldbefreiungsverfahrens (§ 201 Abs. 3) angekündigt ist. Dann sind das Nachforderungsrecht des einzelnen Insolvenzgläubigers sowie die Betreibung der Zwangsvollstreckung während der Laufzeit der Abtretungserklärung ausgeschlossen (§ 294 Abs. 1).

 

Rn 22

Das Amt der Gläubigerausschussmitglieder endet mit Verfahrensaufhebung; im Falle einer Nachtragsverteilung lebt es nicht wieder auf.[22]

 

Rn 23

Das Aufrechnungsverbot nach § 96 endet mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens.[23]

[22] Nerlich/Römmermann-Westphal, § 200 Rn. 14; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 205 Rn. 5.
[23] FK-Kießner, § 200 Rn. 14.

5.3 Beendigung der Verjährungshemmung

 

Rn 24

Die mit der Forderungsanmeldung eingetretene Verjährungshemmung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 10 BGB endet mit der Verfahrensaufhebung. Nach § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB endet die Hemmung nicht direkt mit Verfahrensaufhebung, sondern dauert darüber hinaus noch sechs Monate an.

5.4 Schicksal der Rechtsverhältnisse

 

Rn 25

Rechtsverhältnisse zwischen dem Insolvenzschuldner und einem Gläubiger, die nach §§ 103 ff. erloschen sind, leben nicht wieder auf.[24] Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte, die der Verwalter im Rahmen seiner Verwaltungsmacht eingegangen ist, bleiben wirksam; sie können nunmehr aber nur noch vom Insolvenzschuldner erfüllt werden. Die Rechtshandlungen des Insolvenzverwalters bleiben auch dann wirksam, wenn sich diese als unzweckmäßig oder unrichtig herausstellen; etwas anderes gilt nur bei insolvenzzweckwidrigen Rechtsgeschäften.[25]

[24] Kilger/K. Schmidt, KO § 163 Anm. 4a; Jaeger-Weber, § 163 Rn. 8; HambKomm-Preß, § 200 Rn. 17.
[25] BGH NJW 1983, 2018, 2019 [BGH 13.01.1983 - III ZR 88/81]; Uhlenbruck-Uhlenbruck, § 200 Rn. 12.

5.5 Schicksal der schwebenden Prozesse

 

Rn 26

Mit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens verliert der Insolvenzverwalter materiell die Verwaltungs- und Verfügun...

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