4.1.1 Die in Bezug genommenen Vorschriften

 

Rn 66

Die Reichweite des Verweises in § 143 Abs. 1 Satz 2 auf das Bereicherungsrecht ist umstritten. Ausdrücklich nimmt die Vorschrift nur diejenigen Vorschriften in Bezug, die für den bösgläubigen Bereicherungsschuldner gelten, nicht jedoch jene Regelungen, die auf einen gutgläubigen Bereicherungsschuldner Anwendung finden. Eine Ansicht will dennoch vorrangig § 818 Abs. 1 und 2 BGB, insb. im Rahmen von Wertersatz und Nutzungen, anwenden, und nur falls diese nicht einschlägig sind, auf die § 818 Abs. 4, § 819 Abs. 1 BGB zurückgreifen (etwa für schuldhaft nicht gezogene Nutzungen).[217] Diese Ansicht steht jedoch mit dem Wortlaut sowie der systematischen Abgrenzung zu § 143 Abs. 2 Satz 1 nicht in Einklang.[218]

 

Rn 67

Folgt man der vorstehenden Ansicht, dann kommen im Einzelnen über § 819 Abs. 1, § 818 Abs. 4 BGB zur (entsprechenden) Anwendung[219]

§ 292 Abs. 2, §§ 992, 987 hinsichtlich der Herausgabe von Nutzungen,
§ 285 hinsichtlich der Herausgabe von Surrogaten
§ 292 Abs. 1, § 989, § 990 Abs. 2 hinsichtlich des Wertersatzes sowie
§ 292 Abs. 2, § 994 Abs. 2, §§ 995, 997-1003 hinsichtlich des Ersatzes von Verwendungen.
[217] Kübler/Prütting/Bork-Jacoby, § 143 Rn. 22; ; Eckardt, in: FS-Gerhardt 2004, S. 145, 170 ff. m. w. N.
[218] Gegen die Anwendbarkeit von § 818 Abs. 1, 2 BGB ausdrücklich MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 10; Uhlenbruck-Hirte, § 143 Rn. 28, 32; FK-Dauernheim, § 143 Rn. 15; hiervon ausgehend auch Breutigam/Tanz, ZIP 1998, 717 (723 ff.).
[219] MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 59.

4.1.2 Die zeitliche Reichweite der Verweisung

 

Rn 68

Als maßgeblicher Zeitpunkt für das Entstehen der Verpflichtung zum Ersatz von Nutzungen, des Wertes bzw. von Verwendungen sehen die (hier in Bezug genommenen) Vorschriften aus dem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis den Zeitpunkt der Rechtshängigkeit vor. Dieser Zeitpunkt entspricht für die vorliegenden Anfechtungskonstellationen demjenigen des Empfangs des Anfechtungsgegenstands durch den Anfechtungsgegner. § 143 Abs. 1 Satz 2 stellt nämlich den Anfechtungsgegner so, als sei ihm der "Mangel des rechtlichen Grundes" i. S. v. § 819 Abs. 1 BGB von Anfang an bekannt gewesen, d. h. ab dem Zeitpunkt der Vornahme der anfechtbaren Handlung (§ 140). Infolgedessen findet eine zeitliche Vorverlagerung der Haftung infolge fiktiver Bösgläubigkeit und damit fiktiver Rechtshängigkeit statt (vgl. § 819, § 818 Abs. 4 BGB), und zwar beginnend mit der Vornahme der anfechtbaren Handlung. Diese ist somit maßgeblicher Zeitpunkt für die Ersatzpflicht nach §§ 987, 989 BGB.[220] Der Anfechtungsgegner muss somit ab Erhalt des Anfechtungsgegenstandes wie ein Besitzer nach Rechtshängigkeit stets mit der Verwirklichung der Rückgewährpflicht rechnen.

[220] Vgl. FK-Dauernheim, § 143 Rn. 20; MünchKomm-Kirchhof, § 143 Rn. 73, 78; Schmidt-Rogge, § 143 Rn. 57, 62.

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