Rn 11

Bei der Dotierung des Sozialplans nach Insolvenzeröffnung sind sowohl die absolute Obergrenze des Sozialplans gemäß § 123 Abs. 1 als auch die betriebsverfassungsrechtlichen Beschränkungen des § 112 BetrVG zu beachten.

1.3.1 Absolute Obergrenze (§ 123 Abs. 1)

 

Rn 12

Der Gesamtbetrag der in § 123 Abs. 1 genannten 2 1/2 Monatsverdienste der von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer stellt eine Höchstgrenze für die Sozialplandotierung dar. Diese absolute Obergrenze und damit der Gesamtbetrag des zulässigen Gesamtplanvolumens errechnet sich, indem die Monatsverdienste aller betroffenen Arbeitnehmer mit 2,5 multipliziert werden.

1.3.2 Betriebsverfassungsrechtliche Schranken

 

Rn 13

Der Gesamtbetrag der 2 1/2 Monatsverdienste in § 123 Abs. 1 darf nicht dahingehend missverstanden werden, dass die Betriebsparteien oder die Einigungsstelle diese Höchstgrenze stets ausschöpfen dürfen. Es ist vielmehr entsprechend der unter vor §§ 123, 124 Rn. 46 ff. dargestellten Grundsätze zu ermitteln, welche Nachteile die von der Entlassung betroffenen Arbeitnehmer erleiden (werden). Wenn diese Nachteile geringer sind als das in § 123 Abs. 1 vorgesehene Gesamtvolumen, kann der dort genannte Höchstbetrag unterschritten werden.[11]

 

Rn 14

Umstritten ist das Verhältnis des § 123 zu § 112 Abs. 5 BetrVG. Zum Teil wird vertreten, dass § 112 Abs. 5 BetrVG auch im Insolvenzverfahren ohne weiteres anwendbar sei und dass die Interessen der Insolvenzgläubiger die wirtschaftliche Vertretbarkeit des Sozialplanvolumens für das Unternehmen ersetzen.[12]

Nach anderer Auffassung soll durch § 123 legislatorisch entschieden sein, inwieweit die Gesamthöhe der Sozialplanleistungen auf die Interessen der Gläubiger Rücksicht nehmen müsste.[13] Richtigerweise wird man differenzieren müssen. Der Gesetzgeber hat mit § 123 einen Ausgleich zwischen den Interessen der Arbeitnehmer an Sozialplanleistungen und der Gläubiger an der Funktionsfähigkeit des Insolvenzverfahrens und einer Anreicherung der Masse herbeigeführt.[14] Im Falle der Liquidation des Unternehmens ist es nicht erforderlich, den Betriebsparteien bzw. der Einigungsstelle darüber hinaus Ermessensrichtlinien im Hinblick auf die Interessen der Insolvenzgläubiger aufzulegen. Anders ist die Situation, wenn das Unternehmen fortgeführt wird. In diesem Fall kann es der Fortbestand des Unternehmens und damit die Erhaltung der verbleibenden Arbeitsplätze durchaus erfordern, dass das Kriterium der wirtschaftlichen Vertretbarkeit im Sinne des § 112 Abs. 5 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 BetrVG bei der Aufstellung des Insolvenzsozialplans berücksichtigt werden muss.[15] Je nach den Umständen des Einzelfalls kann dies dazu führen, dass keine Sozialplanabfindungen vereinbart werden dürfen.[16]

[11] Schwerdtner, in: Kölner Schrift zur Insolvenzordnung, S. 1149 Rn. 60.
[12] Fitting/Kaiser/Heither/Engels, §§ 112, 112a Rn. 202; Kuhn/Uhlenbruck, § 61 Rn. 32d.
[13] MünchArbR/Matthes, § 355 Rn. 5, m.w.N.
[14] allg. BegRegE, BT-Drucks. 12/2443, S. 98, abgedruckt in: Kübler/Prütting, Bd. I S. 125.
[15] Kübler/Prütting-Moll, §§ 123, 124 Rn. 51 f.; ebenso Caspers, Rn. 464 ff.; von Hoyningen-Huene, RdA, 1986, 102, 114; Däubler/Kittner/Klebe-Schneider, Anhang zu §§ 111–113, 123 InsO, Rn. 19.
[16] BAG GS 13.12.1978 AP Nr. 6 zu § 112 BetrVG 1972.

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