3.1 Entsendung eines Mitglieds aus jedem Gläubigerausschuss

 

Rn 10

Ausweislich des Gesetzeswortlautes entsendet jeder (vorläufige) Gläubigerausschuss eines gruppenangehörigen Schuldners, der nicht von offensichtlich untergeordneter Bedeutung ist (vgl. hierzu im Einzelnen § 3a Rn. 20 ff.), einen Vertreter in den Gruppen-Gläubigerausschuss. Aufgrund der fehlenden Verweisung auf § 67 Abs. 3 ist davon auszugehen, dass eine Bestellung von Nichtgläubigern vom Gesetzgeber nicht gewünscht ist.

 

Rn 11

Bei großen Konzernen mit vielen gleichberechtigten Schwester- und Tochtergesellschaften kann dies zu einer unüberschaubaren Personenzahl führen. Aufgrund der dadurch entstehenden erheblichen Mehrkosten und der Frage, ob ein solch großes Gremium überhaupt die erforderlichen schnellen Entscheidungen effektiv treffen kann, dürften die Insolvenzgerichte zu große Gruppen-Gläubigerausschüsse regelmäßig nach pflichtgemäßem Ermessen ablehnen, um die Handlungsfähigkeit sicherzustellen.[15]

 

Rn 12

Praktisch ist es derzeit üblich, in Konzernen mit vielen Gesellschaften (sofern rechtlich möglich) in verschiedenen konzernangehörigen Gläubigerausschüssen dieselben Gläubigervertreter einzusetzen.[16] Damit wird der Arbeitsaufwand in Konzerninsolvenzverfahren gering gehalten, da die schon bestellten Mitglieder anderer gruppenangehöriger Insolvenzverfahren bereits in das Verfahren eingearbeitet sind und über weit mehr Kenntnisse auch hinsichtlich der insolvenzrechtlichen Fragen verfügen, als ein neu zu bestellender Gläubiger des betreffenden Unternehmens.[17] Die Gläubigerausschüsse können in dieser Konstellation in der Regel gemeinsam tagen. Es erscheint daher auch weiterhin sinnvoll, Gläubigerausschüsse mit sich möglichst vielen überschneidenden Personen zu bestellen und dies auch bei der Bestellung des Gruppen-Gläubigerausschusses zu beachten.[18] Damit würde nicht zuletzt die Abstimmung zwischen den Gläubigervertretern und die Terminbestimmung für Sitzungen des (vorläufigen) Gläubigerausschusses erleichtert.

[15] Vgl. hierzu auch Braun-Fendel, § 269c Rn. 8; a.A. FK-Wimmer/Amend, § 269c Rn. 17; Hoegen/Kranz, NZI-Beilage 2018, 20 (22).
[16] So auch Braun-Fendel, § 269c Rn. 10; Flöther-Frege/Nicht, Handbuch Konzerninsolvenzrecht, § 4 Rn. 355.
[17] Vgl. hierzu auch Braun-Fendel, § 269c Rn. 10.
[18] Braun-Fendel, § 269c Rn. 10.

3.2 Nicht von offensichtlich untergeordneter Bedeutung

 

Rn 13

Der Schuldner darf zudem nicht offensichtlich von untergeordneter Bedeutung für die gesamte Unternehmensgruppe sein. Damit greift der Gesetzgeber die Voraussetzung aus § 3a auf, dessen Regelungen hier entsprechend anwendbar sind. Wann das Unternehmen im Regelfall keine untergeordnete Rolle einnimmt, bestimmt sich gemäß § 3a Abs. 1 Satz 2 nach der Anzahl der Arbeitnehmer, der Bilanzsumme und den Umsatzerlösen (vgl. hierzu im Einzelnen unter § 3a Rn. 20 ff.).

3.3 Arbeitnehmervertreter

 

Rn 14

Das Gericht hat neben den durch die Gläubigerausschüsse bestellten Mitgliedern des Gruppen-Gläubigerausschusses einen Vertreter der Arbeitnehmer als weiteres Mitglied zu bestimmen, und zwar unabhängig davon, ob ein Gläubigerausschuss bereits einen Arbeitnehmer als seinen Vertreter entsandt hat ("weiteres Mitglied").[19]

 

Rn 15

Sinnvoll wird es regelmäßig sein, einen Vertreter aus einem Betriebsrat, Gesamtbetriebsrat oder Konzernbetriebsrat zu bestellen. Bei diesen Personen ist davon auszugehen, dass sie die Interessen sämtlicher Arbeitnehmer und auch der übrigen Gläubiger verantwortungsvoll vertreten.[20] Hinsichtlich der Zulässigkeit der Einsetzung eines Mitglieds des Konzernbetriebsrates herrscht in der Literatur Uneinigkeit, da der Konzern mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zerfällt und somit formaljuristisch das Amt des Konzernbetriebsrates ebenfalls enden müsse.[21] Insoweit wird vertreten, dass durch die Anwendung des Konzerninsolvenzrechts die Konzernstruktur faktisch erhalten bleibe, sodass im Wege einer teleologischen Reduktion in diesen Fällen das Konzernbetriebsratsmitglied gleichwohl zum Mitglied des Gruppen-Gläubigerausschusses bestellt werden kann.[22] Vertreter der Gewerkschaften sind als Arbeitnehmer aufgrund der fehlenden Gläubigereigenschaft und des fehlenden Verweises auf § 67 Abs. 3 regelmäßig ungeeignet.[23]

 

Rn 16

Damit auch die Interessen eines Großteils der Mitarbeiter sachgerecht vertreten werden und nicht nur einiger weniger, sollte die Regel, dass der Vertreter nicht aus einem Verfahren von untergeordneter Bedeutung stammen soll, insbesondere für den Arbeitnehmervertreter gelten.[24]

[19] Wroblewski, ZInsO 2018, 2512 (2514).
[20] Siehe dazu ausführlich Schneider/Kramer, BB 2018, 713 (717); Mückl/Götte, ZInsO 2017, 623 (627) mit der Einschränkung, dass ein Vertreter des Sprecherausschusses wohl regelmäßig nicht geeignet ist, da dieser nur einen kleinen Teil der Arbeitnehmer repräsentiert.
[21] Dazu instruktiv Mückl/Götte, ZInsO 2017, 623 (629); Schneider/Kramer, BB 2018, 713 (717); HambKomm-InsR/Frind § 269c InsO Rn. 10.
[22] Schneider/Kramer, BB 2018, 713 (717); Wernicke/Schneider, BB 2018, 948 (952); HambKomm-InsR/Frind § 269c InsO Rn. 10.
[23] Hierzu ausführlich Mückl/Götte, ZInsO 2017, 623 (627...

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