Leitsatz

Die Frage, ob die Einschränkung der Befugnis zur Änderung einer vor dem In-Kraft-Treten des StEntlG 1999/2000/2002 vom 24.3.1999 eingereichten Bilanz gegen das Rückwirkungsverbot verstößt oder wegen Verletzung des Gleichheitssatzes verfassungswidrig sein könnte, weil § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG nur bilanzierende Steuerpflichtige trifft, bedarf keiner Entscheidung, wenn dem Steuerpflichtigen ein Rechtsanspruch auf Zustimmung zur Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG a.F. nicht zustehen würde.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4 Satz 2 EStG

 

Sachverhalt

Nach einer Steuerfahndungsprüfung wurden bei der Einkommensteuerveranlagung 1992 eines bilanzierenden Landwirts zusätzliche Kapitaleinkünfte erfasst. Dadurch erhöhte sich die Steuer von 0 DM auf 1.400 DM. Gegen den Änderungsbescheid erhob der Landwirt Einspruch und machte erstmals eine Sonderabschreibung für einen zwei Jahre zuvor angeschafften Mähdrescher geltend. Den Abschreibungsbetrag bemaß er so, dass die Steuer wieder auf 0 DM sinken sollte.

Das FA lehnte dies unter Hinweis auf das zwischenzeitlich eingeführte Bilanzänderungsverbot nach § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ab. Die dagegen erhobene Klage hatte keinen Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Auffassung von FA und FG. Eine Bilanzänderung sei nur noch im Zusammenhang mit einer Bilanzberichtigung möglich. Die Neuregelung gelte auch für vor In-Kraft-Treten des Gesetzes eingereichte Bilanzen. Ob die damit verbundene Rückwirkung verfassungswidrig sei, müsse nicht geprüft werden. Denn einen Rechtsnachteil erleide der Kläger nur, wenn nach früherer Rechtslage ein Anspruch gegen das FA auf Zustimmung zur Bilanzänderung bestanden habe. Dies sei aber nicht der Fall. Einer willkürlichen Bilanzänderung zum Ausgleich des Mehrergebnisses einer Fahndungsprüfung hätte das FA auch bisher nicht zustimmen müssen.

 

Hinweis

1. Mit dem StEntlG 1999/2000/2002 hatte der Gesetzgeber in § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG ein totales Bilanzänderungsverbot geregelt, nachdem früher eine Bilanzänderung mit Zustimmung des FA möglich gewesen war. Dieses totale Verbot wurde kurze Zeit später durch das StBereinG 1999 teilweise wieder zurückgenommen, indem § 4 Abs. 2 Satz 2 EStG seine heute noch geltende Fassung erhielt. Eine Bilanzänderung ist jetzt immerhin zur Kompensation einer Bilanzberichtigung möglich. Mehrergebnisse einer Betriebsprüfung können also durch geänderte Ausübung von Wahlrechten kompensiert werden.

2. Das Bilanzänderungsverbot gilt nach der ausdrücklichen Anordnung des Gesetzes auch für VZ vor 1999. Es betrifft also Änderungen von Bilanzen für frühere VZ, und zwar unabhängig davon, ob die Bilanz schon vor dem 1.1.1999 eingereicht wurde. Dies stellt der BFH im hiesigen Fall unmissverständlich klar. Damit stellt sich die Frage, ob eine solche weitreichende Rückwirkung nicht gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verstößt.

Mancher hatte sich von dem hier besprochenen Fall erhofft, dass er zur Klärung der Rückwirkungsfrage durch den BFH führen würde. Diese Hoffnung ist enttäuscht worden. Denn der BFH ließ die Frage offen, weil sich der Kläger auf das Rückwirkungsverbot nur dann berufen könne, wenn er nach früherer Rechtslage eine Bilanzänderung hätte vornehmen können. Das hätte einen Rechtsanspruch auf Zustimmung durch das FA vorausgesetzt. Diesen Anspruch verneint der BFH hier.

Es bleibt also weiter offen, ob die gesetzlich vorgesehene Rückwirkung des Bilanzänderungsverbots Bestand hat. Die praktische Bedeutung der Frage nimmt allerdings mit der Zeit ab, weil für VZ vor 1999 in immer mehr Fällen Festsetzungsverjährung eintreten wird.

3. Beachten Sie, dass die Kompensation eines Prüfungs-Mehrergebnisses durch Bilanzänderung nur möglich ist, soweit die Prüfung zu einer gewinnerhöhenden Bilanzberichtigung geführt hat. Anderweitige Erhöhungen von Besteuerungsgrundlagen, wie hier die Einkünfte aus Kapitalvermögen, können nicht durch eine Bilanzänderung kompensiert werden.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.3.2004, IV R 2/02

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