Entscheidungsstichwort (Thema)
Treuhandvollmacht bei Tätigkeit des Treuhänders auf wirtschaftlichem Gebiet einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts
Leitsatz (amtlich)
Zur Wirksamkeit einer Treuhandvollmacht, bei der der Schwerpunkt der Tätigkeit des Treuhänders auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange von Treugeber-Gesellschaftern einer Fondsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bezweckt.
Normenkette
RBerG Art. 1 § 1; BGB § 134
Verfahrensgang
OLG Zweibrücken (Urteil vom 15.11.2010; Aktenzeichen 7 U 100/09) |
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 09.06.2009; Aktenzeichen 7 O 213/08) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 7. Zivilsenats des Pfälzischen OLG Zweibrücken vom 15.11.2010 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand
Rz. 1
Die Parteien streiten um Rückforderungs- und Feststellungsansprüche im Hinblick auf ein zur Finanzierung eines Immobilienfondsbeitritts gewährtes Darlehen.
Rz. 2
Die Beklagten wurden im Jahre 1997 geworben, sich an einem Immobilienfonds zu beteiligen. Hierzu unterschrieben sie am 28.11.1997 einen formularmäßigen Zeichnungsschein, in dem sie der C. mbH (im Folgenden: Treuhänderin), die nicht über eine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz verfügte, den Abschluss eines Treuhandvertrages anboten und diese beauftragten, ihren wirtschaftlichen Beitritt zu der Z. GbR (im Folgenden: Fondsgesellschaft) mit einer Anteilssumme von 40.000 DM zzgl. 5 % Agio zu bewirken. Weiter wurde vereinbart, dass die Beklagten "eine eventuelle Refinanzierung des Gesellschaftsanteils ... selbst durchführen". Die Treuhänderin nahm das "Treuhandvertragsangebot" am 30.12.1997 an. In dem im Fondsprospekt enthaltenen Treuhandvertrag heißt es u.a.:
Rz. 3
"2.5. Vollmachten des Treuhänders a) Der Treugeber/Gesellschafter erteilt dem Treuhänder Vollmacht unter Genehmigung alles bereits Gehandelten, ihn bei der Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen zu vertreten, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlich oder zweckmäßig sind und ihn in allen Angelegenheiten zu vertreten, die mit dem Abschluss der hierfür erforderlichen Verträge zusammenhängen, insb. auch mit dem wirtschaftlichen Beitritt des Treugebers zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Der Treuhänder hat insb. die Befugnisse gem. § 4 des Gesellschaftsvertrages..."
Gemäß § 4 des Gesellschaftsvertrages wurde die Treuhänderin "zur Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen berechtigt und verpflichtet, die zur Erreichung des Gesellschaftszweckes erforderlich oder zweckmäßig sind", wobei es sich "insb. um ... Rechtsgeschäfte der Gesellschaft", wie Kauf-, Bau- und Sanierungsverträge, Verträge zur Eigenkapitalbeschaffung, einen Mietgarantievertrag, Verträge über Zwischen- und Endfinanzierungskredite, Kontoeröffnungsverträge sowie um Verträge "für die steuerliche Beratung der Gesellschaft und der Gesellschafter" handeln sollte.
Rz. 4
Mit Vertrag vom 28.11./30.12.1997 gewährte die Klägerin den Beklagten ein Finanzierungsdarlehen i.H.v. 46.666,67 DM brutto. Die Klägerin schrieb den Nettokreditbetrag von 42.000 DM dem Konto der Treuhänderin gut, die ihn zum Erwerb des Fondsanteils verwendete.
Rz. 5
Das auf die Feststellung der Wirksamkeit des Darlehensvertrages und des Nichtbestehens eines Widerrufsrechtes der Beklagten nach dem Haustürwiderrufsgesetz sowie etwaiger Einreden, Einwendungen und Schadensersatzansprüche gerichtete Klagebegehren haben die Parteien nach Erhebung der Widerklage übereinstimmend für erledigt erklärt.
Rz. 6
Mit ihrer Widerklage begehren die Beklagten u.a. unter Berufung auf die Nichtigkeit des Treuhandvertrages wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz die Entlassung aus dem Darlehensvertrag Zug um Zug gegen Abtretung des Fondsanteils, die Feststellung der Verpflichtung der Klägerin zum Ersatz des weiteren Vermögensschadens und des Annahmeverzuges der Klägerin, die Rückgewähr einer als Kreditsicherheit abgetretenen Lebensversicherung, die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten sowie hilfsweise wegen fehlender Gesamtbetragsangabe die Neuberechnung ihrer Leistungen auf das Darlehen, die Erstattung überzahlter Zinsen und die Feststellung der Höhe des zukünftigen Finanzierungszinssatzes.
Rz. 7
Das LG hat die Klägerin aufgrund ihres Anerkenntnisses unter Abweisung der weitergehenden Widerklage zur Zinsneuberechnung verurteilt und die Zinshöhe für die Zukunft mit 4 % p.a. festgestellt. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Widerklagebegehren weiter, soweit es in erster Instanz erfolglos geblieben ist.
Entscheidungsgründe
Rz. 8
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Rz. 9
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren noch von Interesse, ausgeführt:
Rz. 10
Der zwischen den Beklagten und der Treuhänderin abgeschlossene Treuhandvertrag sei nicht wegen eines Verstoßes gegen das Rechtsberatungsgesetz nichtig, da der Schwerpunkt der Tätigkeit der Treuhänderin im Verhältnis zu den Beklagten nicht auf rechtlichem, sondern auf wirtschaftlichem Gebiet liege. Die Treuhänderin habe lediglich den wirtschaftlichen Beitritt der Beklagten zur Fondsgesellschaft vermitteln sowie den Fondsanteil treuhänderisch erwerben und verwalten sollen. Die scheinbare Vielzahl der im Treuhandvertrag erteilten Vollmachten betreffe Bevollmächtigungen der Treuhänderin durch die Fondsgesellschaft, die nur wegen der zum damaligen Zeitpunkt noch nicht anerkannten Teilrechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesellschaftervollmachten formuliert worden seien. Selbst wenn von einer Nichtigkeit des Treuhandvertrages und der darin enthaltenen Vollmachten auszugehen wäre, sei der wirtschaftliche Fondsbeitritt der Beklagten nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft wirksam, denn die Fondsgesellschaft sei dadurch, dass die Treuhänderin einen Geschäftsanteil für die Beklagten erworben und diesen auch gehalten habe, sowie dadurch, dass die Beklagten Gewinn- und Verlustzuweisungen erhalten hätten, in Vollzug gesetzt worden.
II.
Rz. 11
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Die Beklagten können, selbst wenn zu ihren Gunsten unterstellt wird, dass Fondsbeitritt und Darlehensvertrag verbundene Geschäfte bilden, der Klägerin im Wege des Einwendungsdurchgriffs gem. § 9 Abs. 3 VerbrKrG nicht die Unwirksamkeit des Fondsbeitritts wegen Nichtigkeit der Treuhandvollmacht entgegenhalten, denn ihre der Treuhänderin im Treuhandvertrag erteilte Vollmacht verstößt nicht gegen die Vorschriften des Rechtsberatungsgesetzes.
Rz. 12
1. Entgegen der Auffassung der Revision ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die der Treuhänderin durch die Beklagten in Ziff. 2.5. Buchst. a) des Treuhandvertrages erteilte Vollmacht nicht wegen eines Verstoßes gegen Art. 1 § 1 RBerG (in der bis zum 7.9.1998 geltenden Fassung; nachfolgend: a.F.) i.V.m. § 134 BGB nichtig ist.
Rz. 13
a) Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH bedarf derjenige, der ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG a.F. Ein ohne diese Erlaubnis abgeschlossener Treuhandvertrag, der umfassende rechtliche Befugnisse und Pflichten des Auftragnehmers zum Abschluss aller mit dem Erwerb und der Finanzierung des Fondsanteils zusammenhängenden Verträge enthält, ist daher nichtig, wobei die Nichtigkeit nach dem Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG a.F. i.V.m. § 134 BGB auch eine dem Treuhänder erteilte umfassende Vollmacht erfasst (st.Rspr., vgl. nur BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rz. 12; v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rz. 33; v. 20.1.2009 - XI ZR 487/07, WM 2009, 542 Rz. 18, jeweils m.w.N.).
Rz. 14
Bei der Abgrenzung erlaubnisfreier Geschäftsbesorgung von erlaubnispflichtiger Rechtsbesorgung ist auf den Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen, weil eine Besorgung fremder Geschäfte außer mit wirtschaftlichen Belangen vielfach auch mit rechtlichen Vorgängen verknüpft ist. Maßgeblich ist, ob die Tätigkeit überwiegend auf wirtschaftlichem Gebiet liegt und die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange bezweckt, oder ob die rechtliche Seite der Angelegenheit im Vordergrund steht und es wesentlich um die Klärung rechtlicher Verhältnisse geht (vgl. BGH, Urt. v. 18.7.2006 - XI ZR 143/05, WM 2006, 1673, Rz. 22 m.w.N.). Von einer erlaubnispflichtigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten ist deshalb auszugehen, wenn die Tätigkeit des Treuhänders den Abschluss eines ganzen Bündels von Verträgen für den Treugeber mit mannigfaltigem rechtlichem Beratungsbedarf zum Gegenstand hat und nicht nur auf die Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange beschränkt ist (BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rz. 14 f.; v. 10.10.2006 - XI ZR 265/05, WM 2007, 108 Rz. 20; v. 24.10.2006 - XI ZR 216/05, WM 2007, 116 Rz. 16).
Rz. 15
b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Schwerpunkt der der Treuhänderin in Ziff. 2.5. Buchst. a) des Treuhandvertrages erteilten Vollmacht zur "Vornahme aller Rechtsgeschäfte und Rechtshandlungen ... zur Erreichung des Gesellschaftszweckes" und zur Vertretung in allen Angelegenheiten, die "mit dem wirtschaftlichen Beitritt des Treugebers zur Gesellschaft" zusammenhängen, auf wirtschaftlichem Gebiet liegt (ebenso OLG Hamm vom 25.8.2010 - 31 U 18/10, unveröffentlicht; a.A. OLG München vom 12.1.2010 - 5 U 5237/08, juris).
Rz. 16
Im Wesentlichen handelt es sich dabei um Befugnisse, die der Treuhänderin im Namen der Fondsgesellschaft erteilt werden. Dies gilt sowohl für die in § 4 Ziff. 1 Buchst. a) des Gesellschaftsvertrages geregelte Befugnis zum Abschluss der zur Durchführung des Investitionsvorhabens erforderlichen Verträge, als auch für die Befugnis zur Aufnahme der erforderlichen Zwischen- und Endfinanzierungsverträge "für die Gesellschaft" sowie zur Konteneröffnung und Verfügung darüber "namens der Gesellschaft". Diese Befugnisse der Treuhänderin werden - worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist - nur deshalb in Ziff. 2.5. Buchst. a) und b) des Treuhandvertrages nochmals erwähnt, weil bei dessen Abschluss Ende 1997 die Teilrechtsfähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts in der Rechtsprechung noch nicht anerkannt war.
Rz. 17
Anders als in früheren Entscheidungen, in denen der erkennende Senat von einem Verstoß einer der Treuhänderin erteilten umfassenden Vollmacht gegen Art. 1 § 1 RBerG a.F. ausgegangen ist (vgl. z.B. BGH, Urt. v. 25.4.2006 - XI ZR 29/05, BGHZ 167, 223 Rz. 3; v. 17.10.2006 - XI ZR 19/05, WM 2007, 62 Rz. 41; v. 24.10.2006 - XI ZR 216/05, WM 2007, 116 Rz. 3; v. 11.11.2008 - XI ZR 468/07, BGHZ 178, 271 Rz. 3; v. 20.7.2010 - XI ZR 465/07, BGHZ 186, 253 Rz. 31), war die Treuhänderin vorliegend aber weder bevollmächtigt, für die einzelnen Treugeber-Gesellschafter Finanzierungsdarlehen aufzunehmen, dafür Konten zu eröffnen und über diese zu verfügen, noch für einzelne Treugeber-Gesellschafter die persönliche Mithaftung für die Gesellschaftsschulden zu übernehmen und die Gesellschafter insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Privatvermögen zu unterwerfen. Derartige Befugnisse wurden der Treuhänderin gem. Ziff. 2.5. Buchst. b) des Treuhandvertrages vielmehr ausdrücklich nur "für die Gesellschaft" übertragen und beziehen sich allein auf "Grundpfandrechte am Gesellschaftsvermögen".
Rz. 18
c) Entgegen der Auffassung der Revision ist auch die Vollmacht der Treuhänderin zum Abschluss eines Steuerberatungsvertrages für die Fondsgesellschaft und die einzelnen Treugeber-Gesellschafter gem. § 4 Ziff. 1 Buchst. c) des Gesellschaftsvertrages nicht erlaubnispflichtig i.S.v. Art. 1 § 1 RBerG a.F. Die Treuhänderin wird hierdurch lediglich zur Auswahl des Steuerberaters für die Gesellschaft und die einzelnen Gesellschafter ermächtigt, was noch keine rechtsberatende Tätigkeit darstellt.
Rz. 19
d) Auch die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte, insb. der Auskunfts- und Überwachungsrechte der Beklagten als Treugeber-Gesellschafter gem. Ziff. 2.5. Buchst. j) des Treuhandvertrages, und die der Treuhänderin gem. Ziff. 2.5. Buchst. h) dieses Vertrages erteilte Zeichnungs- und Empfangsvollmacht verstoßen - entgegen der Rechtsauffassung der Revision - nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG a.F. Beide Aktivitäten sind - worauf die Revisionserwiderung zu Recht hinweist - unverzichtbare Bestandteile der Verwaltung einer Fondsbeteiligung mittelbarer Gesellschafter durch einen Treuhänder auf der Grundlage der gesetzlichen Bestimmungen i.S.v. §§ 662 ff. und 675 f. BGB.
Rz. 20
2. Da die der Treuhänderin durch die Beklagten im Treuhandvertrag erteilte Vollmacht somit nicht gegen Art. 1 § 1 RBerG a.F. verstößt, bedarf es vorliegend keiner Entscheidung darüber, ob im Falle einer Unwirksamkeit der der Treuhänderin erteilten Vollmacht gem. Art. 1 § 1 RBerG a.F. i.V.m. § 134 BGB die Anwendbarkeit der Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft einem Einwendungsdurchgriff der Beklagten entgegenstünde.
Fundstellen
Haufe-Index 2827033 |
DB 2011, 2770 |
DStR 2011, 2420 |
EBE/BGH 2011 |
NJW-RR 2012, 35 |
NZG 2012, 78 |
WM 2011, 2218 |
ZIP 2011, 2353 |
MDR 2011, 1483 |
StX 2012, 111 |
ZBB 2012, 67 |