Leitsatz (amtlich)

a) Die Eröffnung eines gerichtlichen Vergleichsverfahrens über das Vermögen einer Kommanditgesellschaft hindert den Kommanditisten nicht, einen beliebigen Gesellschaftsgläubiger mit befreiender Wirkung von seiner persönlichen Haftung zu befriedigen.

b) Der Kommanditist kann im Gesellschaftskonkurs mit einer vor Konkurseröffnung begründeten Drittgläubigerforderung grundsätzlich auch gegen den Hafteinlageanspruch des Konkursverwalters aufrechnen.

c) Nicht aufrechnen kann er jedoch gegen den Hafteinlageanspruch, wenn und soweit er bei Konkurseröffnung einem Gesellschaftsgläubiger bis zur Höhe seiner Haftung als Gesellschafter deckungsgleich aus Schuldbeitritt verpflichtet war, diesen deshalb nach Konkurseröffnung befriedigt und infolgedessen einen Erstattungsanspruch gegen die Gesellschaft erworben hat.

 

Normenkette

HGB §§ 171 Abs. 2; KO § 53

 

Verfahrensgang

LG Ulm

OLG Stuttgart

 

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird – unter Zurückweisung des Rechtsmittels im übrigen – das Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 21. Dezember 1967 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als es die Widerklage über einen Teilbetrag von 12.473,77 DM nebst 9 % Zinsen seit dem 4. März 1966 hinaus abgewiesen hat.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Der Beklagte hat von den Kosten der Revision 1/3 zu tragen. Die Entscheidung über die weiteren Kosten der Revision bleibt dem Berufungsgericht vorbehalten.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Beklagte ist Konkursverwalter des Vermögens der am 1. Dezember 1964 in Konkurs gefallenen W. KG in R.. Der Kläger ist der Kommanditist der Gesellschaft. Die Klägerin ist seine Ehefrau. Zwischen den Eheleuten besteht seit dem Jahre 1933 allgemeine Gütergemeinschaft.

Die Kommanditgesellschaft hatte der Kläger im Jahre 1960 zusammen mit seinem Sohne, der die persönliche Haftung übernahm, gegründet. Zweck der Gesellschaft war es, ein bis dahin vom Kläger allein betriebenes Unternehmen zur Herstellung von land- und forstwirtschaftlichen Spezialfahrzeugen fortzuführen. Über die Einlagepflichten des Klägers heißt es in § 3 des privatschriftlich abgeschlossenen und von der Klägerin mitunterzeichneten Gesellschaftsvertrages vom 4. April 1960:

„Das bisherige Geschäft wird mit allen Aktiven und Passiven auf Grund einer Bilanz zum 31.12.1959 eingebracht. … Der sich ergebende Überschuß der Aktiven über die Passiven wird dem Gesellschafter Martin W. (dem jetzigen Kläger) als Kapital gutgeschrieben. Der auf volle DM tausend abgerundete Betrag wird als Kommanditeinlage angemeldet.”

Zum Betriebsvermögen gehörten zwei im Gesamtgut der Kläger befindliche Grundstücke. Unter ihrer Berücksichtigung ergab die Bilanz zum 31. Dezember 1959 einen Überschuß von 50.084,22 DM. Infolgedessen wurde für den Kläger eine Hafteinlage von 50.000 DM in das Handelsregister eingetragen. Die Gesellschaft hat während ihres Bestandes die Grundstücke ständig ihren Bilanzen zugrundegelegt und sie auch die ganze Zeit über genutzt. Die Kläger haben sie aber nicht aufgelassen. Am 1. September 1964 wurde die Zwangsversteigerung, am 12. Oktober 1966 die Zwangsverwaltung der Grundstücke angeordnet.

Die Parteien streiten über zwei Punkte:

1. Kurz vor oder bald nach Konkurseröffnung hat die Kommanditgesellschaft mit Zustimmung des Beklagten den größten Teil der auf den Grundstücken der Kläger befindlichen Betriebsräume an zwei andere Firmen für monatlich insgesamt 1.120 DM vermietet. Die Kläger meinen, für die Zeit nach Konkurseröffnung stünden die Mietzinsen ihnen zu. Dementsprechend verlangen sie mit der Klage, soweit das in der Revisionsinstanz noch interessiert, einen Teilbetrag der vom Beklagten vereinnahmten Mieten für die Monate Dezember 1964 bis einschließlich Juni 1965 in Höhe von 7.840 DM nebst Zinsen.

2. Der Beklagte fordert vom Kläger mit der Widerklage die Hafteinlage von 50.000 DM nebst Zinsen. Der Kläger will die Einlage bereits in voller Höhe erbracht haben. Das leitet er aus folgendem Sachverhalt her:

a) Ende 1963 hatte er der Württembergischen Bank in U. zur Sicherung von Ansprüchen gegen die W. KG die Rechte aus zwei Bausparverträgen abgetreten. Die Bank hat später die Verträge gekündigt, die Guthaben des Klägers eingezogen und hierfür am 2. November 1964 der Kommanditgesellschaft 12.473,77 DM gutgeschrieben. Nach Meinung des Klägers hat sich seine Einlageschuld um diesen Betrag gemindert.

b) Die W. KG hat im Jahre 1963 verschiedene Betriebsmittelkredite aufgenommen, darunter einen Kredit vom Württembergischen Kreditverein in S. In einer hierüber errichteten notariellen Urkunde vom 30. Oktober 1963 hatten die Kommanditgesellschaft, der Kläger, die Klägerin, der Sohn des Klägers und dessen Ehefrau Gertrud W. bekannt, als Gesamtschuldner ein mit 7 % verzinsliches Darlehen von 170.000 DM schuldig geworden zu sein; die Kläger hatten außerdem zur Sicherung des Darlehens auf ihren beiden Grundstücken eine Gesamthypothek in gleicher Höhe bestellt. Bei Konkurseröffnung betrug die Darlehensschuld noch 161.191,75 DM. Hierauf zahlten im Februar 1965 Gertrud die W. GmbH in R. 28.698 DM, und zwar Wiedenmann 7.000 DM und zwischen Mai 1965 und Juli 1966 jeweils „für Rechnung des Klägers auf Darlehensbasis”. Im Juni 1967 führte der für die Grundstücke eingesetzte Zwangsverwalter aus vereinnahmten Mietzinsen rund 7.800 DM an den die Zwangsverwaltung betreibenden Württembergischen Kreditverein ab.

Der Kläger meint, infolge dieser Zahlungen jeweils Erstattungsansprüche in gleicher Höhe gegen die Gemeinschuldnerin erworben zu haben. Hiermit hat er gegen den Anspruch des Beklagten auf Leistung der Hafteinlage aufgerechnet.

Beide Vorinstanzen haben den Beklagten (mit Abweichungen hinsichtlich des Zinsanspruchs) zur Zahlung von 7.840 DM verurteilt, und zwar das Berufungsgericht auf Antrag beider Kläger, während das Landgericht die Klage der Klägerin abgewiesen hatte. Dem Widerklageantrag des Beklagten, den Kläger zur Zahlung von 50.000 DM nebst Zinsen zu verurteilen, hat das Landgericht im wesentlichen stattgegeben, das Berufungsgericht hat ihn dagegen abgewiesen. Mit der Revision, die die Kläger zurückzuweisen beantrantragen, verfolgt der Beklagte den Abweisungsantrag hinsichtlich der Klage und seinen Widerklageantrag weiter.

 

Entscheidungsgründe

I. Zur Klage

Das Berufungsgericht hält den Anspruch der Kläger auf Ersatz der von dem Beklagten für die Monate Dezember 1964 bis einschließlich Juni 1965 in Höhe von 7.840 DM vereinnahmten Mieten nach §§ 988, 812 Abs. 2 BGB, § 59 Nr. 1 KO für begründet. Die Revision wendet sich hiergegen ohne Erfolg.

Nach § 988 BGB ist der gutgläubige Eigen- oder Fremdbesitzer, der den Besitz unentgeltlich erlangt hat, verpflichtet, die Nutzungen, die er vor Eintritt der Rechtshängigkeit zieht, an den Eigentümer nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung herauszugeben. Dem unentgeltlichen steht der rechtsgrundlose Besitzerwerb gleich (BGHZ 10, 350, 357). Dieselbe Verpflichtung besteht, wenn der Besitzer den Besitz nach Ablauf der rechtmäßigen Besitzzeit ohne Rechtsgrund gutgläubig und unentgeltlich fortsetzt (BGHZ 32, 76, 95). Zumindest dieser Fall liegt hier vor.

Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts sollte der Kläger durch § 3 des (privatschriftlich geschlossenen) Gesellschaftsvertrages u. a. verpflichtet werden, die beiden Grundstücke, auf welchen er das in die Kommanditgesellschaft einzubringende Geschäft betrieb, an diese zu übereignen. Diese Vereinbarung ist wegen Formmangels nichtig (§§ 313, 125 BGB). Ihre Wirksamkeit kann auch nicht unter Heranziehung der für die fehlerhafte Gesellschaft entwickelten Grundsätze begründet werden (Fischer in Großkomm. HGB § 105 Anm. 90). Der Beklagte kann daher aus der in § 5 des Gesellschaftsvertrages enthaltenen Übereignungsverpflichtung kein Recht der Kommanditgesellschaft und damit auch kein eigenes Recht (§ 117 Abs. 1 KO) zum Besitz der beiden Grundstücke herleiten.

Das ist ersichtlich auch die Auffassung der Revision. Sie stützt deshalb das Besitzrecht des Beklagten allein darauf, daß der Kläger auf Grund des Gesellschaftsvertrages jedenfalls verpflichtet gewesen sei, die beiden Grundstücke der Kommanditgesellschaft zurNutzung zu überlassen. Daß dem so war, kann ohne weiteres unterstellt werden. Jedoch ergibt sich aus einer solchen Verpflichtung des Klägers kein Besitzrecht des Beklagten an den beiden Grundstücken während des hier interessierenden Zeitraums. War nämlich der Kläger auf Grund des Gesellschaftsvertrages verpflichtet, der Kommanditgesellschaft die beiden Grundstücke zur Nutzung zu überlassen, so war das nichts anderes als ein Beitrag zur Förderung des Gesellschaftszwecks (§ 705 BGB). Infolgedessen endete die Verpflichtung, als die Gesellschaft in Konkurs fiel, hierdurch aufgelöst wurde (§ 161 Abs. 2, § 131 Nr. 3 HGB) und damit zwangsläufig aufhörte, den bisherigen Gesellschaftszweck zu verfolgen. Die Gesellschaft hatte daher von diesem Zeitpunkt ab die Grundstücke dem Kläger herauszugeben; insofern ist die Rechtslage nicht anders, als wenn eine Liquidation durchgeführt und ein von einem Gesellschafter nur zur Nutzung eingebrachter Gegenstand auch zur Abwicklung der laufenden Geschäfte nicht mehr benötigt wird (Schlegelberger/Geßler, HGB 4. Aufl. § 155 Rn. 3; Schilling in Großkomm. HGB § 149 Anm. 30).

Der Beklagte war demnach in der hier interessierenden Zeit (Dezember 1964 bis einschließlich Juni 1965) rechtsgrundloser Besitzer der beiden Grundstücke. Er hat den Besitz auch unentgeltlich ausgeübt, wie seinen Darlegungen im Schriftsatz vom 2. März 1966, S. 8 zu entnehmen ist. Er ist deshalb verpflichtet, den Klägern Ersatz für die von ihm in dieser Zeit in Höhe von 7.840 DM vereinnahmten Mieten zu leisten. Insoweit handelt es sich um eine Masseschuld nach § 59 Nr. 1 KO (Mentzel/Kuhn, KO 7. Aufl. § 43 Anm. 51; Jaeger/Lent, KO 8. Aufl. § 43 Anm. 22). Das Berufungsgericht hat den Beklagten mithin zu Recht zur Zahlung dieses Betrages verurteilt. Auch ist es nicht zu beanstanden, wenn es den Klägern Zinsen in Höhe von 7 % seit Rechtshängigkeit zugesprochen hat. Wenn die Revision zu diesem Punkte rügt, das Berufungsgericht habe § 551 Nr. 7 ZPO verletzt, weil es auf die Frage einerschuldhaften Säumnis des Beklagten nicht eingegangen sei, so übersieht sie, daß das Berufungsgericht diese Frage nicht näher zu erörtern brauchte, weil der nach § 285 BGB insoweit darlegungspflichtige Beklagte hierzu in den Vorinstanzen keine Ausführungen gemacht hat. Ferner kann ihr nicht gefolgt werden, wenn sie im Hinblick auf die Darlegungen des Berufungsgerichts zu § 990 BGB meint, der Beklagte habe sich in einem unentschuldbaren Rechtsirrtum befunden. Ein solcher Irrtum liegt nicht vor, wenn der Schuldner, wie hier, von Anfang an auch damit rechnen mußte, im Rechtsstreit zu unterliegen (BGH LM Nr. 1 zu § 285 BGB).

II. Zur Widerklage

Da der Kläger die in der Bilanz zum 31. Dezember 1959 zu seinen Gunsten berücksichtigten Grundstücke nicht in das Eigentum der Kommanditgesellschaft überführt hat, überstiegen die von der Gesellschaft übernommenen Passiva des Geschäfts des Klägers die tatsächlich eingebrachten Aktiva. Infolgedessen blieb die in das Handelsregister eingetragene Hafteinlage unerfüllt. Der Kläger haftete daher, auch wenn es sich um eine fehlerhafte Gesellschaft gehandelt haben mag, den Gesellschaftsgläubigern bis zur Höhe von 50.000 DM.

Hiervon geht auch das Berufungsgericht aus. Nach seiner Ansicht ist der von dem Beklagten verfolgte Hafteinlageanspruch jedoch infolge der vom Kläger selbst oder zu seinen Gunsten von Dritten an Gesellschaftsgläubiger erbrachten Leistungen in voller Höhe erloschen. Dieser Ansicht ist nur zum Teil zu folgen.

1. Unstreitig hatte der Kläger Ende 1963 der Württembergischen Bank in U. zur Sicherung ihrer Ansprüche gegen die W. KG die Rechte aus zwei Bausparverträgen abgetreten und die Bank nach Eingang der Bausparguthaben der Gesellschaft am 2. November 1964 einen Betrag von 12.473,77 DM gutgeschrieben. Damit hatte der Klägervor Konkurseröffnung etwas an einen Gesellschaftsgläubiger geleistet und insoweit die Gesellschaft von einer Verbindlichkeit befreit. Das entlastete ihn entsprechend von der Hafteinlageschuld, und zwar auch mit Wirkung im späteren Gesellschaftskonkurs (BGHZ 51, 391, 393 m. w. N.). Bei Konkurseröffnung bestand daher die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung der Hafteinlage (§ 171 Abs. 2 HGB) nur noch in Höhe von 37.526,23 DM.

Daran ändert sich entgegen der Ansicht der Revision auch dadurch nichts, daß dem Gesellschaftskonkurs ein gerichtliches Vergleichsverfahren vorausgegangen ist und sich die Württembergische Bank aus den Bausparguthaben des Klägers erst am Tage der Eröffnung dieses Verfahrens befriedigt hat. Da das Vergleichsverfahren im Gegensatz zum Konkursverfahren (§ 171 Abs. 2 HGB) die Gesellschaftsgläubiger nicht hindert, den Kommanditisten auf Leistung der Hafteinlage in Anspruch zu nehmen (Schilling aaO § 171 Anm. 46) muß es diesem auch gestattet bleiben, während des Vergleichsverfahrens an einen beliebigen Gesellschaftsgläubiger mit befreiender Wirkung zu leisten. Durch die Vorschriften der §§ 102 ff VglO wird die Wirkung des § 171 Abs. 2 HGB nicht auf den Zeitpunkt der Eröffnung des Vergleichsverfahrens vorverlegt. Auf die Tragweite des § 54 VglO, auf den sich die Revision in erster Linie berufen zu können glaubt, kommt es nicht an. Die Vorschrift behandelt die Frage, wann ein Vergleichsgläubiger nach Eröffnung des Vergleichsverfahrens aufrechnen kann. Darum geht es hier nicht. Der Kommanditist, der vor Konkurseröffnung einen Gesellschaftsgläubiger befriedigt, wird in Höhe einer Leistungunmittelbar von seiner persönlichen Haftung befreit. Darauf kann er sich auch im Anschlußkonkurs der Gesellschaft berufen.

2. Das Berufungsgericht sieht in den Zahlungen von Gertrud W., der W. GmbH und des Zwangsverwalters an den Württembergischen Kreditverein in S. Leistungen zur Erfüllung von Verbindlichkeiten des Klägers (§ 267 Abs. 1 BGB). Das ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zutreffend bemerkt es, daß die Zahlungen in der Gesamthöhe von rund 43.498 DM den Kläger nicht unmittelbar von der restlichen, 37.526,33 DM betragenden Haftung befreien konnten, weil sie erst nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der W. KG erbracht worden sind und die unmittelbare Haftung des Kommanditisten im Gesellschaftskonkurs nur noch von dem Konkursverwalter geltend gemacht werden kann (§ 171 Abs. 2 HGB). Der Kläger hatte aber, weil er dem Württembergischen Kreditverein auch wegen des Schuldbeitritts vom 30. Oktober 1963 verpflichtet war, aus diesem (außergesellschaftsrechtlichen) Grund einen Anspruch auf Erstattung der an den Kreditverein gezahlten Beträge gegen die Gemeinschuldnerin (§ 426 Abs. 1, § 670 BGB). Das Berufungsgericht meint, damit habe er rechtswirksam gegen die restliche Hafteinlageforderung aufrechnen können, so daß der Widerklageanspruch in vollem Umfang erloschen sei. Dem kann nicht uneingeschränkt gefolgt werden.

Gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung läßt sich allerdings nicht einwenden, die Voraussetzungen der §§ 387 ff BGB, 53 ff KO seien nicht erfüllt. Die Gegenseitigkeit der Ansprüche wird durch die Gütergemeinschaft der Kläger nicht berührt; denn die Hafteinlageforderung, gegen die der Kläger aufgerechnet hat, ist Gesamtgutsverbindlichkeit (§ 1437 Abs. 1 BGB) und die Erstattungsansprüche, mit denen er aufgerechnet hat, gehören zum Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die nach allgemeinem Konkursrecht bestehenden Aufrechnungsmöglichkeiten der §§ 53 ff KO sind hinsichtlich der Erstattungsansprüche insofern gegeben, als diese (aufschiebend bedingt) bereits vor Konkurseröffnung begründet waren. Ferner wird im Schrifttum überwiegend angenommen, der Kommanditist könne im Gesellschaftskonkurs mit einer Drittgläubigerforderung auch gegen den Zahlungsanspruch des Konkursverwalters (§ 171 Abs. 2 HGB) aufrechnen. Dieser Ansicht ist jedenfalls für den hier allein zu erörternden Fall zuzustimmen, daß der Kommanditist der Gesellschaft noch angehört und sich infolgedessen der Kreis der Konkursgläubiger der Gesellschaft und der Kreis derjenigen Gläubiger, denen der Kommanditist haftet, decken. Die §§ 53 ff KO setzen zwar eine schon vor Konkurseröffnung bestehende Aufrechnungslage voraus. Ob diese in einem Fall der vorliegenden Art gegeben ist, ist zweifelhaft, weil nach § 387 BGB nur gegenseitiggeschuldete Leistungen gegeneinander aufgerechnet werden können und der Kommanditist hinsichtlich seiner Haftung außerhalb des Gesellschaftskonkurses nicht Schuldner der Gesellschaft, sondern Schuldner der Gesellschaftsgläubiger ist. Die Interessenlage ist aber ähnlich. Denn der Kommanditist kann sich außerhalb des Gesellschaftskonkurses durch Zahlung an die Gesellschaftskasse von seiner Haftung nach § 171 Abs. 1 HGB befreien (Schlegelberger/Geßler, HGB 4. Aufl. § 171 Anm. 16). Diese Befugnis, mit befreiender Wirkung zu zahlen, rechtfertigt eine entsprechende Anwendung des § 387 BGB und insofern die Aufrechnung mit einer gegen die Gesellschaft begründeten Forderung, zumal hierdurch das Gesellschaftsvermögen ebenso wie durch eine Zahlung vermehrt wird. Diese außerhalb des Konkurses bestehende Aufrechnungslage muß dem Kommanditisten grundsätzlich auch im Gesellschaftskonkurs zugutekommen.

Daraus ergibt sich Jedoch nicht ohne weiteres, daß der Kommanditist im Gesellschaftskonkurs mit einem Erstattungsanspruch aufrechnen kann, der ihm auf Grund des Schuldbeitritts zu einer Gesellschaftsverbindlichkeit zusteht. Das Reichsgericht hat allerdings in dem ähnlichen Fall der Bürgschaft eines Kommanditisten für eine Gesellschaftsverbindlichkeit die Aufrechnung gegen den Hafteinlageanspruch zugelassen (RGZ 37, 82, 87). Dagegen bestehen nach Ansicht des Senats aus Gründen des § 171 Abs. 2 HGB Bedenken. Die Vorschrift sagt zwar unmittelbar über die Aufrechnungsfrage nichts aus. Sie leitet aber den außerhalb des Konkurses den Gesellschaftsgläubigern zustehenden Hafteinlageanspruch in die Hand des Konkursverwalters über, um die Haftsumme zur gleichmäßigen Befriedigung aller Gesellschaftsgläubiger bereitzustellen und die bis zur Konkurseröffnung für den Kommanditisten bestehende Möglichkeit zu beseitigen, noch weiter an einen einzelnen Gläubiger auf Kosten der Haftsumme zu leisten (BGHZ 42, 192, 194). Dieser Gedanke muß sich auch durchsetzen, wenn und soweit der Kommanditist einem Gläubiger bei Konkurseröffnung für eine Gesellschaftsverbindlichkeit sowohl als Gesellschafter (§ 171 Abs. 1 HGB) als auch aus Schuldbeitritt deckungsgleich verpflichtet war. Von dem durch § 171 Abs. 2 HGB geschützten Interesse der Gesellschaftsgläubiger her gesehen kann es keinen Unterschied machen, ob der Kommanditist im Gesellschaftskonkurs einem Gläubiger leistet, dem er nur gesellschaftsrechtlich gehaftet hatte, oder ob er sich bereit gefunden hatte, diesem zur besseren Sicherung für ein und dieselbe Gesellschaftsverbindlichkeit in gleicher Höhe noch aus einem weiteren Rechtsgrunde einzustehen. Das warsein Risiko. Schon für die Zeit vor dem Konkurs hatte er damit die Gefahr auf sich genommen, einmal als unmittelbar haftender Gesellschafter von einem beliebigen anderen Gesellschaftsgläubiger und alsdann von dem durch den Schuldbeitritt begünstigten Gläubiger, unter Umständen also doppelt in Anspruch genommen zu werden. Es ist nur folgerichtig, daß sich dieses Risiko, soweit es bis zur Konkurseröffnung fortbestand, weiter fortsetzt, und daß es der Kommanditist, der erst im Gesellschaftskonkurs aus dem Schuldbeitritt in Anspruch genommen wird, auch durch Aufrechnung gegen den Hafteinlageanspruch nicht von sich auf die übrigen Gesellschaftsgläubiger abwälzen kann. Eine Wertung der Interessen, die den Zweck des § 171 Abs. 2 HGB berücksichtigt, führt daher zu dem Ergebnis, daß der Kommanditist von der Verpflichtung, die Haftsumme der Gläubigergesamtheit zur Verfügung zu stellen, nicht dadurch befreit ist, daß er sich einem einzelnen Gläubiger in Höhe der Haftung zusätzlich durch Rechtsgeschäft verpflichtet und ihn aus diesem Rechtsgrunde im Gesellschaftskonkurs befriedigt. Insoweit kann er mit der Erstattungsforderung gegen den Hafteinlageanspruch des Konkursverwalters nicht rechtswirksam aufrechnen.

Dem Kommanditisten kann allerdings als Gläubiger eines solchen Anspruchs die Berufung auf eine nach §§ 53 ff KO zulässige Aufrechnung nur in dem Umfange verwehrt sein, in dem er den Gesellschaftsgläubigern bei Konkurseröffnung noch als Gesellschafter haftet. Nur bei Deckungsgleichheit von rechtsgeschäftlicher und gesellschaftlicher Haftung kommt im Rückgriffsverhältnis die gesellschaftsrechtliche Regelung zum Zuge, daß der Kommanditist im Gesellschaftskonkurs die Haftsumme wegen einer Leistung an einen einzelnen Gesellschaftsgläubiger nicht schmälern darf. Soweit die Schuldbeitrittsverpflichtung über die gesellschaftsrechtliche Haftung hinausging, gibt es keinen Grund, den Kommanditisten anders als jeden anderen Gesellschaftsgläubiger zu behandeln, der sich auf eine vor Konkurseröffnung bestehende Aufrechnungslage berufen kann.

Für den vorliegenden Fall ergibt sich daraus:

Soweit die Beträge, welche Gertrud W. (7.000 DM im Februar 1965), die W. GmbH (28.698 DM zwischen Mai 1965 und Juli 1966) und der Zwangsverwalter (rund 7.800 DM im Juni 1967) zu Gunsten des Klägers an den Württembergischen Kreditverein gezahlt haben, mit der restlichen Hafteinlageschuld des Klägers (37.526,23 DM) deckungsgleich waren, konnte der Kläger mit seinen Erstattungsansprüchen aus diesen Zahlungen gegen den Hafteinlageanspruch nicht aufrechnen. Hingegen griff seine Aufrechnungserklärung insoweit durch, als sie denjenigen Teil seiner Erstattungsansprüche betraf, der den Betrag der bei Konkurseröffnung noch bestehenden Hafteinlageschuld überstieg. Die Höhe dieses Teils genau zu bestimmen, ist dem Senat schon deshalb nicht möglich, weil im angefochtenen Urteil nicht festgestellt ist, wie dergenaue Betrag der Zahlung des Zwangs Verwalters an den Württembergischen Kreditverein lautet. Darauf kommt es aber an, weil erstmals mit dieser Zahlung die Höhe der offenen Hafteinlageschuld des Klägers überschritten worden war. Außerdem ist in diesem Zusammenhang von Bedeutung, was sich dem angefochtenen Urteil ebenfalls nicht entnehmen läßt, an welchemTag die Zahlung des Zwangsverwalters an den Württembergischen Kreditverein erfolgt ist, da der Kläger, wie das Berufungsgericht rechtlich zutreffend ausgeführt hat, den rückständigen Teil der Hafteinlage von der Zustellung der Widerklage an mit 4 % jährlich zu verzinsen hat (§§ 291, 288 BGB).

Das Fehlen dieser Feststellungen nötigt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache insoweit, als das Berufungsgericht die Widerklage über den Betrag von 12.473,77 DM (nebst Zinsen) hinaus abgewiesen hat.

 

Unterschriften

Stimpel, Fleck, Liesecke, Dr. Bauer, Dr. Schulze

 

Veröffentlichung

Veröffentlicht am 09.12.1971 durch Werner Justizhauptsekretär als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

 

Fundstellen

BGHZ

BGHZ, 72

NJW 1972, 480

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