Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnraummietvertrag: Bürgschaft zusätzlich zu Barkaution

 

Leitsatz (redaktionell)

Gibt unaufgefordert ein Dritter dem Vermieter eine Bürgschaft unter der Bedingung, daß ein Wohnraummietvertrag zustande kommt, und wird dadurch der Mieter nicht erkennbar belastet, so ist die Bürgschaft nach Eintritt der Bedingung wirksam (Ergänzung BGH, 1989-04-20, IX ZR 212/88, BGHZ 107, 210).

 

Normenkette

BGB § 550b Abs. 1 S. 1, Abs. 3

 

Verfahrensgang

OLG Karlsruhe (Entscheidung vom 06.12.1989; Aktenzeichen 13 U 296/88)

LG Freiburg i. Br. (Entscheidung vom 18.10.1988; Aktenzeichen 1 O 348/88)

 

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Oberlandesgerichts Karlsruhe – 13. Zivilsenat in Freiburg – vom 6. Dezember 1989 aufgehoben.

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Freiburg vom 18. Oktober 1988 wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat die Kosten der Rechtsmittelzüge zu tragen.

Von Rechts wegen

 

Tatbestand

Der Sohn des Beklagten suchte für sich und seine Freundin im Jahre 1985 eine Wohnung in F. Der Hausverwalter der Klägerin lehnte die Vermietung einer Vier-Zimmer-Wohnung an ihn ab, weil er nicht nachweisen konnte, daß er die Miete (monatlich 400 DM + 140 DM Nebenkosten) aufbringen könne. Nachdem ein weiteres Vermietungsangebot für die Wohnung veröffentlicht worden war, wandte sich der Beklagte an den Hausverwalter der Klägerin und schrieb diesem schließlich am 18. September 1985:

„Vereinbarungsgemäß bestätige ich Ihnen meine Zusicherung, bei Anmietung obiger Wohnung durch meinen Sohn, Herrn Andreas D. und dessen zukünftiger Frau, Caroline E., zur Zeit H., die Ausfallbürgschaft auf den Mietvertrag zu übernehmen. …

Darüber hinaus kann ich Ihnen bestätigen, daß ich um eine korrekte Abwicklung der Mietvereinbarungen bemüht sein werde. Wie Sie sicher auch wissen, bedeutet beim Aufbau einer jungen Familie die Einrichtung einer Wohnung die entscheidende Hürde. Bei einer soliden Existenzabsicherung werde ich zusammen mit meiner Frau behilflich sein, entsprechende Maßnahmen sind zwischenzeitlich bereits eingeleitet. …”

Daraufhin schloß die Klägerin mit dem Sohn des Beklagten und dessen Freundin am 20. September 1985 einen Mietvertrag ab. Vertragsgemäß wurde eine Barkaution von drei Nettomonatsmieten mit 1.200 DM geleistet. Den Vertrag unterschrieb auch der Beklagte neben den beiden Mietern. Unstreitig wurde er als Bürge des Vertrags angesehen.

Das Mietverhältnis endete, nachdem die Mitmieterin bereits früher ausgezogen war, durch fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs im November 1987. Die Wohnung wurde am 11. März 1988 zwangsgeräumt. Der Klägerin stehen unstreitig noch Forderungen von ca. 5.000 DM nach Abzug der Barkaution aus dem Mietverhältnis zu.

Die Klägerin verlangt 4.962,06 DM nebst Zinsen vom Beklagten als Bürgen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Berufungsgericht hat sie abgewiesen und die Revision zugelassen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat Erfolg.

1. Das Berufungsgericht meint im Anschluß an das Senatsurteil BGHZ 107, 210, es sei gleichgültig, von wem die Initiative zum Abschluß des Bürgschaftsvertrages ausgegangen sei. Das Gesetz verbiete eine über drei Monatsmieten hinausgehende Mietkaution. Auch wenn man in dem Verhalten des Beklagten einen Schuldbeitritt und nicht eine Bürgschaft sehe, stelle das eine gesetzlich unzulässige Sicherung des Vermieters dar. Der Einwand der Arglist könne dem Beklagten nicht entgegengehalten werden.

2. a) Die Revision weist darauf hin, daß hier die Bürgschaft vom Beklagten aus eigenem Antrieb vor Abschluß des Mietvertrages gegeben worden sei. Unwirksam nach § 550 b Abs. 3 BGB sei nur eine Absprache zwischen Vermieter und

Mieter.

b) Die Verpflichtung des Beklagten könne auch in einen Schuldbeitritt oder in eine Garantie umgedeutet werden. Dann sei sie aber keine Sicherheit für die Klägerin gewesen, weil sie nur nach Eintritt der Bedingung einen Zugriff auf den Beklagten eröffnet habe.

3. In BGHZ 107 aaO hat der Senat entschieden, daß der Vermieter den Abschluß eines Mietvertrages über Wohnraum nicht davon abhängig machen kann, daß der Mieter neben einer Barkaution zusätzlich eine Bürgschaft für alle Ansprüche aus dem Mietverhältnis stellt. So liegt der Fall hier jedoch nicht. Hier hatte zunächst der Beklagte als Vater des Mietinteressenten der Klägerin eine Bürgschaft für ihre Mietforderungen zugesagt, falls ein Vertrag doch noch geschlossen würde, nachdem der Abschluß bereits einmal abgelehnt worden war. Daraufhin erst kam es zum Vertragsabschluß. Die Klägerin hatte die Bürgschaft nicht verlangt. Diese wurde ihr vielmehr vom Beklagten angeboten, um ihre Bedenken gegen die Bonität der beiden Mieter zu zerstreuen.

§ 550 b Abs. 1 Satz 1 BGB will den Mieter unter Anerkennung des Sicherungsbedürfnisses des Vermieters vor zu großen Belastungen bewahren und Erschwerungen für den Abschluß eines Mietvertrages entgegenwirken, die in mobilitätshemmender Weise von hohen Kautionsforderungen ausgehen können (Begründung BT-Drucks. 9/2079 S. 10). Es kommt dabei nach dem Gesetzeswortlaut allerdings nicht darauf an, ob die Verpflichtung zur Stellung eines Bürgen Gegenstand des Mietvertrags ist oder ob eine auf Verlangen des Vermieters gestellte Bürgschaft erst die Voraussetzungen für einen Vertragsabschluß schafft (BGHZ aaO).

Anders zu beurteilen ist es, wenn unaufgefordert ein Dritter dem Vermieter eine Bürgschaft für den Mieter zusagt und dieser sodann mit dem Mieter in Verhandlungen eintritt und den Vertrag abschließt. Es widerspricht nicht dem Schutzzweck des § 550 b BGB, wenn Eltern für ihre Kinder – anstelle einer Anmietung im eigenen Namen – von sich aus einem Vermieter eine Bürgschaft für den Fall eines Vertragsabschlusses zusagen. Das gilt zumindest dann, wenn mit einer solchen Bürgschaft erkennbar keine besonderen Belastungen für den Mieter verbunden sind. Der Wortlaut von § 550 b BGB steht einer solchen Auslegung nicht entgegen. Der Vermieter darf über den Rahmen von § 550 b Abs. 1 BGB hinaus keine zusätzliche Sicherheit von seinem Mieter fordern. Verbürgt sich dagegen ein Dritter unaufgefordert unter der Bedingung des Abschlusses eines Mietvertrags gegenüber dem Vermieter, ohne daß dadurch erkennbar der Mieter belastet wird, ist die Annahme einer solchen Bürgschaft durch den Vermieter wirksam und die Bürgschaft selbst nicht nach § 550 b Abs. 3 BGB zu beanstanden.

Da der Sachverhalt unstreitig ist, konnte der Senat in der Sache selbst entscheiden; er hat das Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.

 

Fundstellen

BGHZ, 361

BB 1990, 1444

NJW 1990, 2380

ZIP 1990, 862

ZBB 1990, 165

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