Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern

 

Leitsatz (amtlich)

Preisausschreiben: Zur Frage der überwiegenden Abhängigkeit der Erzielung der Gewinne vom Zufall.

 

Normenkette

RennwLottG § 17

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat in zwei aufeinanderfolgenden Heften ihrer Zeitschrift ein Preisausschreiben veröffentlicht und als Gewinne 178 Barpreise und 600 Sachpreise ausgesetzt. Das Preisausschreiben ist auf dem linken unteren Teil des Titelblattes des ersten der beiden Hefte angekündigt worden. Die Aufgabe bestand darin, aus den Abbildungen der beiden Hefte die Abbildungen derjenigen Personen herauszufinden, die in einer in beiden Heften veröffentlichten Kurzgeschichte vorkamen. In den Bedingungen für die Teilnahme ist gesagt, daß die Verlosung der Preise nach Sichtung der Lösungen erfolgen werde. An dem Preisausschreiben haben sich 65.448 Personen beteiligt, davon 35.828 mit einer falschen und 29.620 Personen mit einer richtigen Lösung.

Das Finanzamt erblickte in dieser Veranstaltung eine nach § 17 des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG) steuerpflichtige Ausspielung und erhob Lotteriesteuer. Das Finanzgericht billigte die Steuerforderung.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) hat nur hinsichtlich der Höhe der Steuer Erfolg.

Die Bfin. hält an der Auffassung fest, die Veranstaltung dürfe nicht als öffentlich angesehen werden, weil die Genehmigungsbehörde sie nicht als genehmigungspflichtig erachtet habe. Dem steht entgegen, daß § 17 Satz 2 RennwLottG nur positiv vorschreibt, daß eine Veranstaltung als öffentlich gilt, wenn die für die Genehmigung zuständige Behörde sie als genehmigungspflichtig ansieht (vgl. unter anderen das Urteil des Senats II 120/53 U vom 29. Juli 1953, Slg. Bd. 57 S. 678, Bundessteuerblatt - BStBl. - 1953 III S. 258). Entgegen den auf eine andere Auslegung abzielenden Ausführungen der Bfin. ist auf den objektivierten Willen des Gesetzgebers abzustellen, wie er sich aus dem Wortlaut der Bestimmung und dem Sinnzusammenhang ergibt. Schon in dem Urteil vom 29. Juli 1953 hat der Senat ausgeführt, daß eine Bindung der Steuerbehörde an einen negativen Ausspruch der Genehmigungsbehörde an dem Gedanken scheitert, daß die Genehmigungsbehörde eine Veranstaltung trotz eigener Bejahung der öffentlichkeit für nicht genehmigungspflichtig erachten kann, zum Beispiel weil sie das Merkmal des Einsatzes oder das Merkmal des Zufalls als nicht gegeben ansieht. Demnach kommt ein Zurückgehen auf die subjektive Vorstellung der Gesetzgebungsorgane nicht in Betracht (vgl. Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 21. Mai 1952, Slg. Bd. 1 S. 299, 312).

Die Vorschrift des § 19 Abs. 1 Satz 2 RennwLottG, die die Bfin. außerdem zur Stützung ihrer Auffassung heranzieht, betrifft den Zeitpunkt der Entstehung der Steuerschuld. Aus ihr kann nichts gegen die Entstehung der Steuerschuld hergeleitet werden. Ergibt sich die Entstehung der Steuerschuld aus einer anderen Vorschrift (§ 17), so muß die etwaige Gesetzeslücke hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung der Steuerschuld (in § 19) durch Auslegung geschlossen werden (vgl. auch Urteil des Reichsfinanzhofs II A 585/27 vom 23. März 1928, Mrozek-Kartei, RennwLottG § 19 Rechtsspruch 2). Die Steuerschuld entsteht jedenfalls vor Beginn der Durchführung der Veranstaltung, das heißt vor der Ausgabe des das Preisausschreiben enthaltenen Stücks der Zeitschrift.

Wenn die Bfin. in der allgemein aufgeworfenen Frage der Bindung der Steuerbehörden an andere Behörden auf das Urteil des Bundesfinanzhofs III 78/51 U vom 14. August 1953 (Slg. Bd. 58 S. 104, BStBl. 1953 III S. 331) hinweist, so ist auch in diesem Urteil der Grundsatz ausgesprochen, daß die Finanzbehörden bei der Ausübung des eigenen Prüfungsrechts nicht an die Entscheidung anderer Behörden gebunden sind. Etwas anderes läßt sich entgegen der Auffassung der Bfin. auch nicht aus Art. 20 in Verbindung mit Art. 35 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) herleiten. Da nach dem RennwLottG, wie oben ausgeführt, nur eine Bindung in der Frage der öffentlichkeit besteht, muß die sonst mögliche Verschiedenheit der Entscheidungen der Genehmigungsbehörde und der Steuerbehörde, soweit sie sich nach der pflichtgemäßen überzeugung der später entscheidenden Behörde nicht vermeiden läßt, in Kauf genommen werden.

Was das Erfordernis des Einsatzes betrifft, so ist das Finanzgericht in tatsächlicher Hinsicht ohne Rechtsirrtum und ohne Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten zu der überzeugung gelangt, daß ein nennenswerter Teil der Teilnehmer an dem Preisausschreiben in dem Preis für den Erwerb der Zeitschrift zugleich ein Entgelt für die Gewährung der Gewinnaussicht gesehen hat. Das Finanzgericht hat es dahingestellt sein lassen, ob dem Hinweis auf der linken unteren Ecke des Titelblattes des ersten Heftes eine Bedeutung beizumessen ist, und hat jedenfalls zutreffend seine Entscheidung darauf gestützt, daß sich das Preisausschreiben über zwei Hefte erstreckte, daß also, wie auch in dem ersten Heft hervorgehoben, eine Teilnahme an dem Preisausschreiben nur auf der Grundlage beider Hefte möglich war. Der Senat gelangt aber darüber hinaus angesichts der drucktechnisch und inhaltlich zugkräftigen Natur des (einzigen) Hinweises auf dem Titelblatt des ersten Heftes im Streitfall zu der überzeugung, daß ein Teil der Teilnehmer an dem Preisausschreiben durch diesen Hinweis auch schon zum Erwerb des ersten Heftes veranlaßt worden ist. Bei einem großen Teil der Aushänge von Zeitschriften werden diese zwar, worauf die Bfin. in ihren Ausführungen besonderes Gewicht legt, - aus Raummangel - so aufgehängt, daß die untere Hälfte durch das darunter angebrachte Stück verdeckt wird, so daß hier die Wirkung des Hinweises entfällt; die auf Ladentischen und dergleichen ausgelegten Zeitschriften werden aber wohl meistens so gelegt, daß der linke Teil des Titelblattes sichtbar bleibt.

Es kommt aber noch folgendes hinzu: Es kann keinem Zweifel unterliegen und ist auch von der Bfin. im Hinblick auf Wettbewerbsrücksichten bestätigt worden, daß die Zeitschriftenverleger dem Geschmack der Leser Rechnung tragen müssen, und daß dieser verschieden ist: Ein Teil der Leser interessiert sich vorwiegend für Bilder, ein anderer für Tatsachenberichte, ein weiterer für Romane, ein anderer auch für Preisausschreiben. Jeder Teil verlangt von "seiner" Zeitschrift den seinem Geschmack entsprechenden Inhalt. Wenn der Verleger nun auch Preisausschreiben bringt, um mit seiner Zeitschrift beim Publikum besser anzukommen und gegenüber der Konkurrenz nicht in Rückstand zu geraten, und ein Teil der Abonnenten das Abonnement auch wegen der von Zeit zu Zeit erscheinenden Preisausschreiben nimmt oder beibehält, so erwirbt dieser Teil die Zeitschrift auch der Preisausschreiben wegen und leistet deshalb mit einem Teil seines Abonnementspreises einen Einsatz auf die Preisausschreiben, an denen er sich beteiligt. Das gleiche gilt von dem entsprechenden Teil der Dauerkäufer und deren Aufwendung für den Erwerb der Zeitschrift.

Aus der Höhe des Absatzes der beiden Hefte im Verhältnis zueinander und zu anderen Heften können zwingende Schlüsse nicht gezogen werden, weil die verschiedensten Gründe auf die Höhe des Absatzes einwirken.

Das von der Bfin. herangezogene Urteil des Reichsfinanzhofs II A 430/31 vom 2. Februar 1932 (Slg. Bd. 30 S. 138) betraf den Sonderfall, daß der Veranstalter des Preisausschreibens bei einem Teil der Leser der Zeitung die Auffassung erweckt hat, Bedingung für die Beteiligung am Preisausschreiben sei die Bestellung der Zeitung. Daß dieser Sachverhalt nicht Voraussetzung der Annahme eines versteckten Einsatzes ist, geht aus der sonstigen Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des Bundesfinanzhofs hervor.

Dem von der Bfin. beigebrachten Zahlenmaterial darüber, wie sich die Gesamtleserschaft der Zeitschrift zusammensetze, z. B. 35 Leser auf jedes Stück im Lesezirkel, kann ein Einfluß auf die Entscheidung nicht zuerkannt werden, weil es nicht auf die Lesemöglichkeit, sondern auf den für die Beschäftigung mit dem Preisausschreiben geeigneten Besitz ankommt, die Zeitschriften in den Lesezirkeln auch zum großen Teil erst gelesen werden, nachdem der Einsendetermin für die Lösungen bereits verstrichen ist.

Zu der Frage der überwiegenden Abhängigkeit des Gewinnes vom Zufall hat das Finanzgericht ausgeführt, es komme für die Entscheidung dieser Frage nicht allein auf das Verhältnis der richtigen zu den falschen Lösungen an, sondern auch auf das Verhältnis der Zahl der richtigen Lösungen zu der Zahl der ausgesetzten Gewinne. Dieser Ausführung ist bei der Beurteilung auf Grund des bereits vorliegenden Ergebnisses (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 394/25 vom 17. November 1925, Mrozek-Kartei, RennwLottG § 17 Rechtsspruch 12 und 13) mit der Maßgabe beizupflichten, daß nicht unmittelbar auf das Verhältnis der richtigen zu den falschen Lösungen Gewicht zu legen ist, vielmehr auf die Schwierigkeit oder Leichtigkeit der Lösung der gestellten Aufgabe, wofür allerdings das erwähnte Zahlenverhältnis einen bedeutsamen Anhalt bietet. Die Bfin. irrt, wenn sie aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs II 111/50 S vom 27. April 1951, Slg. Bd. 55 S. 289, BStBl. 1951 III S. 112, die Auffassung des Senats herleitet, die überwiegende Abhängigkeit des Gewinns vom Zufall sei nur unter folgenden nebeneinander erfüllten beiden Voraussetzungen zu bejahen:

weit übersteigende Zahl der richtigen Lösungen gegenüber den falschen Lösungen;

viel größere Zahl der richtigen Lösungen als die Zahl der ausgesetzten Gewinne.

Wie aus der einschlägigen Stelle des Urteils zu ersehen ist, hat der Senat nur erwähnt, daß der Streitfall ebenso liege, wie die meisten ähnlichen Preisausschreiben, bei denen der genannte Sachverhalt zuträfe. Es ist deshalb das Zufallsmoment nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die Zahl der richtigen Lösungen hinter der Zahl der falschen Lösung zurückgeblieben ist. Dem Grundsatz; "Je schwerer die Aufgabe, desto geringer die Abhängigkeit vom Zufall", und der den Teilnehmern bewußten Tatsache, daß bei einer die Zahl der Gewinne übersteigenden Zahl der richtigen Lösungen letzten Endes doch das Los entscheidet, wird man im großen und ganzen unter Vorbehalt der Berücksichtigung besonderer Umstände des Einzelfalles dadurch gerecht werden, daß man sagt:

übersteigt die Zahl der richtigen Lösungen 3/4 (75 v. H.) der Gesamtzahl der eingesandten Lösungen, so handelt es sich um eine leichte Aufgabe; maßgebend ist die Entscheidung durch das Los;

übersteigt die Zahl der falschen Lösungen 3/4 (75 v. H.) der Gesamtzahl der eingesandten Lösungen, so ist eine schwere Aufgabe als vorliegend anzusehen; der Verlosung ist keine Bedeutung mehr beizumessen;

in den übrigen Fällen kommt es darauf an, ob die Zahl der richtigen Lösungen die Zahl der Gewinne erheblich übersteigt, wobei unter Umständen solche Gewinne, die für die Teilnehmer ohne Interesse sind, auszuscheiden sind.

Danach ergibt sich angesichts der Zahlen des Streitfalles die Bejahung der Zufallsfrage, selbst wenn man berücksichtigt, daß bei Zeitschriften mit sehr großer Auflage die Zahl der richtigen Lösungen die Zahl der Gewinne - gleichschwere Aufgaben vorausgesetzt - um mehr übersteigen wird als bei Zeitschriften mit geringerer Auflage.

Zu den geltend gemachten Mängeln des Verfahrens ist zu sagen:

Sofern der einstimmige Gerichtsbeschluß, der zur Ablehnung der beantragten mündlichen Verhandlung erforderlich war, nicht ergangen ist, ist dies ein Grund zur Aufhebung der Vorentscheidung auch wegen der Steuerpflicht als solcher; der Senat billigt aber die Vorentscheidung auf Grund der ihm nunmehr zustehenden freien Beweiswürdigung.

Den Beweisantritt auf Vernehmung einer beliebigen Anzahl von Personen darüber, ob sie die Zeitschrift der Gewinnaussicht wegen gekauft haben, kam um so weniger in Betracht, als auch ein Teil der Abonnenten und Dauerkäufer als Einsatzleistende anzusehen sind.

Daß aus der Auflagenhöhe im allgemeinen entscheidende Schlüsse nicht gezogen werden können, ist schon oben erwähnt. Gründe für eine Ausnahmebetrachtung liegen im Streitfall nicht vor.

Was die Höhe der Steuer angeht, so ist den Vorbehörden darin beizupflichten, der Veranstalter eines Preisausschreibens rechne mit Gesamteinsätzen von mindestens dem Wert der Gewinne. Dieser Gedanke liegt auch der die Steuergerichte allerdings nicht bindenden Vorschrift des § 32 Satz 3 der Ausführungsbestimmungen zum Rennwett- und Lotteriegesetz zugrunde. Der Senat schätzt unter Berücksichtigung auch der teilnehmenden Abonnenten und Dauerkäufer die Gesamteinsätze ebenfalls auf den Gesamtwert der Gewinne. Auf das Urteil des Reichsfinanzhofs II A 430/31 vom 2. Februar 1932, dessen diesbezüglicher letzter Absatz auch nur bei Mrozek-Kartei, RennwLottG § 18 Abs. 1 Rechtsspruch 4, nicht aber in der Slg. Bd. 30 S. 138 abgedruckt ist, kann sich die Bfin. nicht berufen, weil der Reichsfinanzhof damals angenommen hat, die Abonnenten der Zeitung "Mittagsblatt" beteiligten sich ohne Einsatz an dem Preisausschreiben.

Zur Steuerberechnung bestimmt § 17 Satz 3 RennwLottG, daß die Steuer 20 v. H. des Gesamtbetrags der Einsätze "ausschließlich der Steuer" beträgt, d. h. die Steuer ist auch im Falle der Schätzung der Einsätze nur mit 20 v. H. von 5/6 der Einsätze, also nur in Höhe von 1/6 der Einsätze zu berechnen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs II A 414/26 vom 21. Januar 1927, letzter Absatz, Slg. Bd. 20 S. 185).

Das Begehren der Bfin., bei der Feststellung des Wertes des Streitgegenstandes die durch die Lotteriesteuer ausgeschlossene Umsatzsteuer abzusetzen, ist nicht gerechtfertigt. Es handelt sich im Streitfall um die Heranziehung zu einer bestimmten Steuerart. Für diese Fälle hat sich der Reichsfinanzhof in dem Gutachten Gr.S. D 3/38 vom 28. Mai 1938, Slg. Bd. 44 S. 77, Reichssteuerblatt 1938 S. 554, im Anschluß an die vorhergehende Rechtsprechung dahin ausgesprochen, daß die sich anschließenden Reichs- und Landessteuern nicht in den Streitwert einzubeziehen sind. Entsprechend lehnt der Senat auch die Möglichkeit des Abzugs einer durch die strittige Steuer ausgeschlossenen anderen Steuer ab. Es wäre z. B. undenkbar, bei dem Streit über eine Gesellschaftsteuer den Streitwert um den Betrag geringer anzusetzen, um den sich die in ihrer Höhe zweifelhafte Körperschaftsteuer durch die begründete Gesellschaftsteuer mindert. Nach Steuerarten oder nach dem Grad der Schwierigkeit der Ermittlung der ersparten Steuer Unterschiede zu machen, ist ausgeschlossen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 408153

BStBl III 1955, 156

BFHE 1955, 409

BFHE 60, 409

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